die Production bei 700,000.000 Stück umfasst. Die Grundlage für diese Massenerzeugung bildet die schon früher bei den verschiedenen Ofensystemen geschilderte Wanne, die für diesen Zweck mit einem Fassungsraume von 800 q und mehr angelegt wird. Deutschland war uns in der Errichtung dieser Wannen weit voraus, eine namhafte Zahl österreichischer Grünglashütten wurde durch das deutsche Wannenproduct zum Stillstände gebracht. In Bier- und Weinflaschen war eine Concurrenz gegenüber dem neuen System ganz ausgeschlossen. So hat beispielsweise die Fabrication von Champagner-Flaschen, die schon im ersten Decennium unseres Jahrhunderts auf der Fabrik der Gebr. Robert bei Hallein und in anderen Hütten schwunghaft betrieben wurde, fast zur Gänze aufgehört. Die Flaschenglas-Fabrication erstand erst dann wieder im Inlande, als sie selbst das Wannensystem adoptirte; die Glashütte-zu Aussig, die 1872 gegründet wurde, war die erste, welche diesen Weg betrat, ihr folgte dann Siemens mit seiner grossen Anlage zu Neusattl bei Elbogen, und gegenwärtig finden sich Grünglaswannen nicht blos in Böhmen, sondern auch in Mähren und Steiermark.

Die Qualität des erzeugten Productes ist eine bedeutend bessere wie früher; die Druckfestigkeit, an die bei Champagner-, Selters- und Sodawasser-Flaschen grosse Ansprüche gestellt werden, ist ungleich höher, ebenso die Widerstandsfähigkeit gegen die stärksten Säuren, wie z. B.: Schwefel-, Salpeter- und Salzsäure, die bekanntlich in Glasballons aufbewahrt werden. In Millionen Stücken werden namentlich Mineralwasser-Flaschen gebraucht. Unsere weltberühmten böhmischen und steirischen Curorte sind, seitdem sie die Steinkrüge mit Glas vertauscht haben, hierin die Hauptconsumenten geworden in Folge der immer zunehmenden Versendung der Quellenproducte. Auch die Erzeugung hat wesentliche Fortschritte zu verzeichnen.

Durch die Anwendung des Einstich- und Patentbodens wird die Herstellung des Flaschenbodens wesentlich erleichtert, durch die federnde Zange die Gleichmässigkeit der Halsgestaltung gesichert und durch das Trittmodel die Erzeugung erleichtert, so dass dieser Massenartikel gleichwohl in tadelloser Qualität hergestellt wird.

Das ordinäre weisse Glas dient vornehmlich für den Bedarf des Inlandes, nur von steirischen Hütten aus findet ein Export dieses Artikels nach Italien und dem Orient statt. Auch für die Erzeugung dieser Glassorte wurde das Wannensystem in Anwendung gebracht, und zwar von der Firma Gasteiger in Josefsthal (Steiermark) in den Jahren 1882 bis 1885, ferner in der Glasfabrik Voitsberg der Firma S. Reich & Co. vom Jahre 1886 bis 1889. Doch hatten diese Versuche keinen befriedigenden Erfolg, da die Glasfarbe zu wünschen übrig liess; deshalb wurde von beiden Firmen wieder auf den alten Hafen­betrieb zurückgegriffen.

Eine hohe Leistungsfähigkeit besitzt Oesterreich auf dem Gebiete des Schleifglases und zeichnet sich darin sowohl durch schöne Farbe, wie auch vollendete Machart aus.

In Gläsern für medicinische und chemische Zwecke hat jedoch die deutsche Industrie einen Vorsprung, und wenn auch einige Firmen in Oesterreich existiren, die ein tadelloses Product wir erinnern nur an die weltbekannten böhmischen Verbrennungsröhren erzeugen und auch einen grösseren Export in diesem Artikel haben, so ist doch nicht zu leugnen, dass diese Specialität, die besonders in Thüringen seit Hunderten von Jahren geübt wird, in Deutschland auf einer höheren Stufe steht. Gerade in den letzten Jahren hat der bekannte Glas-Chemiker Schott durch die Herstellung seines Normalglases und des Verbundglases gezeigt, welche Erfolge sich erzielen lassen, wenn Theorie und Praxis Hand in Hand gehen; es muss deshalb unser Streben sein, ihm auf dem eingeschlagenen Wege zu folgen. Die Fabrication von Uhrgläsern, die noch um die Mitte unseres Jahrhunderts einen bedeutenden böhmischen Glasartikel bildeten, haben wir ganz an die deutsche Glas-Industrie verloren.

Als ein Kind des 19. Jahrhunderts präsentirt sich das gepresste Glas, wenn sich auch für das­selbe eine viel ältere Ahnenreihe construiren lässt. Schon die Alten stellten manche Dinge, so z. B. die Scarabäen- (Käfer-) Platten, Ohrgehänge, Säulen, Capitäle durch Giessen her; später aber ging dieses Verfahren wieder verloren. Kleine Gegenstände, wie z. B. Löffel und Salzfässer, wurden auch bei uns so hergestellt, dass sie mit der Pfeife in die Form gebracht und dann in derselben ohne Blasen aus­gepresst wurden. Jedoch wirkliches Presshohlglas ist uns, wenn« wir von einigen chinesischen Gläsern, die aus dem 18. oder gar 17. Jahrhundert stammen sollen und gepresst sind, absehen, erst aus dem

Die Gross-Industrie. II. 15

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