Im Jahre 1807 belief sich der Absatz auf eine halbe Million Gulden, der Reingewinn erreichte im Jahre 1816 die höchste Ziffer mit 85.000 Gulden. Im Ganzen hat die Fabrik dem Staate einen Gewinn von i'/ 2 Millionen Gulden gebracht. Auch in künstlerischer Beziehung waren die Erzeugnisse derart, dass sie die Concurrenz mit den berühmten Fabriken zu Meissen und Sèvres nicht zu scheuen hatten.

Inzwischen hatte aber die Privat-Industrie in Böhmen, auf welche wir gleich zu sprechen kommen, einen derartigen Aufschwung genommen, dass unter dieser Concurrenz die kaiserliche Manu- factur in eine Periode raschen Niederganges trat. Zudem war auch die Leitung nicht immer in richtigen Händen. Im Jahre i83o waren nur noch 151 Arbeiter beschäftigt, und bald darauf musste der Staat neue Vorschüsse gewähren, um die Fabrik über Wasser zu halten. Die Fabrik vegetirte noch eine Reihe von Jahren fort, bis der erste Reichsrath zusammentrat und nicht blos im Hinblicke auf die schlechte ökonomische Lage der Fabrik, sondern auch unter Betonung des Princips, dass in dieser Industrie eine Staatsfabrik überhaupt keine Berechtigung habe, im Jahre 1865 die Auflösung der Fabrik beschloss.

Auch in anderen Städten des europäischen Continents waren Staatsinstitute für die Porzellan- fabrication begründet worden. Ausser den erwähnten Fabriken in Wien und Meissen gab es solche in Berlin, zuerst als Privatunternehmen begründet, im Jahre 1763 durch Friedrich II. in Staatseigen­thum übernommen; Höchst (bei Mainz), gegründet 1740, aufgelassen 1794; Fürstenberg a. d. Weser, vom Fürsten Carl von Braunschweig im Jahre 1750 begründet, jedoch bald wieder eingegangen; Baden, gegründet 1753, aufgelassen 1778; Frankenthal, gegründet 1761, aufgelassen 1800; Nymphenburg, gegründet 1747, aber bald wieder eingegangen; Ludwigsburg, gegründet 1758, aufgelassen 1824; Fulda, gegründet 1760, aufgelassen 1780; Waltersdorf und Limburg, gegründet 1712, in Folge starker Privatconcurrenz wieder aufgelassen; Buen Retiro (Spanien), gegründet 1758, aufgelassen 1812; Capodimonte (bei Neapel), gegründet 1736, aufgelassen 1825; Petersburg, gegründet 1756, ausschliesslich für den russischen Hof; Kopenhagen, gegründet 1772, vom Staate subventionirt, besteht noch.

Die Privat-Industrie in der Porzellanfabrication siedelte sich nicht in Wien an, sondern in der Gegend des Rohstoffes und der billigen Arbeitskräfte, im nördlichen Böhmen. In der Nähe von Karls­bad, am linken Ufer der Eger, befanden sich mächtige Lager von Caolin der besten Qualität, welche auf die Porzellan-Industrie naturgemäss eine grosse Anziehungskraft ausübten.

Die Anfänge der Porzellan- und Steinguterzeugung in Böhmen datirt Prof. Dr. O. Weber («Die Entstehung der Porzellan- und Steingut-Industrie in Böhmen», Prag 1894) in das Jahr 1789 zurück. Damals hatte ein Bauer namens Franz Haberditzl im Dorfe Rabensgrün bei Schlaggenwald die ersten Versuche mit der Erzeugung von Steingutgeschirr aus einer weissen Thonerde gemacht. Er Hess die Erde bei einer deutschen Porzellanfabrik auf ihre Qualität prüfen und ging, da die Prüfung zur Zufrieden­heit ausfiel, an die Gründung einer Gewerkschaft, welche im Jahre 1791 die Fabrik errichtete. Als technischer Leiter wurde Johann Gottlieb Sonntag aus der Porzellanfabrik in Rudolstadt berufen oder vielmehr entführt. Solche Weglockungen kamen damals, da das Fabriksgeheimnis streng gehütet wurde, ziemlich häufig vor. Der kaiserlichen Porzellanfabrik hatte beispielsweise im Jahre 1737 der Marquis Ginovi, toscanischer Gesandter am Wiener Hofe, die tüchtigsten Leute genommen und sie nach Doccia bei Florenz in die eigene Fabrik kommen lassen.

Die Gewerkschaft bestand aus 25 Theilhabern, welche zusammen 128 Antheilscheine im Werthe von ca. 4000 fl. hatten.

Im Mai 1772 erstand bereits die zweite Porzellanfabrik, welche Johann Georg Paulus, der frühere Bergmeister in den kaiserlichen Bergwerken in Böhmen, in der Nähe von Schlaggenwald errichtete. Beide Fabriken bewarben sich um das Fabriksbefugnis, wurden jedoch aus Rücksichten auf die kaiserliche Porzellanmanufactur in Wien abgewiesen. Die Fabrik von Haberditzl ging im Jahre 1793 wieder ein.

Im Jahre 1799 sah sich Paulus genöthigt, seine Fabrik zu verkaufen; sie wurde von Frau Louise Greiner, welche in Gera im Vogtlande eine Porzellanfabrik besessen hatte, übernommen. Nach ihrem Tode ging die Fabrik in die Hände ihres Schwiegersohnes, des Bergphysicus Lippert über,

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