Schatzlar wurde die 1561 abgebrannte Glashütte wieder aufgebaut, die dann durch Jahrhunderte fortarbei­tete. Auch in der Gablonzer Gegend fallen die ersten Glashiitten-Gründungen in diese Zeit; zwischen : 54 ^ un d 1547 wird durch Adam von Wartenberg in Grünwald die erste Glashütte ins Leben ge­rufen. Als ihr Erbauer gilt ein gewisser Franz Kuntze, und sollen ihre ersten Arbeiter aus der Gegend von Haida, wo die Wartemberge begütert waren, gekommen sein; diese Hütte ging später in den Besitz der Schürer über, von welchen Hans Schürer im Jahre 1558 bereits eine Hütte im nahen Laban er­richtet hatte und nun den Betrieb beider Hütten vereinigte. In den genannten Niederlassungen treten uns demnach die Anfänge der Gablonzer Glas-Industrie entgegen, die später in der Glaskurzwaaren- Erzeugung eine so bedeutsame Entwicklung gefunden hat. Neben den Wartembergen zeichnet sich auch das Geschlecht der Rädern durch industrielle Gründungen aus. Melchior von Rädern, der in den Türken­kriegen als Heerführer sich hervorgethan, rief im Jahre 1604 die Glashütte Friedrichswald ins Leben, als deren Gerichtsverwalter und Hüttenmeister wir Peter Wanderer, den Stammvater der Wanderer von Grünwald, finden.

Der dreissigjährige Krieg führte den Ruin der meisten böhmischen Glashütten herbei, indem die Hütten und Schleifereien bei den vielfachen Ueberfällen und Kriegszügen zerstört wurden. Die Industrie erholte sich jedoch rasch von diesen schweren Schlägen, so dass schon der Historiker Baibin im Jahre 1679 eine grosse Anzahl böhmischer Hütten, die in bestem Flor standen, anführen kann. Auf der Herr­schaft Pürglitz allein sollen, wie er mittheilt, 20 Hütten in dieser Zeit entstanden sein. Freilich ist dies wohl ein Missverständnis, indem es sich da mehr um Hüttenwanderungen gehandelt haben dürfte. Besonders im Königgrätzer und Pilsener Kreise soll die Industrie stark verbreitet gewesen sein, und die Hütte des Grafen Kaunitz bei Neuschloss und die Planer Hütte in der Gegend von Pilsen sollen die vornehmsten Erzeugnisse geliefert haben. In Südböhmen sind die Herrschaften der Fürsten Eggen­berg und der Grafen Buquoy Sitze einer blühenden Glas-Industrie. Dem böhmischen Theile des Riesen­gebirges entstammt eine zweite Glasmeisterfamilie, die der Schürerschen an Bedeutung nicht nachsteht; es sind dies die Preussler, die in ihrer Heimat sowohl zu Reiditz und Sahlenbach letztere Ortschaft wurde bereits als Vorläuferin der gräflich Harrachschen Hütte zu Neuwelt erwähnt als auch im Böhmerwalde als Glasmeister sassen. Ein Mitglied dieser Familie, Wolfgang Preussler, gründet im Jahre 1617 bei Schreiberhau in Schlesien, wo bereits seit dem Jahre 1060 eine Hütte beurkundet ist, eine Glashütte, die für die schlesische Glas-Industrie vorbildlich wirkte und bis zum Jahre 1841 im Besitze der Familie Preussler blieb. Der Schwiegersohn des letzten Preussler war Franz Pohl, der aus einer angesehenen böhmischen Glasmeisterfamilie stammt und i8i3 zu Neuwelt geboren wurde. Er erregte durch seine fachliche Tüchtigkeit die Aufmerksamkeit des Grafen Leopold Schaffgotsch, der ihm im Jahre 1841 den Bau und die Einrichtung der Josefinenhütte übertrug; unter seiner Leitung wurde diese Fabrik die hervorragendste und beste Hütte in Preussen.

So sehen wir durch den Einfluss der Preussler und Pohl die Glaskunst-Industrie in Schlesien zu einer ähnlichen Blüthe gebracht, wie sie Böhmen zu verzeichnen hatte, und Neuwelt auf der öster­reichischen, Josefinenhütte auf der preussischen Seite des Riesengebirges zeugen beide in gleichem Maasse von der Begabung und Tüchtigkeit dieser deutsch-böhmischen Glas- und Hüttenmeister. Andere schlesische Hütten verdanken ihre Entstehung protestantischen, in Folge der Gegenreformation aus Böhmen vertriebenen Glasmachern. So wurde z. B. 1651 bei Schwarzbach im Isergebirge durch den geflüchteten böhmischen Glasmeister Martin Scholze eine Hütte errichtet. Gleiche Förderung erfährt auch die thüringische Glas-Industrie durch böhmische Einwanderung; der aus Böhmen 1595 vertriebene Glasmacher Christof Müller ist einer der Gründer der Glas-Industrie zu Lauscha, welche heute einen Weltruf geniesst.

Noch in unseren Tagen werden böhmische Glasmacher nach Italien, Griechenland, der Türkei, Rumänien, nach Russland, ja selbst nach Amerika berufen; so macht sich denn der böhmische Einfluss in der mannigfachsten Art und Weise auf dem ganzen Gebiete der Glas-Industrie bemerkbar.

Auch die übrigen österreichischen Kronländer können auf eine frühzeitige Entwicklung der Glas­industrie hinweisen. In dem Böhmen benachbarten Mähren dürfte schon im 14. Jahrhundert Glas erzeugt worden sein, denn in einem Vertrage vom Jahre 1376 verpflichtet sich Nicolaus Queisser,

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