GUST. WAGENMANN

MINERALÖL-, CERESIN- UND PARAFFIN-RAFFINERIE, STEARINKERZEN-

UND FETTWAAREN-FABRIK

WIEN.

as Etablissement wurde im Jahre 1860 von dem vor wenigen Jahren verstorbenen Gustav Wagenmann zur Verarbeitung von galizischem Rohöl, mit dessen Gewinnung damals eben begonnen wurde, als »Erste Wiener Petroleum-Raffinerie« gegründet.

Es war dies die erste grössere derartige Unternehmung in Oesterreich, welcher es der ameri­kanische Bürgerkrieg ermöglichte, einen Theil des erzeugten Petroleums sogar nach Norddeutschland zu exportiren. Die Firma war auch lange vor den Amerikanern und Russen die erste, welche an Stelle der bis dahin verwendeten theueren, vegetabilischen Oele vollkommen zweckentsprechende mineralische Schmieröle für den Eisenbahn- und Industriebetrieb erzeugte und mit solchen schon Mitte der Sechzigerjahre nicht bloss fast alle österreichischen, sondern auch zahlreiche deutsche und schweizerische Eisenbahnen versorgte.

Durch die im Jahre 1865 erfolgte Angliederung einer Paraffin-Raffinerie hat das Etablissement eine neue Erweiterung erfahren. Im Anfang wurde das galizische Ozokerit durch Destillation auf Paraffin verarbeitet, später jedoch, als das Ozokerit durch die neuentdeckte Ceresinfabrication eine lohnendere Verwendung fand, wurde das Paraffin aus deutschen, schottischen und aus eigenen, aus den Rückständen der Petroleumdestillation gewonnenen Schuppen erzeugt und daraus Paraffinkerzen dargestellt.

Zu den vorstehend erwähnten Fabricationszweigen trat im Jahre 1868 die Erzeugung von Stearin und Stearin­kerzen hinzu. Ursprünglich nach dem Saponificationsverfahren mittelst Kalkverseifung und Abpressen der Fettsäuren eingerichtet, hat die Stearinfabrik vor mehreren Jahren durch die Inbetriebsetzung der nach einem neuen bewährten System erbauten Fettdestillation die nothwendige Ergänzung und Vervollkommnung erfahren. Das gewonnene Stearin wird auf Kerzen ergossen, das Ela'fn an Seifen- und Textilfabriken, das Glycerin an Glycerinraffinerien verkauft.

Eine wichtige Etappe in der Entwickelung des Etablissements bildete die Angliederung der im Jahre 1872 in Betrieb gesetzten Ceresinfabrik. Nach dem damals entdeckten Verfahren wird das Ceresin durch Behandlung mit Chemikalien und durch Pressen ohne Destillation aus Ozokerit dargestellt. Das Ceresin bildete alsbald einen wich­tigen Exportartikel aus Oesterreich nach Russland, Frankreich, Spanien, Italien, Deutschland und nach Indien. Die im Jahre 1878 errichtete Extraction hatte den Zweck, aus den bei der Ceresinfabrication sich ergebenden Press­rückständen das in denselben noch in beträchtlicher Menge gebundene Erdwachs mittelst Benzin zurückzugewinnen. In der vor drei Jahren errichteten Ceresin-Filialfabrik in St. Sabba bei Triest wird das im Wiener Hauptetablissement erzeugte Ceresin, so weit es für den Export bestimmt ist, weiter verarbeitet.

Durch die im Jahre 1887 eingeführte Verwendung von überhitztem Dampf zur Redestillation der Rück­stände der Petroleumdestillation wurde eine sehr wesentliche Verbesserung der erzeugten Schmieröle erreicht.

Die ungefähr 23 grösseren und kleineren Baulichkeiten des Etablissements sind auf einem Flächenraum von mehr als 720 Ar zerstreut. Die erforderliche Dampfkraft liefern zwei grosse und vier kleinere Dampfkessel mit 550 Quadratmeter Heizfläche. Die Reservoiranlagen der Mineralölfabrik haben einen Fassungsraum von zusammen 100.000 Hektolitern. Für die Zufuhr des Rohöles und für den Versandt der fertigen Mineralöle besitzt die Firma fünfzig eigene Eisenbahn-Cisternenwagen.

Mit den vorhandenen Einrichtungen ist das Etablissement in der Lage, 150.000 Metercentner Bergöl, 30.000 Metercentner thierische oder vegetabilische Fette, 15.000 Metercentner Ozokerit und 10.000 Metercentner Paraffinschuppen pro Jahr zu verarbeiten.

Die Mineralölfabrik liefert folgende Erzeugnisse: Kaiseröl, Fabrikspetroleum mit hohem Zündpunkt, wasser­helles und gewöhnliches Mercantilpetroleum, Petroleumäther für Luftgasbeleuchtung, Ligroin und Benzin in ver­schiedenen Gradirungen für Beleuchtungs-, Lösungs- und Extractionszwecke, raffinirtes Benzin für Fleckenputzer, Blauöl für Oelgasanstalten, Schmieröle für Eisenbahnen und Industriebedarf.

Das Etablissement erzeugt ferner alle wichtigen Schmierfette, Vaseline und Harzwaaren, Stearin-, Paraffin- und Ceresink erzen, Wachswaaren, Ceresin in den verschiedensten Reinheitsgraden und Farbennuancen.

Die Fabrik beschäftigt in den letzten Jahren je nach der Jahreszeit 200 bis 250 Arbeiter.

Aus Anlass ihrer Theilnahme an Ausstellungen sind der Firma zumeist die höchsten Auszeichnungen zu­erkannt worden.