ERSTE OESTERREICH ISCHE

SEIFENSIEDER-GEWERKS-GESELLSCHAFT

APOLLO

W IE N.

m Jahre 1833 vereinigten sich sechs Wiener Seifensieder und Talgschmelzer, und zwar V. Böhm, Anton Diedek, Jos. Fischer, Jos. Holzhauer, J. Knoll und Jos. Schreder, um in dem damaligen Wiener Vororte Penzing, der ausserhalb des Verzehrungssteuer-Rayons lag, eine grosse Talgschmelze zu errichten. Zweck dieser Gründung war, einerseits einen einheitlichen Rohtalg-Einkaufspreis in und ausserhalb des Wiener Verzehrungssteuer-Rayons einzuführen, anderseits durch Abpressen von Talg ein Product zu erzeugen, welches einen Ersatz für die theueren Wachskerzen geben konnte.

Unterdessen hatte die Entdeckung des französischen Chemikers Chevreul (1825), Neutralfette in Fettsäuren und Glycerin zu spalten und aus ersteren Stearin darzustellen, durch die Gründung einer Stearinfabrik von G. de Milly in Paris im Jahre 1831, in Frankreich schon praktische Anwendung gefunden, und in Berlin erfolgte im Jahre 1835 die Erbauung der Stearinfabrik von Milly & Motard.

Diese industriellen Ereignisse riefen in der kleinen österreichischen Gesellschaft das lebhafteste Interesse und den Wunsch hervor, die Erfindung Chevreuls auch in Oesterreich zu verwerthen.

Zu diesem Behufe verstärkte sich die Gesellschaft durch Aufnahme neuer Mitglieder, und traten alsbald Georg Hartl, F. Knoll, Wenzel Mareder und die Brüder Perl dem Unternehmen, welches die Firma: »Erste österreichische Seifensieder-Gewerks-Gesellschaft« in Wien führte, bei.

Die Vorarbeiten zur Gründung der Gesellschaft und die Erlangung einer Concession verschleppten sich aber so lange Zeit, dass unterdessen die Gebrüder Schräder im Jahre 1837 e n Privilegium zur Erzeugung von Stearin­kerzen erhalten und eine Stearinfabrik in Steinhof bei Liesing gegründet hatten.

Die nunmehr concessionirte »Erste österreichische Seifensieder-Gewerks-Gesellschaft« kaufte im Jahre 1840 die Schradersche Fabrik an und gelangte hiemit auch in den Besitz des ersten österreichischen Privilegiums zur Fabrication von Stearinkerzen.

Die Fabrik in Steinhof bei Liesing wurde aufgelassen, die Fabrication in den Apollosaal nach Wien ver­legt und als Marke für das Fabrikat der Name »Apollo« gewählt.

Mit Eifer und Energie widmete sich das Gesellschaftsmitglied Georg Hartl der technischen Leitung des Unternehmens, und ist es hauptsächlich sein Verdienst, dass sich die Marke »Apollo« durch ihre vorzügliche Qualität bald so im Handel einführte, dass andere unterdessen in Holland, Belgien und Deutschland entstandene grosse Stearinkerzenfabriken sich nicht scheuten, die Schutzmarke der Gesellschaft und die originelle orangefarbige Packung der Kerzenpakete nachzuahmen.

Alle technischen Verbesserungen, die nun auftauchten und die insbesondere von Frankreich, als dem eigent­lichen Sitze der Stearin-Industrie, und von Georg Hartl ausgiengen, fanden Aufnahme; und so kam es, dass im Jahre 1845 bei der ersten österreichischen Industrie-Ausstellung in Wien die »Apollokerzen« mit dem höchsten goldenen Ehrenpreise ausgezeichnet wurden.

In Folge des stetig wachsenden Absatzes von Apollokerzen sah sich die Gesellschaft im Jahre 1850 veranlasst, eine ausgiebige Erweiterung ihrer Fabrication vorzunehmen. Zu diesem Zwecke wurde im Anschlüsse an die Penzinger Talgschmelze eine Filial-Apollokerzenfabrik gebaut und die Erzeugung im Apollosaale speciell für den Wiener Bedarf weitergeführt, während in der Filialfabrik die Production der Apollokerzen für den Export aufgenommen wurde. Unter­dessen hatte man die Verwendung der als Abfallproduct erhaltenen Oelsäure zur Fabrication von Seife kennen gelernt, und die aus dieser hergestellte »Apolloseife« bildete nunmehr ein neues wichtiges Industrieproduct.

Immer mehr dehnte sich die Fabrication von Apollokerzen und -Seife aus, auf allen beschickten Weltausstel­lungen trugen die Fabrikate »Apollo« die ersten Preise heim.

Im Jahre 1860 eröffnete sich für die Stearin-Industrie ein neues Feld, die Gewinnung und Verwerthung des bis dahin fast werthlos gewesenen Abfallproductes, des Glycerins. 1862 wurde die Gewinnung des Rohglycerins in

Htr-.

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