die es an Aufträgen fehlen Hessen. Erst das Vorjahr und das Jubiläumsjahr brachten einige derartige Ausführungen, wie die russische Kirche in Wien und einige Objecte in der Ersten österreichischen Thon-Industrie-Fachausstellung und in der Prager Gewerbe-Ausstellung.

Mehr Erfolg bot die Fliesenfabrication, die aus einem steingutartigen Material erstellt, einfarbig glasirt auch ober oder unter der Glasur bemalt oder bedruckt werden. Früher musste man diese Fliesen entweder aus dem Mutterlande dieser Fabrication, aus England oder aus Frankreich und Deutschland beziehen. Im Laufe der Jahrzehnte ist diese für den Innen- und Aussenschmuck des Hauses, für Läden und öffentliche Locale, Bäder so wichtige Production in Oesterreich zu einer hohen Stufe der Vollendung emporgeblüht, und können unsere Erzeugnisse in vollen Wettbewerb mit dem Auslande treten. Man hat den hygienischen Werth dieser Fliesenverkleidungen in ihrem vollen Umfange erkannt und ver­wendet sie heute bereits an allen Orten, wo ein grosser Menschenverkehr herrscht, wo Lebensmittel aus­geboten werden und daher die peinlichste Reinlichkeit herrschen muss.

Die Regierungszeit unseres erhabenen Monarchen hat auch viele Wandlungen auf dem Gebiete der Dachdeckung mit Thonmaterial gebracht. Eine ganze Reform der Deckung ist erfolgt, welche das Alte zu verdrängen sucht.

Bis vor 20 Jahren kannte man in Oesterreich kaum mehr als einige Formen von Thondachziegeln. In den deutschen und slavischen Ländern verwendete man nur den gerade oder im Segment abgeschnittenen Biberschwanz, der wie die in Italien üblichen Hohldachziegel im Handstrich hergestellt wurde. Die erste Wandlung bestand darin, dass man Strangziegelpressen auch für die Herstellung von Dachziegeln zu benützen begann. Anderseits erstreckte sich die Reform auf die Form der Ziegel und die Herstellungsart. Man erfand die sogenannten Falzziegel mit Nuth und Falz, die sich an den Rändern an dem neben­liegenden Ziegel zu einem Ganzen verbanden und daher eine feste und sichere Dachung ermöglichen. Diese Ziegel, später auch Doppelfalzziegel, fanden in Oesterreich nach der vorletzten Pariser Welt­ausstellung im Anfänge in grösseren Fabriken Eingang. Neue Formen traten hinzu, und ver­zeichnen wir heute hunderte von derartigen Dachfalzziegel-Patenten. Zwei Drittel der österreichischen Ziegelfabriken erzeugen jetzt diese Dachsteine, die aus von der Strangpresse ausgepressten Thonplatten durch Nachpressung in Formen auf eigenen Frictions- oder Revolverpressen hergestellt werden. Viel einfacher in der Herstellung, ganz abgesehen von der unerlässlichen, sorgsameren Vorbearbeitung des Thones, sind die später erfundenen «Strangfalzziegel». Sie werden fertig auf der Strangfalz-Ziegel­presse ohne weitere Nachpressung hergestellt. Beinahe täglich werden neue Patente auf Dachfalzziegel ertheilt, und finden dieselben, da man auf diesem Gebiete Wechsel liebt, in den Fabriken Eingang und Anwendung.

Auch bunte Dachdeckungen finden immer mehr Anklang. Glasirte Dachziegel sind heute zu einem ständigen Artikel jeder Ziegel- und Thonwaarenfabrik geworden und verallgemeinern sich für Kirchen, Villenbauten und nicht allzuhohe Nutzbauten immer mehr. Die grössten Leistungen dieser Art sind die Dachdeckungen des St. Stephansdomes und der Brigittenauer Kirche in Wien.

Ein ganz eigenartiges Gebiet der Thonindustrie ist der Ofenbau. Als Heizmaschine war der Thonofen immer der beste Apparat und konnte durch alle technischen Neuerungen der Heizungstechnik nicht verdrängt werden. Wenn auch in einem anderen Kleide und neueren Einrichtungen, ist er noch immer der alte Freund des Hauses geblieben.

Der Thonofenbau der neueren Zeit setzt sich aus der Technik der Kachelherstellung, aus der Architektur und der decorativen Kunst zusammen. Der Thonofenbau hat in den letzten Jahren den gewerblichen Boden, die beschränkte Production immer mehr verlassen und ist zu einer Fabriksindustrie emporgeblüht, die nicht nur die Herstellung von Luxus- und Kunstöfen, sondern auch von billigen Oefen in Massenherstellung betreibt. Die grosse Bauthätigkeit, die Riesenhäuser, die Dutzende von Thonöfen beanspruchen, konnte das wohl tüchtige, doch wenig leistungsfähige Hafner- oder Töpfergewerbe, das nicht auf eine Massenproduction eingerichtet war, nicht bewältigen. So bot das Hafnergewerbe in Wien noch in den ersten Jahrzehnten der Regierungszeit unseres Monarchen hervorragende Leistungen, als die kunstgewerbliche Reform alle Kreise zu neuem Schaffen begeisterte. Grosse Künstler wie Th. Hansen widmeten dem Thonofenbau die grösste Aufmerksamkeit und entwarfen Prachtkamine und Luxusöfen,

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