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DIE TEPPICHFABRICATION.
ie Vergänglichkeit von Producten der Textilkunst hat es der Forschung unmöglich gemacht, greifbare Beweise über das Alter und die frühesten Erzeugungsstätten von Textilien zu er- bringen. Die primitivste Art der Gewebe, das Flechtwerk, dürfte so alt sein wie das Menschengeschlecht; bevor es noch irgend eine Cultur gab, mussten die Menschen ihren Körper und ihre Wohnstätten gegen die Unbilden des Wetters schützen. Hiezu dienten neben den Fellen der Thiere auch Binsengeflechte. Es ist nun selbstverständlich, dass sich sehr bald aus dem durchlässigen Flechtwerk ein dichteres Gewebe entwickelte und an Stelle der kühlen Binsen und Schilfgattungen die wärmende Wolle für diese Gewebe verwendet wurde. Der Sinn für die Abwechslung war schon den ältesten Nomadenvölkern eigen. Die Abwechslung führte zu Vergleichen, der Vergleich ergab den Sinn für das Bessere und Schönere, rief das Bestreben hervor, Schönes zu schaffen, und so entstand die altehrwürdige Textilkunst.
Die Literatur einerseits, sowie die darstellende Kunst andererseits bringen Belege dafür, dass schon tausend Jahre vor Christi Geburt eine hochentwickelte Textilkunst bestanden hat. Die ältesten uns erhaltenen Gewebe stammen aus dem 2. Jahrhundert n. Chr. und sind durch die Funde in den Koptengräbern zu Tage gefördert worden; sie beweisen, dass vor beinahe 2000 Jahren in Aegypten gobelinartige Gewebe erzeugt wurden, die sich bis zum heutigen Tage erhalten haben und die von einer ausserordentlichen Fähigkeit der Alten nicht nur in der Ornamentik, sondern auch in der Technik des Färbens und des Webens, respective Wirkens Zeugnis geben. Ob nun Aegypten die Wiege der Textilkunst ist, ob Centralasien oder China, bleibe dahingestellt. Die frühesten Erzeugungsstätten von Teppichen speciell dürften in Centralasien zu finden sein, wofür die schon unter der persischen Dynastie der Sassaniden hochentwickelte Teppichweberei spricht. Die Entstehung des ältesten, uns noch erhaltenen alt-orientalischen Teppichs wird durch Alois Riegel in das Jahr 1202 verlegt. Die Frage, ob sich unabhängig von Asien in Europa eine Teppichweberei entwickelt hat, ist vielfach discutirt worden. Alois Riegel beweist an der Hand von Fragmenten, dass sowohl in Deutschland als auch in Scandinavien im 13. Jahrhundert eine von der orientalischen verschiedene Technik der Teppichknüpferei bekannt war. Wie dem auch sei, die Teppichweberei fand ihren eigentlichen Eingang in Europa durch die Mauren in Spanien, der Teppichhandel aber durch die Kreuzzüge.
Die arabische Teppichweberei machte, auf europäischen Boden verpflanzt, durch die verschiedene Verwendung der Teppiche eine neue Wandlung durch. Wenn im Orient die Teppiche als Bodenbelege für Zelte und für rituale Zwecke verwendet wurden, so bestreute man in Europa den Fussboden mit Binsen und wohlriechenden Kräutern. Teppiche wurden hier fast ausschliesslich zum Schmucke der Wände in Kirchen und fürstlichen Palästen gebraucht; hieraus ist erklärlich, dass sich die Wandteppich-Erzeugung schon im frühesten Mittelalter des Schutzes der Kirche und der Fürsten erfreute und die leppichweber früher als alle anderen Gewerbetreibenden ihre organisirten Gilden besassen.
Die Gross-Industrie. IV.
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