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Nach dem Orient! : Donauwärts - die Orientbahnen - zur See
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Wien stutzig und begann zu erkennen, was Jahrzehnte lang versäumt worden war.

Begünstigt durch seine geographische Lage und aus Grund seiner geschichtlichen Entwickelung, hätte sich Gesterreich-Ungarn längst schon zu einer thatkräftigen und zielbewußten Wirthschaftspolitik dem Grient gegenüber ermannen sollen. Wirklich wurden unter dem Ministerium des tresflichen Bruck (h s859), als Lorenz von Stein aus die Bedeutung des Grients verwies, während Joh. Georg von Hahn zum erstenmale den westlichen Balkan durchsorschte und ausgezeichnete Werke darüber veröffentlichte, einige verheißungsvolle Anläufe von Wien aus genommen. Allein weder Bruck's Nachfolger noch die großen Wiener Finanzinstitute faßten füdöstliche Zielpunkte ins Auge. Auf der Wiener Börse insbesondere zog man Unternehmungen vor, bei welchen der österreichische Staat garantiren mußte, und strich auf Rosten desselben ohne Mühe und ohne Risiko beträchtliche Gewinne ein. Nicht weniger passiv verhielten sich dem Grient gegenüber auch Handel, In­dustrie und Wissenschaft in Oesterreich, weil man die wirtschaftliche Leistungs- und Nerbrauchskraft der Balkanländer aus Mangel an genügender Kenntniß derselben unterschätzte. Man schweifte in die Ferne, nach Mexiko, nach Gstasien, in die Südsee und übersah das Gute, das doch so nahe lag.

Während die Engländer schon in den sechziger Jahren mit türkischer Staatsgarantie die beiden Bahnen Rustschuk-Varna (225 l<m.) und Küstendje-Ezernawoda (6-l: bm) gebaut und im Betriebe hatten, um in das östliche Bulgarien eindringen zu können, hatte Gesterreich- Ungarn bis zu Beginn der achtziger Jahre noch nicht einmal die wichtigsten südöstlichen Linien nach Belgrad, Brod und Novi an die bosnisch-serbische Grenze fertiggestellt. So mußte im Grient inmitten der seit dem Krimkriege dort eröffneten Konkurrenz der europäischen Länder das nächstgelegene Oesterreich - Ungarn, welches schon im Kar- lowitzer Frieden von s699 mit der Türkei einen Handelsvertrag, im Aassarovitzer Frieden von t?I8 einen Meistbegünstigungsvertrag ab­geschlossen hatte und bis in die Mitte dieses Jahrhunderts an erster Stelle stand, bedenklich zurückgedrängt werden, zunächst von England, Frankreich und Rußland.

Durch solchen Entwickelungsgang sind nicht nur die mittel­europäischen, sondern in höherem Grade noch die orientalischen Länder in ihren wichtigsten Lebensinteressen geschädigt worden.

In ihrer Eigenart als Kapitalisten und Händler haben es namentlich die Engländer verstanden, die Länder des Grients rück­sichtslos auszubeuten, ohne auf die wirthschaftliche Hebung derselben,