für spätere Erfüllung- der contractmässig eingegangenen Verpflichtungen getroffen worden war, trat Sene- felder zusammen mit dem Ehepaar Gleissner im October 1806 die längst ersehnte Heimreise an.

Interessant ist die bis vor kurzem unbekannte l'hatsache, dass Senefelder auch während des Congresses über Berufung seitens der Regierung in Wien war, um beim k. k. Generalstabe, sowie im geheimen Bureau des Fürsten Metternich Proben seiner Kunst, unter Anwendung seiner kleinen tragbaren lithographischen Pressen und seiner künstlichen Steincarton-Druckplatten, abzulegen. Metternich war von Senefelders Leistungen so sehr befriedigt, dass er demselben, ausser dem bedungenen Honorar, noch ein beträchtliches Geschenk einhändigte.

In Wien wurde nunmehr die Lithographie von Steiner und Grasnitzky auf Grund des von Sene- telder erworbenen ausschliesslichen Privilegiums weiter betrieben und fast nur zur Herstellung von Musi­kalien angewandt. Sonst machte diese Kunst hier keine wesentlichen Fortschritte und insbesondere die Kreide-Lithographie wurde nahezu gar nicht geübt. Ein gewisser Carl Müller versuchte es allerdings auch, mit der Feder und dem Pinsel auf Stein zu arbeiten, wobei besonders eine Nachzeichnung der Preisslerschen Zeichnungs-Lehre ziemlich gut ausgefallen sein soll; davon wurden die ersten Hefte noch von Senefelder selbst, das heisst unter seiner Leitung, gedruckt.

Das Jahr 1816 brachte A. Senefelder wieder nach Wien; er folgte einer Berufung des Buch­händlers und Buchdruckers Gerold, um für diesen eine Steindruckerei einzurichten. Senefelder hatte für diesen Zweck den Zeitraum von drei Monaten in Aussicht genommen und wollte dann wieder nach München zurückkehren, wo viele Arbeiten und hauptsächlich die Fertigstellung seines Lehrbuches') seine Anwesenheit erforderten.

Zum Unglücke erkrankte Senefelder bald nach seiner Ankunft in Wien, und da indessen die strenge Jahreszeit hereinbrach und seiner Krankheit eine grosse Körperschwäche folgte, so hielt er es nicht für rathsam, während des Winters 1816/17 die Rückreise nach München anzutreten. Zudem machte die Einrichtung des Steindruckes bei Gerold wenig Fortschritte und verzögerte sich, weil Letzterer die schon seit einem Jahre hiefür nachgesuchte Befugnis nicht erhalten konnte. Die hauptsächlichste Ursache war der von dem Inhaber der Stein- oder chemischen Druckerei (Steiner & Grasnitzky) gegen ihn erhobene Recurs. Gerold konnte daher, so lange Senefelder noch in Wien war, seine Steindruckerei nicht so vollkommen einrichten, als es beide gewünscht hätten, da man Zeichner und Personal nicht aufs Ungewisse hin anstellen und grosse Ausgaben machen wollte.

Es wurden aber dennoch Steinzeichnungen in den verschiedenen Manieren verfertigt, welche zeigen sollten, was sich durch die Lithographie leisten lasse. Das erste mit Lithographien ausgestattete Verlagswerk, welches Gerold (1816) herausgab, betitelte sich: »Wanderungen durch Salzburg, Berchtes­gaden und Oesterreich«. Es erschien in zwei Bänden und hatte Vierthaler zum Verfasser.

Als Inkunabeln aus jener Zeit wären ferner noch bemerkenswerth: Ein Blumenkörbchen mit einem Vogelnest, und ein gleiches mit einer Schnecke, beides Naturstudien von Kohl, und einige Porträts sowie genreartige Darstellungen aus dem Wiener Leben, von Papin (auch Papain) ausgeführt, welcher mit C. Klette auch für das oben erwähnte Reisewerk Vierthalers die Steingravuren angefertigt hatte.

Unter denjenigen, welche sich gleich anfangs für das Geroldsche Unternehmen sehr interessirten, sind in erster Linie der Oberst von Aurach, der Hauptmann Lorenz Kohl, der Historienmaler und Zeichenlehrer des Fürsten Schwarzenberg, Dr. Adolf Ivunike, zu nennen, welche sich durch eigene Versuche von dem Werthe des Steindruckes überzeugten und diese Kunst bei allen ihren Freunden aufs beste empfahlen. Dr. A. Ivunike errichtete übrigens auch bald darauf (1817) eine eigene lithographische Anstalt und zog zur Herausgabe grösserer Werke bedeutende Wiener Künstler, wie z. B. Jacob Alt, Fr. Olivier u. A. heran. 2 )

Angeregt durch die vorliegenden Leistungen interessirten sich die Maler und Künstler immer mehr für diese verhältnismässig so leicht auszuübende und dennoch in ihren Ausdrucksmitteln so überaus reiche Technik und erkannten in ihr ein prächtiges Mittel zur Vervielfältigung ihrer Werke, sowie zur Schaffung origineller Arbeiten.

Als die eigentliche Periode der »Künstler-Lithographie« kann man jedoch erst die Zeit zwischen den Jahren 1830 bis nach 1860 bezeichnen, während welcher sich fast alle Künstler ohne Ausnahme in

*) Dieses Lehrbuch erschien 1818 im Verlage von Gerold.

-) Z. B. »Bildliche Darstellungen aus dem alten und neuen Testamente und dem Leben der bekanntesten Heiligen«. 100 Blätter, Her­ausgegeben von A. Kunike.

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