Da sich aber trotzdem die Patenterteilung in die Länge zog, so bat sich Senefelder eine vorläufige Gewerbebefugnis aus, die ihm auch sehr bald ertheilt wurde, worauf er seine Druckerei, welche sich hauptsächlich mit der Erzeugung von Musikalien- und Notendruck befasste, sogleich er öffnete.

Wie es sich aber leider nur zu bald herausstellte, war der Betrieb des Musikaliengeschäftes nicht rentabel, und so beunruhigend dies auch für Senefelder war, so vermochte er persönlich nichts dagegen zu thun, da er nach dem Aufträge seines Gönners sich ausschliesslich mit dem Studium der Färbe­kunst und der Anwendung des Steindruckes für den Zeugdruck befassen musste. Er sollte gemein­schaftlich mit Thornton, dem Leiter der in Pottendorf befindlichen Maschinenspinnerei Hartls, dort die Kattun-Steindruckerei einführen.

Eine grosse Schwierigkeit machte insbesondere das genaue Anpassen der sehr dehnbaren Stoffe beim Mehrfarbendrucke an die flachen Steinplatten, und Senefelder entschloss sich daher, einen grossen Stein­block aus Solnhofen kommen zu lassen, um daraus eine grosse, acht Zoll im Durchmesser starke Druck­walze anzufertigen. Da es jedoch fast ein halbes Jahr dauerte, bis dieser Steinblock eintraf, versuchte Senefelder, eine Kupferwalze zum Einätzen der Zeichnung zu verwenden. Thorntons Ansicht, dass nur von einer mit dem Stichel gravirten Walze g'ute Abdrücke zu erlangen wären, wurden durch diesen Versuch Senefelders auf das glänzendste widerlegt, und es zeigte sich, dass die Abdrücke von der eingeätzten Zeichnung nicht nur ebenso rein, sondern auch noch weit kräftiger waren, als von der gravirten Walze, weil die mit dem Stichel erzeugten, sich nach der Tiefe zu verengenden Linien viel weniger Druck­farbe zu fassen vermochten, als die gleichmässig tief geätzten Zeichnungen.

So vielversprechend alle diese Versuche aber waren, kam es dennoch niemals zu ihrer prakti­schen Anwendung, und da sich inzwischen die Verluste, welche Hartl durch die Musikaliendruckerei erlitt, schon zu einer sehr bedeutenden Höhe gesteigert hatten (circa 20.000 fl.), suchte er seine Geld­ausgaben sehr einzuschränken;) dazu kam noch, dass Hartls Gesundheit nicht die beste war und sich zu gleicher Zeit mehrere andere industrielle Unternehmungen desselben als verfehlt und schaden­bringend herausstellten.

Mittlerweile war auch das lang ersehnte Privilegium (1803) von der Regierung an Senefelder ertheilt worden, trotzdem aber sah sich letzterer, um einem drohenden Processe auszuweichen, und da es mit den Subsidien Hartls zu Ende gieng, gezwungen, nicht nur seinen Antheil an der Musikaliendruckerei, sondern auch das für ganz Oesterreich gütige Privilegium für die lächerlich geringe Summe von 600 fl. an Anton Steiner und Rochus Grasnitzky, welche Beamte Hartls waren, (am 20. Jänner 1805) zu verkaufen.

Aber auch hier sollte Senefelder noch eine grosse Enttäuschung erleben, denn als es zur Aus­zahlung des Kaufbetrages kam, erhielt er nur 50 fl., weil sein ehemaliger Compagnon und Mitarbeiter Gleissner 550 fl. an Hartl, respective Steiner, schuldig war, welche sich dieselben in Abzug brachten. Tief betrübt durch dieses geringe Resultat seines rastlosen Schaffens und den Verlust des mühsam errungenen Privilegiums, widmete sich Senefelder mit um so grösserem Eifer und Energie der Vervollkommnung der Kattundruckerei. Er reiste zu diesem Zwecke nach Pottendorf, machte dort höchst interessante und auch gelungene Versuche in dieser Richtung und war endlich schon der Vollendung und Realisirung seiner Projecte nahe, als das Schicksal abermals all seine Hoffnungen zunichte machte. Die Ursache war die durch Napoleon I. verfügte Continentalsperre, durch welche die Einfuhr englischer Baumwolle und Ge- spinnste auf hörte und die Pottendorfer Fabrik so mit Arbeit überhäuft wurde, dass für die Einführung einer neuen Technik keine Zeit übrig blieb. Da überdies die Maschine, welche Senefelder für den Kattun­druck construirt hatte, durch die Treulosigkeit eines Werkmeisters der Spinnerei abgezeichnet, an andere Fabriken verrathen und von diesen bereits nachgemacht worden war, so musste Senefelder sein Glück anderwärts suchen. Er trat später mit dem Weissbleicher Madlener in Pottendorf in Verbindung, durch den er wieder mit dem Kattundrucker Blumauer in Wien (welcher Senefelder ein kleines Modell-Presschen um 500 fl. abkaufte) und darauf mit den Gebrüdern Faber in St. Pölten bekannt gemacht wurde, mit denen Senefelder einen sehr vortheilhaften Contract zur Errichtung einer vollständigen Walzen-Kattundruckerei abschloss.

Zur Realisirung dieser Pläne sollte es aber auch nicht kommen, denn fast zu gleicher Zeit wurde Senefelder bekannt, dass Freiherr Christoph von Aretin, königl. Hof- und Central-Bibliotheks-Director in München, sich bereit erklärt habe, in Gesellschaft mit ihm dort eine Steindruckerei zu errichten und das dafür nöthige Capital vorzustrecken. Nachdem mit den Gebrüdern Faber ein gütliches Abkommen

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