einzuführen. Diese Wanne war einige Jahre in Betrieb, wurde jedoch von dem späteren Besitzer, da sie nicht entsprechend functionirte, cassirt und wieder in einen Hafenofen umgewandelt. Zu grösserer An­wendung gelangte das System nur auf den Fabriken der Firme J. D. Starck, sowie auf der Fabrik Blei­stadt in Böhmen, die von hervorragenden deutschen Glasfabrikanten gegründet wurde. Durch die Verbesse­rung der Nebenöfen, insbesondere durch die Einführung des Canal-Streckofens von Bievez, sowie durch die Verbesserung der Strecksteine wurde ein bedeutender Fortschritt in der Qualität des Tafelglases erzielt.

Auf eine alte Vergangenheit blickt in Böhmen ferner die Spiegelglas-Industrie zurück. Durch neueste Forschungen ist nachgewiesen, dass bereits die Römer den Gebrauch von Glasspiegeln mit Blei und sonstigem Belage gekannt haben. In Deutschland entwickelte sich die Spiegelglas-Industrie besonders im Gebiete des Bairischen Waldes; von dort aus wurde dieselbe in den benachbarten Böhmischen Wald verpflanzt. Als eine der ältesten Spiegelhütten erscheint die Stögerhütte bei Deutsch- Wallern es ist dies die in dem Testament von Stöger angeführte, bereits erwähnte Hütte denn ihrer wird im Jahre 1591 in einem Vertrage zwischen Wilhelm von Rosenberg und dem Besitzer Sieg­mund Stöger als Spiegelhütte gedacht; sie dürfte jedoch nicht die einzige gewesen sein, denn der Arzt und Mathematiker Philipp Appian, der für Albrecht V. eine umfangreiche Karte von Baiern auf­genommen und 1566 in Holz geschnitten herausgab, sagt auf Tafel 12 dieser sogenannten 24 bairischen Landtafeln: «Officinae vitri et speculorum non paucae juxta Bohemiam silvam» (Glas- und Spiegelhütten gibt es nicht wenige im Böhmischen Walde) und verzeichnet auf seiner Karte drei Hohlglas- und vier Spiegelglashütten. Es ist demnach anzunehmen, dass bereits vor dem Jahre 1591 solche Hütten auch im Böhmerwalde bestanden haben.

Die Herstellung der geblasenen Spiegelgläser unterscheidet sich nicht wesentlich von der des gewöhnlichen Fensterglases; nur wird Spiegelglas später belegt und erfordert daher vor dem Belag noch eine Raffinirung. Eine besondere Stellung in dieser Industrie nimmt die Spiegelmanufactur in Bürgstein ein, welche 1753 durch den um die böhmische Glas-Industrie hochverdienten Grafen Josef Max Kinsky gegründet wurde. Zur Herstellung des für die Manufactur nöthigen Spiegel-Rohglases gründete er 1753 im benachbarten Stubenbach eine Spiegelglashütte, deren Werkführer er aus Nürnberg herbeirief; etwa i 32 Arbeiter waren zu dieser Zeit dort beschäftigt, der jährliche Umsatz betrug 40.000 bis 60.000 fl., wovon die Hälfte ins Ausland, besonders nach Egypten ging. Das Bürgsteiner Spiegel­glas genoss um diese Zeit den Ruf, die venezianischen und französischen Fabrikate an Feinheit zu über­treffen, wozu der gute Schleifsand daselbst beitrug. Vom Jahre 1840 bis 1860 hatte dieses Etablissement seine Blütheperiode und lieferte nach allen Ländern der Welt, speciell an die orientalischen Höfe. Die Spiegelglas-Kunstindustrie hatte in Bürgstein stets ihren Mittelpunkt, und auch die Erzeugung der Spiegel nach venezianischer Manier mit den kunstvoll verzierten Glasrahmen fand bereits Ende des 18. Jahrhunderts in Bürgstein statt. Diese Technik gerieth dann in Verfall und wurde von der P'abrik erst 1874 wieder aufgenommen. Für gewöhnliche Gebrauchsspiegel war in früheren Zeiten auch die Fabrik zu Viehofen maassgebend. Im Böhmerwalde ist als bedeutende Spiegelglashütte eine Fabrik Elisenthal hervorzuheben, die von Peter Ziegler im Jahre 1840 als Pächter erbaut und nach Elise Baronin von Hafenbrädl, die dort jetzt noch als Fräulein Liesl im Volksmunde lebt, genannt wurde. Die bedeutendsten Firmen der Branche sind gegenwärtig J. D. Starck, Kupfer & Glaser und J. A. Ziegler.

Seit einigen Jahren herrscht jedoch in diesem Industriezweig eine Krise, durch welche bereits die Verlegung einer grösseren Anzahl von Hütten von Oesterreich nach Baiern veranlasst wurde. Der grösste Theil der österreichischen Production von geblasenen Spiegeln geht nämlich als Spiegel-Rohglas nach Baiern, um dort polirt und belegt zu werden. Der stetige Aufschwung des gegossenen Spiegel­glases und die Verringerung des amerikanischen Absatzgebietes drängte jedoch die Verwendung der geblasenen Spiegel zurück, so dass ein Theil der ungünstig gelegenen Spiegelglas-Hütten den Betrieb vollständig einstellte, während ein anderer Theil nach Baiern verlegt wurde.

Einen grossen Fortschritt gegen das geblasene Spiegelglas stellt das gegossene dar. Man folgert zwar aus einer Stelle in den schon erwähnten Predigten des Mathesius, dass das Giessen eine venezianische Erfindung ist, da Mathesius sagt, dass die Venezianer Tafelglas pressen, durch das man aus einem Gemache Alles auf der Gasse sehen kann, doch ein Glasguss dieser Art war schon den

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