Die Roiizessioiiirnng der türkischen Bahnen.
§2
Damals stand Langrand-Dumonceau auf der Höhe seiner Operationen in Oesterreich-Ungarn und die Wiener Regierung sah sich veranlaßt, als Beweis ihrer sreundnachbarlichen Gesinnung gegen den Sultan ihren Schützling als geeignetsten Unternehmer der türkischen Bahnen in Borschlag zu bringen. In Wirklichkeit wollte man in Wien, wie aus einem ini Prozeß gegen Langrand-Dumonceau erwähnten Briese des österreichischen Reichskanzlers, Grafen Beust, an den modernen Ritter einer internationalen Spoliation später bekannt wurde, demselben eine Gefälligkeit gegen eine andere erweisen, d. h. ihn durch Zuwendung des türkischen Eisenbahngeschäftes schadlos halten für erhebliche Verluste, welche er angeblich bei österreichischen Unternehmungen erlitten. In der That wurde Langrand-Dumonceau im Jahre s868 von der Pforte zum Aonzessionär der türkischen Eisenbahnen bestimmt. Allein über den modernen Glücksritter kam das Schicksal so rasch, daß bei seinem jähen Sturz nur kleine Arbeiten von kaum 6 l<m Ausdehnung in Angriff genommen worden waren und er noch nicht einmal das erforderliche Anlagekapital aufgebracht hatte. Obschon die österreichische Regierung sich durch die Empfehlung Langrand-Du- monceau's nicht nur in Aonstantinopel eine bedenkliche Blöße gegeben hatte, so gelang es ihr doch, der Pforte als Ersatz' in der Person des . Baron Hirsch einen neuen, zwar gewandteren und fähigeren, doch nicht weniger gewissenlosen Aonzessionär zu überweisen. Wie aus dem zwischen der Pforte und Baron Hirsch abgeschlossenen ersten Vertrage zu ersehen („^.ctes 6e In concession cles cbemins 6e ter cke lu Tur^uie ck'Aurope", LonstaMinople 1871, Typographie et Imbo- graplne ventrales, 2 s 3 Seiten in Folio) bestand die Aonzession des Letzteren in dem Bau und Betrieb einer von Aonstantinopel nach der Save führenden Eisenbahn mit Abzweigungen nach Salonichi, Schumla und Dedeagadsch. Baron Hirsch verpflichtete sich, diese Bahnbauten auszuführen und den Bahnbetrieb zu übernehmen und er gründete zu diesem Behufe eine ganze Reihe besonderer, auftauchender und verschwindender Gesellschaften, deren Leiter und Seele er indessen blieb. Um das hiezu erforderliche Aapital zu beschaffen, verpflichtete sich die türkische Regierung zur Zahlung eines Betrages von s^OOO Frcs. pro Jahr und Ailometer. Bald gewann Hirsch indeß die Anschauung, daß dieser Betrag ihm nicht den erhofften Gewinn in Aussicht stellte, und um größere Summen zu erhalten, ließ er den bekannten französischen Eisenbahnkönig Talabot, den Haupteigenthümer und Generaldirektor der Linie Paris-Lyon-Mittelmeer, eine für derartige Manipulationen nur zu gut geignete Persönlichkeit, in sein Spiel eingreifen. Talabot verpflichtete sich dem Baron Hirsch gegenüber zur Betriebsüber-