Die Donau, eine Völkerstrasse, die mit dem gesammten Leben des Staates aufs innigste verwebt ist, war schon zu Ende des 18. Jahrhunderts Gegenstand von Regulirungsbauten. Nachdem 1830 das erste Dampfschiff »Franz I.« seine Probefahrt von Wien nach Budapest gemacht hatte, zwei Jahre später die k. k. privilegirte Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft begründet worden war, wurde 1856, nach dem Krim- kriege, im Pariser Frieden die Freiheit der Donauschiffahrt für alle Völker ausgesprochen.

Drei grosse Hindernisse für dieselbe waren jedoch vor allem zu bewältigen: Die unglückliche Beschaffenheit der Sulina-Mündung, das eiserne Thor und die Donaustrecke zwischen Pressburg und Gönyö. Die erste Frage wurde durch eine internationale Donaucommission in Galatz berathen und von 1856 ab mit 17 Millionen gelöst.

Das grosse Schiffahrtshindernis zwischen Pressburg und Gönyö beseitigte 1885 die ungarische Regierung. Im Juni 1888 wurden 9 Millionen zur Ausführung der Arbeiten am eisernen Thor zur Ver­fügung gestellt und die Bauführung einem Consortium übertragen, das aus der Berliner Disconto-Gesellschaft, der Maschinenfabrik von G. Luther in Braunschweig und dem ungarischen Ingenieur und Baurath Haydn gebildet wurde. Am 27. September 1896 erfolgte die feierliche Eröffnung. Durch den Berliner Friedens­vertrag war die Ausführung der Regulirungsarbeiten Oesterreich-Ungarn übertragen worden mit der Bestimmung, dass die anderen Uferstaaten für das Unternehmen alle erforderlichen Erleichterungen und das ausschliessliche Recht der Zollerhebung zu gewähren hätten. Die Arbeit selbst bildet einen Triumph der modernen Technik, die sich hier ganz neuer Hilfsmaschinen zur Ueberwindung der Schwierig­keiten bedienen musste.

Neben dieser allgemeinen, die Schiffbarkeit der grossen Weltstrasse für moderne Fahrzeuge ermöglichenden Ausführung haben wir einer anderen Aufgabe zu gedenken, welche speciell der Reichs­hauptstadt und damit dem ganzen österreichischen Staate Nutzen bringen sollte. Die eminent volks- wirthschaftliche Bedeutung der Donaustrasse bewog den genialen Handelsminister Bruck 1850 eine Com­mission einzuberufen, welche die Frage der Stromregulirung der Donaustrecke bei Wien und die Umgestaltung des Wiener Donaucanals zu berathen hatte. Leider blieben die Beschlüsse dieser Com­mission ohne Resultat, bis im Jahre 1862 die grosse Ueberschwemmung der nördlichen Bezirke die Frage neuerdings in Fluss brachte. Eine Commission aus Vertretern des Ministeriums, der Statthalterei, des Landesausschusses, des Wiener Gemeinderathes, der Handelskammern und der wichtigsten Transport­anstalten wurde einberufen und diese stellte die Bedingungen fest, nach welchen .die Regulirung durch­zuführen sei. Es wurde ein einheitliches Programm ausgearbeitet und 1869 die Donauregulirungs-Com- mission für die Durchführung desselben ins Leben gerufen.

Die drei Hauptinteressenten: Staat, Land und Stadt, erklärten sich bereit, je ein Drittel der mit 24-6 Millionen Gulden berechneten Kosten zu übernehmen. Die Ausarbeitung der Projecte und die Oberbauleitung übernahm der Ministerialrath Gustav Wex. Die Durchführung des grossen Durchstiches vom Roller bis zur Stadlauerbrücke und der anschliessenden Strecken wurde der durch die Ausführung grosser Bauten in Afrika und am Suezcanal rühmlichst bekannten französischen Bauunternehmung Castor, Hersent & Couvreuse übertragen.

Wir unterlassen es, auf eine Beschreibung dieses grossen Baues einzugehen und heben aus dieser Zeit nur hervor, dass die Absperrung des Donaucanals bei Nussdorf mittelst eines schwimmenden Schiffes erfolgte, zu dem bereits 1862 Baudirector v. Duras die Idee gegeben hatte und dessen wirkliche Erbauung nach Plänen des genialen v. Engerth erfolgte. Die Ausführung hatte die Firma John Cokerill in Seraing, die Grundirungs- und Maurerarbeiten die Unternehmer Castor, Hersent & Couvreuse übernommen.

Nach Eröffnung des neuen Donaubettes nächst Wien, über das im Laufe der Jahre rasch hinter­einander fünf Brücken erbaut wurden, die als Meisterwerke der Technik betrachtet werden dürfen, wurde die Regulirung stromabwärts in Angriff genommen, bis neuerdings durch Schaffung der Wiener Verkehrs­anlagen auch die Donau-Regulirungsfrage in neue Bahnen gelenkt wurde, die zur Umgestaltung des Donaucanals in eine künstliche Wasserstrasse führten.

Die hiezu nöthigen Anlagen bei Nussdorf, die im innigen Einklang mit der Wiener Stadtbahn stehen, gaben zu den grossen und schwierigen Wehr- und Schleusenarbeiten Veranlassung, die in den letzten Jahren unter Leitung des Oberbaurathes Taussig von der Bauunternehmung Redlich & Berger in gelungener Weise durchgeführt wurden. Hier war es nicht mehr nöthig, wie beim Beginne der grossen Arbeiten an der Donau, auswärtige Unternehmungen heranzuziehen. Auf die bei dem Baue des Alimen-

52 -

V