Wir sehen demnach in frühen Zeiten in ganz Oesterreich Glashütten erstehen und vom 16. Jahr­hundert an eine intensive Gründungsthätigkeit platzgreifen. Doch vornehmlich in Böhmen erlangte die Industrie im 17. und 18. Jahrhundert jene Höhe, durch die sie tonangebend wurde und Venedig vom Weltmärkte verdrängte.

II. Technische Entwicklung.

Natürliche Verhältnisse waren es, welche die Blüthe der böhmischen Glas-Industrie hervorriefen. Die ausgedehnten Wälder der Gebirge Böhmens, die im Böhmerwald noch heute theilweise den Urwald­charakter tragen, mit ihrem sowohl als Brennmaterial, wie zur Glasasche verwendeten Holz, die reichen Lager von reinem Quarz, die sich in den böhmischen Gebirgen vorfinden, die arbeitsame und begabte Bevölkerung des Landes bildeten die Voraussetzungen für ihre so hohe Entwicklung.

In dem Glasofenbau hat die böhmische Industrie gegenüber der früheren Entwicklung keine eigentlichen Fortschritte zu verzeichnen gehabt. Die Glasöfen, wie sie uns von dem Mönch Theo­philus im 12. Jahrhundert in seiner «Schedula diversarum artium», im i 3 . Jahrhundert von dem Ita­liener Heraclius in seinem Werke «De artibus et coloribus Romanorum», im 16. Jahrhundert von Georg Agricola, dem berühmten Begründer der Mineralogie und Hüttenkunde, in seinem Buche «De re metallica» und von Johannes Kunkel, dem bekannten Erfinder des Goldrubinglases, in seiner 1689 erschienenen «Ars vitraria experimentalis» geschildert werden, zeigen keine wesentlichen Fortschritte, wenn auch die Glastechnik sonst Verbesserungen erfuhr. Die Glas-Industrie beruhte auf reiner Empirie und war _bis in unser Jahrhundert hochconservativ. Die Glashütten des Mittelalters hatten in der Regel drei Oefen: den Schmelzofen, den Frittofen und den Kühlofen, die allerdings in manchen Hütten auf zwei und selbst einen Ofen reducirt waren, in welchem Falle dieselben mehrere Functionen in sich vereinigten und eigene Kühl- und Frittabtheilungen hatten. Das Glasgemenge erfuhr eine Vorschmelzung in dem Frittofen, wurde hierauf mit Wasser abgeschreckt, in Stücke geschlagen, so nach Agricola nach Theophilus wurde es in noch heissem Zustande überschöpft, und machte in dem Schmelzofen die eigentliche Schmelzung und Läuterung durch, die durch zwei Tage und zwei Nächte fortgesetzt wurde, wenn die Erzeugung reinen Glases beabsichtigt war. Das Abstehenlassen (Kaltschüren) war noch nicht bekannt, wodurch sich die schlechte Läuterung der mittelalterlichen Gläser erklärt. Ein wichtiges Erfordernis während der Schmelze war das Heizen mit gedörrtem Holze, das mit lichter Flamme brannte und keinen Rauch verursachte. Dieses Holz wurde über dem Ofen getrocknet und dazu war wahrscheinlich unter dem Dache das Balkenwerk eingerichtet, welche Vorrichtung sich noch heute in Hütten des Bairischen Waldes findet. Ebenso gab es schon damals die Zurichtkammern, welche «reinliche Orte» hiessen. Statt des viereckigen Grundrisses erhielt der Ofen später eine kreis­runde Form, die jedoch in der Folge wieder zu Gunsten der viereckigen zurücktrat. Die deutschen Oefen verlegten den Feuerherd in den Schmelzraum selbst und wurde das Holz ohne Rost zur Ver­brennung gebracht. Erst zu Ende des vorigen Jahrhunderts wurde die Rostfeuerung bei den Oefen im nördlichen Frankreich von dArtigues eingeführt, nachdem sie in England schon früher bei der Stein­kohlenfeuerung üblich war. Aber sehr langsam brach sich diese Verbesserung Bahn, weil man von dem Einströmen kalter Luft durch die Lücken Schaden für die Hafen befürchtete. Ein wesentlicher Fortschritt erfolgte dann weiter, indem man das Brennmaterial nicht direct zur Flammenentwicklung brachte, sondern, nach dem Vorbilde der Hochöfen in der Eisen-Industrie, erst vergaste.

Oesterreich hat sich, wie H. Stegmann in seinem Werke «Gasfeuerung und Gasöfen» (II. Auf­lage, Berlin 1889) hervorhebt, um die Ausbildung der Gasfeuerung das grösste Verdienst er­worben. Eine Commission von österreichischen Hüttenleuten wohnte im Jahre 1837 den Heizversuchen mit Gichtgasen des Bergrathes Fabre du Faur zu Wasseralfingen bei, und in Folge der dort gemachten Erfahrungen wurde auf dem k. k. Eisenhüttenwerk Jenbach (Tirol) i 83 g und dann 1842, mit besserem Erfolge, auf dem k. k. Gusswerke zu St. Stephan in Steiermark eine Einrichtung getroffen, um die Holz­kohle in Generatoren zu vergasen und die Gase unter Zuführung gepresster, atmosphärischer Luft in von den Generatoren entfernten Heizräumen zur Verbrennung zu bringen. Auch auf dem Gebiete der

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