Die Periode 1859 bis 1864 brachte neuerdings einen bedeutenden Aufschwung im Geld- und Creditwesen. Die Creditorganisation der Monarchie erfuhr eine bedeutende Verstärkung durch die Gründung neuer Geldinstitute und auch die Capitalsassociation auf dem Gebiete der Industrie wie des Eisenbahn­verkehres machte erhebliche Fortschritte. Von neuen grösseren Banken entstanden in dieser Zeit: Anglo-österreichische Bank (1863), k. k. privilegirte österreichische allgemeine Bodencredit- anstalt (1864), die k. k. privilegirte österreichische Verkehrsbank (als Pfandleihanstalt 1864), die Mährische Escomptebank (1862), die Triester Commercialbank (1859), die Böhmische Escompte- bank (1863) und die Steiermärkische- Escomptebank (1864). Die 1864 wirkenden grösseren Banken stellten einschliesslich der Nationalbank zusammen ein Actiencapital von 187.986 Millionen Gulden in den Dienst der Industrie, des Handels, der Landwirtschaft und des Verkehres, und man darf von dieser Zeit mit Recht behaupten, dass die gegenseitige Befruchtung von Capital und Industrie segensreich und wirksam auch für die Folge war. Von grossen Actien-Industrieunternehmungen waren entstanden: die Prager Eisenindustrie-Gesellschaft (1859), die Grazer Zuckerrafhnerie (1862) und eine grössere Anzahl von Spinnereien, Webereien, Zuckerfabriken und Montangesellschaften, deren Actien indes nicht in den Verkehr gelangten. Von Versicherungsgesellschaften bestanden zu dieser Zeit: der »Anker« (1858), die »Austria« (1860), der Beamtenverein der österreichisch-ungarischen Monarchie (1864), der »Janus« (1839), der »Oesterreichische Phönix« (1860), die »Securitas« (1863), die Wechsel­seitige Brandschaden-Versicherung in Wien (1825), der Mährisch-schlesische wechselseitige Ver­sicherungsverein (1830), die Wechselseitige Brandschaden-Versicherung in Graz (1829), jene in Hirsch­berg (1850), in Krakau (1860), in Linz(i8ii), der Assecuranzverein der Zuckerfabrikanten (1861), die Wechselseitige böhmische Brand- und Idagelschaden-Anstalt in Prag (1827), der Wechselseitige Brandschadenverein in Salzburg (1811) und die drei grossen Triester Anstalten »Azienda« (1822), »Generali« (1831) und »Riunione« (1838).

Das Jahr 1869 sah bereits einen gewaltigen Aufschwung nicht nur des industriellen und comrner- ziellen Lebens in Oesterreich, sondern auch des Geld- und Creditwesens, insbesondere aber der Capitals­association auf allen Gebieten der heimischen Production. Die lebhafte Entwickelung begann, merk­würdig genug, sofort nach dem verhängnisvollen Jahre 1866, welches die vielhundertjährige Verbindung zwischen den Erblanden und dem Deutschen Reiche für immer zerriss, die Machtstellung in Italien ver­nichtete und durch die Opfer des kurzen Feldzuges nicht nur die Staatsfinanzen zerrüttete, sondern auch die gesammte Volkswirthschaft schwer schädigte. Der Anbruch der verfassungsmässigen Aera, der end- giltige Friede mit Ungarn, freiheitliche Reformen auf allen Gebieten sowie die Wunderernte des Jahres 1867, erweckten und erhielten einen Schaffensdrang rege, wie er vorher in Oesterreich kaum jemals zur Geltung gelangt war. Die Emissionen der Jahre 1867/1868 allein beliefen sich auf 3i5'4 Millionen Gulden, im amtlichen Coursblatte der Wiener Börse waren bereits 30 Actien von grossen Banken, 31 Transport- werthe und 26 Industrie- und Assecuranzpapiere notirt. 125 Sparcassen und Vorschussvereine, welche über Einlagen von 498 Millionen Gulden verfügten, bildeten ein Creditnetz über das ganze Reich, welches auch den Industriellen und den Gewerbetreibenden nicht zu unterschätzende Dienste leistete. Der Bankcredit war durch 19 Filialen, wovon 14 auf Oesterreich entfielen, decentralisirt, an Bank- und Staatsnoten waren Ende 1868 534 Millionen Gulden in Umlauf, und die Circulationsmittel standen beim durchschnitt­lichen Zinsfuss der Nationalbank von 4 Procent für Platzbriefe und 4V2 Procent für Domicile zu billigem Preise zur Verfügung. Auch das Agio hatte sich mehr stabilisirt und schwankte nur innerhalb der Grenzen von 19 bis 24 Procent. Es war die Zeit der grossen Eisenbahnbauten, welche bekanntlich der öster­reichischen Industrie den nachhaltigsten Impuls gaben und für welche die hochentwickelte Banken- und Börsenorganisation die Mittel beschaffte. Schon damals betrug das auf österreichischem Gebiete gelegene Eisenbahnnetz rund 900 deutsche Meilen und ungefähr 300 Meilen waren in Construction begriffen. Die grösseren Privatbanken, w r elche in der Periode 18641869 entstanden und noch heute bestehen, sind die folgenden: Wiener Bankverein (1869), Oesterreichische Hypothekenbank (1868), Union­bank (damals Wiener Handelsbank, 1865), Galizische Bank für Handel und Industrie (1869), Galizische Actienhypothekenbank (1867), Bank für Oberösterreich und Salzburg (1869), Hypothekenbank des Königreiches Böhmen (1865), Landwirthschaftliche Creditbank für Böhmen (1867), »Zivnostenska banka« (1868), »Banca popolare di Trieste« (1868) und Oester- reichisch-Schlesische Bodencreditanstalt (1869). In den 1869 in Oesterreich bestandenen

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