Banquiers alten Schlages traten activ in die Reihen der Industriellen durch Betheiligung an bestehenden Unternehmungen oder die Begründung neuer Etablissements.

Der Wirbelwind des Jahres 1848 hatte Vieles von dem seit 1815 Aufgebauten wieder hinweg­gefegt oder erschüttert. Die äusserste Anstrengung, der Einsatz aller Kräfte w r ar nothwendig gewesen, um das vmnkende Staatsgefüge zu erhalten. Dass dabei auch die Creditorganisation Schaden erlitt und der Industrie zeitweilig nicht mehr ausreichende Dienste leisten konnte, ist selbstverständlich. Was übrig blieb, waren nur die Grundmauern des Gebäudes, welches einer vollständigen Reconstruction bedurfte.

Unter solchen Verhältnissen trat Kaiser Franz Joseph die Regierung an. Um die grundlegende Wandlung im österreichischen Geld- und Creditwesen, den gewaltigen Fortschritt, welcher sich auch auf diesem Gebiete während seiner halbhundertjährigen Herrschaft ergab, zu würdigen, muss man sich darüber Rechenschaft geben, was Ende 1848 vorhanden war, um die Creditbedürfnisse nicht nur des stets borgenden Staates, sondern auch der wiederaufstrebenden Gemeinwesen, des durch vermehrte Eisenbahn- und Schifffahrtsverbindungen, durch die Aufhebung der ungarischen Zollgrenze und die streng neutra­listische Zusammenfassung aller unter habsburgischem Scepter stehenden Gebiete wie nicht minder durch die innigere Verbindung mit Deutschland einerseits sowie die commerzielle Erschliessung des Orientes anderseits lebhaft angeregten Handels, der rasch sich entwickelnden Industrie, endlich der durch die Grundablösung und die Aufhebung der Robot auf ganz neue Grundlagen gestellten Landwirthschaft zu befriedigen. Abgesehen von der Nationalbank, welche zu jener Zeit nur wenige Zweiganstalten besass, gab es überhaupt keine Bank in Oesterreich, weder in Wien noch in dem damals mächtig aufblühenden Triest, es wäre denn, dass man den 1841 auf Wechselseitigkeit gegründeten Galizischen Boden- credit-Verein in Lemberg, welcher ausschliesslich das Hypothekargeschäft cultivirte, als solche be­trachten wollte. Die grossen Bankhäuser, von denen einige auch in Prag, als dem damaligen Centrum der österreichischen Industrie, andere in Triest ihren Sitz hatten, mussten genügen, und für die minderen Creditbedürfnisse, namentlich in den Provinzen sorgten mit unzulänglichen Mitteln die im Anfangsstadium ihrer Entwickelung stehenden Sparcassen. Wir zählen die in Oesterreich Ende 1848 vorhandenen Spar- cassen nach der Reihenfolge ihres Entstehens, mit Anführung des Gründungsjahres, im Nachfol­genden auf:

Es bestanden:

Erste österreichische Sparcasse in Wien.gegründet 1819

Krainische Sparcasse und Pfandleihanstalt in Laibach. » 1820

Sparcasse der Stadt Innsbruck. » 1822

Gemeinde-Sparcasse der Stadt Bregenz. » 1822

Oberhollabrunner Sparcasse. » 1824

Steiermärkische Sparcasse in Graz. * 1825

Böhmische Sparcasse in Prag. » 1825

Sparcasse und Versatzamt in Görz. » 1831

Kärntnerische Sparcasse in Ivlagenfurt. » 1835

Pfandleihanstalt und Sparcasse in Ragusa. » 1835

Sparcasse in Roveredo. » 1841

» » Triest. » 1842

» » Feldkirch. » 1842

Sparcassenverein in Waidhofen a. d. Thaya. » 1842

Galizische Sparcasse in Lemberg. » 1844

Sparcasse und Leihanstalt in Linz. » 1848

Mit den bescheidensten Garantiefonden ausgestattet, mit langsam wachsenden Einlagen, welche durch die Wirren der Jahre 1848 und 1849 One bedeutende Schmälerung erfahren hatten, mit eng­begrenztem Wirkungskreis, welcher bei den meisten dieser Sparcassen die Creditgewährung im Wege der Wechselesc omptes völlig ausschloss, bildeten sie eine sehr ärmliche und ganz unzulängliche Ergänzung der bestehenden Creditorganisation. Speciell der Industrie konnten die vorhandenen 16 Sparcassen fast gar keine Dienste leisten, da sie im wesentlichen nur das Pfandleih- und das Hypothekargeschäft cultivirten. Gewerbetreibende der grösseren Provinzorte, hauptsächlich aber die Landwirthe fanden in ihnen eine gewisse, sich mit der Zeit verstärkende Stütze und so stifteten sie wenigstens indirect für die Hebung

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