der Fabrik zu Penzing eingeführt, 1872 mit der Destillation des Rohglycerins mit überhitztem Wasserdampfe begonnen und hiedurch die Herstellung jener Sorten von Glycerin ermöglicht, die seit jener Zeit in der Pharmacie und in den verschiedensten technischen Gewerben insbesondere zur Darstellung des Nitroglycerins ausgebreitetste Verwendung fanden.
Als im Jahre 1870 der französische Chemiker Mège-Mouriès, durch Napoleon III. veranlasst, die Darstellung des Margarins und der Kunstbutter erfand und sich aus dieser Erfindung sofort eine vollkommen neue Industrie entwickelte, hat auch im Jahre 1876 die Erste österreichische Seifensieder-Gewerks-Gesellschaft diese Fabrication aufgenommen. Hunderttausende von Metercentnern » Apollo«-Margarin sind seit jener Zeit nach Holland und Deutschland exportirt worden, und auch dieser Artikel hat sich ein gutes Renommée erworben und bewahrt. Der Fabrication von Kunstbutter, obwohl dieselbe auch schon im Jahre 1875 eingeführt wurde, war bis in die neueste Zeit von Seite der Gesellschaft keine grosse Bedeutung beigelegt worden, hauptsächlich deshalb, weil der Absatz bisher viel unter dem Misstrauen der Consumenten — wohl auch mangels eines strenge gehandhabten Nahrungsmittelgesetzes — zu leiden hatte.
Im Jahre 1876 zerstörte ein Brand das Etablissement der Gesellschaft in Wien, den Apollosaal, vollständig, so dass sich diese gezwungen sah, nachdem ein Aufbau an alter Stelle unthunlich war, eine neue Fabrik in dem damaligen Vororte Simmering anzulegen und die Fabrication aus dem Apollosaale dorthin zu transferiren. Gleichzeitig wurde in Simmering eine zweite Margarinfabrik errichtet. 1886 zerstörte ein Brand den Haupttheil der Stearinfabrik in Simmering, welcher aber in einigen Monaten wieder neu aufgeführt wurde.
Im Jahre 1891 sahen sich die Gesellschaftsmitglieder F. Fischer (die Herren Felix und Max Fischer) und G. Hartl & Sohn (Herr Carl Hartl) in Wien durch die Vereinigung der Vororte mit Wien veranlasst, ihre Seifen-, Kerzen- und Parfumeriewaarenfabriken in Wien (Landstrasse, Ottakring, Rossau und Simmering) aufzulassen und mit der Ersten österreichischen Seifensieder-Gewerks-Gesellschaft zu vereinigen. Der Wortlaut der Firma wurde bei diesem Anlasse in Erste österreichische Seifensieder-Gewerks-Gesellschaft »Apollo« abgeändert.
Es stellte sich nunmehr die Nothwendigkeit heraus, eine gründliche technische Reorganisation der beiden Fabriken in Penzing und Simmering vorzunehmen. Ein grossartiger Neubau in der Simmeringer Fabrik bezweckte die Seifenfabrication aller vereinten Fabriken aufzunehmen, die Stearin- und Stearinkerzenerzeugung wurde in Penzing aufgelassen und dafür dort die Parfumeriewaaren-Fabrication eingeführt. Die für die nunmehr in der Fabrik Simmering vereinigte Stearin- und Seifenfabrication nöthigen Neubauten erhielten in technischer Beziehung die modernste Einrichtung.
Zur Zeit befasst sich die Fabrik in Simmering ausschliesslich mit der Herstellung von Stearin und Stearinkerzen und allen gebräuchlichen Textil- und Haushaltungsseifen, die Fabrik in Penzing dagegen mit der Erzeugung von Margarin, Margarinbutter, Margarinschmalz, der Glycerin-Raffinerie und -Destillation und der Parfumeriewaaren- fabrication.
In den beiden Fabriken liefern 15 Dampfkessel mit zusammen circa 1100 Quadratmeter Heizfläche den zu den verschiedensten Operationen nöthigen Dampf, 6 Dampfmaschinen mit zusammen circa 250 Pferdekräften die motorische Kraft.
Die- Stearinfabrik ist in der Lage, alle gebräuchlichen Rohmaterialien, je nach Bedarf mit oder ohne Destillation der Fettsäuren, verarbeiten zu können; »Apollokerzen« werden ausschliesslich aus reinster Stearinsäure erzeugt. Eine eigene Dochtfabrik stellt die zu den Kerzen nöthigen Dochte her; die Emballagekisten werden ausnahmslos von der eigenen Dampftischlerei geliefert.
In der Seifenfabrik wird das Sieden der Seife sowohl mit Dampf, als auch mit directem Feuer vorgenommen, und sind unter anderen zu diesem Behufe zwei Dampfsiedekessel mit einem Fassungsraume von je 44.000 Liter aufgestellt.
Die Margarinfabrik (die älteste und noch immer eine der bedeutendsten in Oesterreich) befasst sich mit der Herstellung von Margarin aus Rohtalg. Das Product wird theils im eigenen Betriebe zu Margarinbutter und Marg-arin- rindschmalz weiter verarbeitet, theils wird es als solches im Inlande wie auch nach Holland und Deutschland verkauft. Die Margarinbutterfabrik ist vollständig neu, nach dem besten holländischen System der grössten dortigen Margarinbutter- fabriken eingerichtet, und werden nur Producte guter Qualität erzeugt.
Die Glycerin-Raffinerie und -Destillation erzeugt alle handelsüblichen Sorten von Glycerin und hat bis jetzt in dem schweren Concurrenzkampfe gegen deutsches Glycerin noch bestehen können.
Die Parfumeriewaarenfabrik erzeugt alle Sorten von Toiletteseifen und Parfums, und erfreuen sich deren Producte eines fortwährend steigenden Absatzes. In beiden Etablissements der Gesellschaft sind derzeit circa 600 Arbeiter und circa 60 Beamte beschäftigt. Schon lange vor dem Inslebentreten der gesetzlichen Arbeiter-Krankenversicherung wurden die kranken Arbeiter von Seite der Gesellschaft unterstützt, im Jahre 1885 wurde eine eigene Fabriks-Kranken- casse gegründet.
Viele der beschäftigten Beamten und Arbeiter sehen auf eine mehr als zwanzigjährige Thätigkeit in den Etablissements der Gesellschaft zurück. Sämmtliche durch Alter erwerbsunfähig gewordenen Beamten und Arbeiter gelangen in den Genuss von Pensionen.
Die derzeitigen Theilnehmer der Gesellschaft sind die Herren: Karl Diedek, Felix Fischer, Max Fischer und Karl Hartl.
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