Oesterreich und die Donau.
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In Oesterreich-Ungarn hat sich der Staat im Allgemeinen damit begnügt, die Donauschifffahrt durch die Beseitigung der ihr hinderlichen alten Berechtigungen, Sonderprivilegien, Gebühren u. dgl. im Verwaltungswege zu befreien und ihr an seinen Hauptorten geeignete Hafen- und Landungsplätze zu sichern. Der Dampfschissfahrts-Gesellschast gegenüber bewahrte er lange Zeit eine wohlwollende, doch zurückhaltende Stellungnahme, obschon der weitblickende Szechenyi gleich anfangs auf die Wichtigkeit der Donau-Dampfschisfsahrt für den Staat hingewiesen, die unentgeltliche Ueberlassung von Kohlen und Holz aus den Kameral- gütern empfohlen und die offen ausgesprochene Protektion der Regierung verlangt hatte, „da Viele die ganze Unternehmung als eine privat- spekulation betrachten, zu der Anglomanie, Neuerungssucht und der gefährliche Zeitgeist I83P trieb". Der Donau-Dampfschifffahrts-Gesell- schast war ein ausschließliches Privilegium für die Dampfschiffahrt auf der Donau ertheilt worden. Als der pariser Vertrag die Freiheit der Donauschisffahrt stipulirte und das Privilegium erlosch, wurde der Gesellschaft durch einen Staatsvertrag von H857 ein jährliches Rein- erträgniß bis zum Betrage von s 920 000 fl. gegen gewisse Verpflichtungen (regelmäßige Besahrung der Donau und ihrer Nebenflüsse, billige Truppen-, freie Postbeförderung u. dgl.) garantirt. Das hierdurch geschaffene Verhältniß befriedigte nach keiner Seite hin und wurde im Jahre H873 gegen eine Abstandssumme von 2 730 000 fl. wieder gelöst, nachdem der Staat in den Jahren von H858—H865 derselben Subventionen in Höhe von insgesammt 8 532 373 fl. gezahlt hatte. Alle Achtung vor den Leistungen der Donau-Dampsschifffahrts-Gesell- schaft — aber welche imponirende und einflußreiche Stellung würde wohl der österreichisch-ungarische Kaiserstaat heute im ganzen Donau- Gebiet und weit darüber hinaus sich erworben haben und einnehmen können, wenn er damals die Donauschifffahrt in ihrer ungeheuren Wichtigkeit begriffen und sich für seines Volkes wirthschaftliche Zwecke und Bedürfnisse eine eigene Handelsflotte auf der Donau geschaffen hätte?
Nun spielt Oesterreich-Ungarn auf der Donau eine minder wichtige Rolle. Im Berliner Frieden hat es sich mit der Aufgabe betrauen lassen, die Hindernisse zu beseitigen, welche der Schifffahrt am Eisernen Thor und bei den Katarakten entgegenstehen, und es kann zur Deckung der Kosten dieser Arbeiten entsprechende Schiffstaxen erheben. Nur allzulange hat man in Wien gezögert, diese ehrenvolle Ausgabe, welche Europa gegeben, eine Ehrenpflicht, zu erfüllen. Bis Ende s883 war mit den Regulirungsarbeiten nicht begonnen worden, angeblich weil über die Durchführung derselben zwischen der österreichischen Regierung in Wien und der ungarischen Regierung in Budapest