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dahin und wird je nach fünf bis sechs Hütten von einer Querstraße rechtwinkelig durchschnitten. Die Gäßchcn sind sehr eng und durchziehen netzartig den ganzen Platz. In diesen Spelunken woh- ^
nen die Frauen der Soldaten und erziehen die kleine Kriegersamilie.
Man kann sich in der That kaum einen Begriff von der Menge der Bewohner eines solchen Viertels machen. Ungezählte Kindcr- schaarcn schwärmen zwischen den ärmlich gekleideten Weibern herum; sie sind im höchsten Grade schmutzig und zerlumpt, manche fast nackt. Die Soldaten finden sich nur dann bei ihrer Familie ein, wenn sie vom Dienste frei sind. Aus diesen Pflanzschulen der Vertheidiger des Vaterlandes der Egyptcr gehen die meisten liederlichen Weibspersonen hervor. Die aus den Ehen der Krieger entsprossenen Töchter verheirathen sich später wieder an Soldaten oder es bilden sich aus ihnen die öffentlichen Tänzerinnen.
Es gewährt ein eignes Interesse, ein solches Quartier zu besuchen. Man wird sogleich von einer Menge laufender, kriechender und schreiender Kinder, alter und junger Weiber, deren Anzahl ^
sich immer mehr anhäuft, je weiter man kommt, umringt. Hun- '
derte schreien, wie mit einer Stimme: „Chawahdje haht bakh- schiesch!" — Herr, gieb uns Trinkgeld! — Die größte Armuth herrscht überall, leider aber auch eine Unreinlichkeit, welche alle europäischen Begriffe übersteigt. Man sieht Weiber vor den Thüren der Hütten sitzen und Flechtarbeiten anfertigen. Neben ihnen liegt ihr Säugling auf einer Strohmatte, das ganze Gesicht voller Schmutz und dergestalt mit Fliegen bedeckt, daß es davon ganz schwarz ist. Die lästigen, in Egypten zumal zur Zeit der Dattel- reife außerordentlich häufigen Insekten kriechen in die Nasenlöcher und Ohren des Kindes, fressen sich zwischen den geschlossenen Lippen und Augenlidern ein, verwunden diese zarten Theile durch das fortwährende Betasten ihres Säugrüssels und saugen die aus den wunden Stellen ausfließende Feuchtigkeit auf. Das Kind erduldet i
alle Qualen mit der Fühllosigkeit einer Leiche, die Mutter sitzt ruhig daneben, ohne die Fliegen abzuwehren. Der Anblick einer solcher Gruppe ist wahrhaft scheußlich. Hin und wieder sieht man