ein Rubin-Glas herzustellen, das allen Ansprüchen genügt und dem Kunkelschen ebenbürtig erscheint, allerdings nicht auf österreichischem Boden, sondern in der rheinischen Fabrik Ehrenfeld, deren Director Oscar Rauter dieses lang gesuchte, unter Kunkel gefundene und nach ihm wieder verloren gegangene Glasfarben-Ideal verwirklichte. Dafür wurde in Oesterreich vor einigen Jahren eine Rosafarbe hergestellt, und zwar vom Glasfabrikanten Franz Welz in Klostergrab und der Firma S. Reich & Co., welche unter dem Namen Crème oder Lachsrosa vielen Anklang fand; in jüngster Zeit wurde von Dr. Alfred Reich ein Patent auf ein neues Himbeerrosa genommen, so dass über Mangel an Bestrebungen auf diesem Gebiete nicht zu klagen ist.

Neben dem durchsichtigen (transparenten) Farbenglas erfreut sich auch das halbdurchsichtige und das undurchsichtige (opake) in Oesterreich einer bedeutenden Förderung; so das Milch- (auch Bein­glas genannt), Alabaster- und Opalglas, sowie die verschiedenen Färbungen desselben, wie Chryso­pras (grünes), Turquis (blaues), rosa du Barry (rosa Beinglas). Alabasterglas wird in Böhmen erst seit Anfang dieses Jahrhunderts erzeugt. Anfangs wurde die Trübung durch eine Art Entglasung herbei­geführt, welches Glas unter dem Namen Reaumursches Porzellan bekannt ist; später durch Verwendung von Knochen, Guano, Federweiss, Kryolith, Feld- und Flusspath. Milch- oder Beinglas wurde in Böhmen in hervorragend schöner Qualität erzeugt und die älteste Trübung mit Zinnoxyd bewirkt, welches schon von Neri empfohlen wurde. Kunkel wendete Knochenasche an. 1860 kam dann der schon erwähnte Kryolith auf, und als dieser durch ein Monopol vertheuert wurde, wurde derselbe auf der Glasfabrik Krasna der Firma S. Reich & Co. durch eine Composition ersetzt, welche ein gleich schönes Glas lieferte, und die seitdem vielfach Nachahmung gefunden hat.

Diese Glassorten haben durch den Aufschwung der Beleuchtungs-Industrie eine ungleich grössere Bedeutung gewonnen wie früher, da sie gegenwärtig zur Massenerzeugung der Lampenschirme, Gas­schalen, Ballons für elektrische Beleuchtung dienen. In neuester Zeit wird sogar ein künstlicher Kryolith fabricirt, der fast die gleiche chemische Zusammensetzung wie der natürliche besitzt.

Auf die Erzeugung des ganz dunkeln, undurchsichtigen, schwarzen Glases (sogenanntes Hyalit- glas) erhielt Graf Buquoy im Jahre 1820 ein achtjähriges Privileg; es wurden daraus Thee-, Kaffee- Service etc. gemacht. In neuerer Zeit wurden durch Anwendung von Vorblas-Formen eine Reihe neuer Farbenkunstgläser hergestellt, so besonders das Atlasglas und das Floretglas, ferner durch Ein­schmelzen von Glimmerblättchen ein schönes Perlmutterglas und nach französischem Muster die Ober­fläche der Gläser mit metallischem Lustre bedeckt, ebenso die Herstellung des Eisglases (verre cra­quelé) vervollkommnet. Auch das Irisglas ist eine Schöpfung der neueren Zeit, obgleich nach Henri- vaux bereits aus dem Jahre 1752 ein Recept für dasselbe vorliegt. Das Umspinnen der Gegenstände mit Glasfäden wurde durch einfache Spinnmaschinen wesentlich erleichtert, sowie durch die Lippendruck­vorrichtungen die Ränder der Gläser mannigfaltig gestaltet und durch dieses Verfahren das sogenannte Baroqueglas erzeugt, welches vielfache Anwendung fand. Als besondere Specialität cultivirt die Er­zeugung neuartiger opaker Farbengläser die Firma Joh. Lötz Witwe in Klostermühle, welche hierin fast jedes Jahr Novitäten bringt und durch ihr Marmor-, Onyx-, Jaspis-, Intarsia- und ähnliche Gläser auf den meisten in- und ausländischen Ausstellungen berechtigtes Aufsehen hervorruft. Da die Fabrication des Farbenglases zum grossen Theile kunstgewerblichen Charakter trägt, so wird auf dasselbe noch zurückzukommen sein.

Vom farbigen Glas wohl zu unterscheiden ist das sogenannte naturfarbige, das gewöhnliche grüne und braune Glas, welches besonders zur Flaschenfabrication verwendet wird. Während das eigent­liche Farbenglas den Höhepunkt der Glasschmelzkunst darstellt und ungezählte Farbennuancen die Früchte Jahrhunderte alten Bemühens sind, stellt sich das grüne oder braune Glas ohne sonderliche Mühe ein, denn die Färbung beruht auf der Verwendung unreiner Materialien stellt demnach eine wirkliche Naturfarbe dar. Der Kreis jener Materialien, die zur Erzeugung dieses Glases dienen, ist ein sehr weitgestreckter, und vom Basalt bis zur Eisenschlacke hinauf werden gar viele Stoffe in den Glasofen eingelegt, die für die Glasfabrication eigentlich nicht prädestinirt erscheinen.

Der Consum in Flaschen ist ein geradezu ungeheurer; an 70,000.000 Stück werden jährlich in Oesterreich erzeugt, das sich allerdings mit Deutschland in diesem Artikel nicht vergleichen kann, wo

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