Verschlechterung der Valuta, durch fortschreitende maschinelle Verbesserungen, die einen grossen Capitals- aufwand erforderten, durch den gestiegenen inländischen Verbrauch .sowie starken Export nach Osten, Süden und Westen, durch neue Eisenbahnverbindungen die Südbahnlinien, damals noch im Staats­besitze, führten bereits nach Triest, diejenigen der Nordbahn nach Oderberg, Krakau und Troppau, die Orientbahn, spätere Oesterreichisch-Ungarische Staatseisenbahn-Gesellschaft, nach Budapest und der Schiff­fahrtsverkehr auf der Donau mit ihren Nebenflüssen war stark entwickelt bedeutenden Aufschwung genommen. Die Banquiers waren zu noch grösserer Bedeutung und Macht gelangt, Finanzminister Bruck war eifrig bedacht, der Industrie die Mittel zu ihrer Erweiterung zuzutühren, und wenn es ihm auch nicht gelang, der Valutaverschlechterung Einhalt zu thun das Disagio erreichte im Laufe des Jahres 1854 den höchsten Stand mit 41% Procent im Mai so ist doch seiner Förderung eine Schöpfung zu ver­danken, welche für die Creditverhältnisse der Industrie von segensreichen Folgen war. Durch die Initiative des genialen Theodor Bauer entstand nämlich im Jahre 1853 die Niederösterreichische Escompte- Gesellschaft, welche durch ihre zeitgemässen Einrichtungen, insbesondere durch die Schaffung ihres Creditvereines, eine vollständige Umwälzung in der Art der Creditgewährung an Kaufleute und In­dustrielle hervorrief. Mittlerweile waren auch fünf neue Sparcassen in Brünn, Gmunden, St. Pölten, Reichenberg und Waidhofen an der Ybbs entstanden. Der officielle Zinsfuss der Bank stand auch 1854 auf vier Procent, eine wesentliche Vermehrung des Notenumlaufes und der Filialen war eingetreten, und dem steigenden Creditbediirfnis der Industrie konnte dadurch, sowie durch die Décentralisation des Crédités weitaus besser als vorher Rechnung getragen werden.

Wieder fünf Jahre später, 1859, ist das Bild gründlich verändert. Das verhängnisvolle Kriegsjahr, welches den Verlust der Lombardei und damit denjenigen wichtiger industrieller Absatzgebiete brachte, hatte die Zerstörung gar mancher bis dahin maassgebender Creditgebilde, aber auch die Schöpfung neuer, welche für die wirtschaftliche Gestaltung des Reiches maassgebend geworden sind, hinter sich. Die gewaltige Krise des Jahres 1857, welche ihren Ausgangspunkt von den Vereinigten Staaten nahm, hatte nicht nur das grosse Bankhaus Arnstein & Eskeles, sondern auch manche andere wichtige Glieder der alten Creditorganisation hinweggefegt; dafür aber war in der 1855 gegründeten k. k. priv. Oester- reichischen Creditanstalt für Llandel und Gewerbe der industriellen Entwickelung auf allen Gebieten eine mächtige Stütze erstanden. Oesterreich besass nun zum ersten Male einen Credit mobilier, welcher sich grosse Aufgaben steckte und durch seine mächtigen Mittel und Verbindungen auch in der Lage war, nach den verschiedensten Richtungen fördernd einzugreifen. Nicht nur die bestehenden Industrie­unternehmungen fanden in der Creditanstalt einen verlässlichen Rückhalt und wurden in die Lage versetzt, ihre Production mit Hilfe der ihnen zur Verfügung gestellten Leihcapitalien auszudehnen, auch viele neue Industrien konnten ins Leben gerufen werden und die Capitalsassociation auf industriellem Gebiete wurde durch sie systematisch entwickelt. Diese letztere hatte allerdings bis dahin noch keine besonderen Fortschritte gemacht, und finden wir im Coursblatte der Wiener Börse vom Jahre 1859 nur zwei Actien von Industriegesellschaften, jene der Wiener Dampfmühle (gegründet 1855) und jene der Triester (allgemeinen österreichischen) Gasgesellschaft (gegründet 1856) verzeichnet. Aus der Periode 1852 bis 1859 datiren indes folgende noch heute bestehenden Industrie-ActiengesellsChaften und zwar: Duxer Zuckerfabrik (1852), Mödritzer Zuckerfabrik (1853), »Tergesteo« in Triest (1854), Oesterreichische Gas- beleuchtungs-Actiengesellschaft in Wien (1855), Seiden- und Wolltrocknungsanstalt in Wien (1855), Fried­länder Flachsspinnerei (1856), Stabilimento tecnico in Triest (1857), Oesterreichischer Verein für chemische und metallurgische Production in Aussig (1857), Wasserleitungsgesellschaft »Aurisina« in Triest (1859), sowie die schon erwähnte Triester Gasgesellschaft (1856), während die Wiener Dampfmühl- Gesellschaft seither vom Schauplatze verschwunden ist. Die Zinsfussverhältnisse waren ungünstiger geworden. Die Nationalbank escomptirte zum Satze von 5 Procent, und der Zinsfuss der Banken und Banquiers stellte sich im Durchschnitt um ein Procent höher. Durch die von Bruck inaugurirte Valuta­herstellung im Jahre 1858 war das Agio leider nur vorübergehend auf 1V2 Procent herab­gedrückt worden, Silber hatte sogar zeitweilig gegen Banknoten ein Disagio bis zu 3 Procent und die Bank war in der Lage, für kurze Zeit die Baarzahlungen aufzunehmen. Der italienische Feldzug des Jahres 1839 änderte diese für die Industrie günstigen Verhältnisse vollständig. Wir finden im Monate Juni dieses Jahres die Devise London wieder mit 144-20 als Durchschnitt notirt, und so hatte das Disagio wieder 43 Procent erreicht, um sich allerdings bis zum December auf 23 Procent zu ermässigen.

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