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Zweiter Theil
Entstehung
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das ganze Jahr hindurch anhält und schon zu Moses Zeiten ge­bräuchlich war:

Denn das Land, da Du hinkommst, es einzunehmen, ist »

nicht wie Egyptenland, davon Ihr ausgezogen seid, da Du Dei­nen Samen säen und selbst tränken mußt, wie einen Kohlgarten"

(5. Mos. 11, 10).

Ich würde ungerecht sein, wollte ich sagen, der cgyptische Bauer habe immer Nichts zu arbeiten, wollte ich glauben machen, er sei glücklich, so glücklich, wie ihn die allzu gütige Natur wohl gern gemacht hätte. Gehört ja doch das Feld, welches er bewirth­schaftet, nicht ihm, sondern dem Bicekönig, ist er ja doch durch die rohe Gewalt der Despotie gezwungen, auf dem ihm vom Vater und Ahn angestammten Erbe wie ein Sklave zu arbeiten und von dem Ertrage seiner Ernte nur ein Fünfthcil für sich zu genießen.

Und dann, der freigebige Nil, dieserAbu el baraka" oder Vater des Segens, ist ja nicht überall in ganz Egyptcn gleich mild­thätig und gütig. Da, wo er seine scgenspendcndcn braunen Fluchen nicht hinsenden kann bei seinem niederen Wasserstande, '

soll ja zum zweiten Male und in den höher gelegenen Stellen des Landes das ganze Jahr hindurch gesäet und geerntet werden. !

Am Strome und an den Kanälen, welche das Land nach allen Richtungen hin durchziehen und bei fallendem Nil verdämmt wer­den, um so noch lange Wasser zu halten, steht er, der braune Sehn des Südens, mit dem Schatuhf oder Schöpfeimer in der Hand, in der glühenden Sonne Egyptens und hebt mit seiner, der unserer tiefen Ziehbrunnen ganz ähnlichen Maschinerie das so nöthige Wasser fünf bis acht Fuß in die Höhe. Ueber ihm steht ein Anderer und über diesem noch Einer oder Zwei und alle ver­richten dieselbe Arbeit, so daß der Eimer Wasser oft vier bis sechs Hände durchwandern muß, ehe er oben auf dem dem Felde gleich­hohen Ufer anlangt und dorthin abfließen kann. Nur mit einem Schurz um die Lenden bekleidet, giebt er den ganzen übrigen Kör- f

per der egyptischen Sonne preis; obgleich der Schweiß in Strö- '

men auf seiner Haut hinabrieselt, verrichtet er singend sein Werk