S. Reich & Co. diesen Zweig der Glasfabrication in Oesterreich einführte; gegenwärtig wird dieses Glas in grösseren Quantitäten von der schon erwähnten Firma A. Zieglers Sohn in Stankau erzeugt und gelangt bereits zum Export.

Gussglas wird auch in Form von verschiedenartig gemusterten Wandplatten zur Wandbekleidung verwendet. Auch als Fussbodenbelag fand es besonders in Frankreich Anwendung. Die Firma Friedrich Siemens in Neusattl erhöhte nach einem schon in der Cementfabrication früher geübten Vorgmnofe die Widerstandsfähigkeit solcher Glasplatten wesentlich durch die Einlage eines Drahtnetzes; die Widerstands­fähigkeit dieses sogenannten Drahtglases ist thatsächlich eine bedeutend höhere, wenngleich anderseits die Lichtdurchlässigkeit durch die Drahteinlage leidet.

Ein altes Problem der Technik war es, dem Glase seine Zerbrechlichkeit zu nehmen. Im Anfang der Siebzigerjahre trat nun der Franzose de la Bastie mit der Erfindung eines unzerbrechlichen Glases auf, das thatsächlich gegen Schlag und Stoss eine ungeahnte Widerstandsfähigkeit besass. Das Material schien förmlich neu geschaffen, denn Glas ohne Bruchgefahr, selbst bei Dünnwandigkeit, hätte thatsächlich einen staunenswerthen technischen Fortschritt dargestellt. De la Bastie selbst knüpfte an seine Erfindung die überschwänglichsten Hoffnungen; er verlangte für das deutsche Patent per Kopf der Bevölkerung Deutschlands i Frcs., demnach im Ganzen ungefähr 40,000.000 Frcs., und zwar war es der Verband der deutschen Glasfabrikanten selbst, der mit ihm in Verhandlungen trat, um sich des neuen Verfahrens für die Fabrication zu bemächtigen. Doch die hochgespannten Erwartungen erfüllten sich nicht, da das Bastiesche Hartglas nach einiger Zeit von selbst ohne jede äussere Veranlassung offenbar in Folge der ungleichen Spannungsverhältnisse der Masse zersprang, ja förmlich explodirte, so dass es sich als geradezu sicherheitsgefährlich erwies. De la Bastie erzielte die Härtung durch Ein­tauchen der geformten und wieder erweichten Glasmasse in heisse Oelbäder, wodurch auch die Fabri­cation sehr feuergefährlich wurde.

Auf ähnlicher Grundlage stellten dann die Deutschen Pieper und Meusel ihr Hartglas auch Vulcanglas, elastisches Glas genannt her, doch hat sich von allen Glashärtungsverfahren in der Praxis bisher nur das Siemenssche bewährt. Siemens härtet sein Glas dadurch, dass er es zwischen heissen Thon- und Metallplatten presst. Das Siemenssche Hartgussglas ist nicht explosionsgefährlich und besitzt eine ungemein gesteigerte Bruchfestigkeit. Das Verwendungsgebiet für Glas wurde hiedurch wesentlich erweitert, doch haben die Versuche, Achsenlager, Bahnschwellen, Wasserleitungsröhren und ähnliche Artikel aus Glas herzustellen, bisher noch zu keinem vollen Erfolge geführt. Den technischen Fort­schritten der Zukunft bleibt es überlassen, das Glas mit Eisen und Stahl in volle Concurrenz treten zu lassen.

In neuester Zeit soll ein Franzose, ' II. Cros, ein hämmerbares Glas erfunden haben, in das man Nägel schlagen kann wie in Blei, ohne dass es springt oder Risse bekommt; allerdings ist dieses von zwei Fachleuten, Oppert und Henriveaux, beschriebene Glas noch nicht der Oeffentlichkeit übergeben worden, daher ein sicheres Urtheil über dasselbe ausgeschlossen ist. Als Specialität sei schliesslich das Buchstaben- oder Stanzglas erwähnt, welches von der P'irma Siemens erzeugt wird.

Conservativer als das gegossene Glas zeigt sich das geblasene, wenn auch dieses durch die Gl asb austeine nach dem Patent Falconier sich in neuester Zeit mit Stein und Ziegel in Concurrenz setzt; sein formgebendes Werkzeug, die Glasmacher pfeife, ist schon seit Jahrtausenden bekannt, und auf den egyptischen Wandgemälden in den Gräbern zu Benihassan, sowie zu Sachara, welche letztere aus dem 4. und 5. Jahrtausend v. Chr. stammen, sehen wir die Glasblasekunst in einer ähnlichen Weise dargestellt, wie sie noch gegenwärtig geübt wird; die Glasmacherpfeife ist demnach wohl als eines der ältesten Industrie-Werkzeuge anzusehen, das zwar auch im Laufe der Zeiten einige Verbesserungen er­fahren hat, jedoch seine Grundform vollständig unverändert beibehielt. Auch die übrige Manipulation war in früheren Zeiten nicht wesentlich von der gegenwärtigen unterschieden. Das Hefteisen kannte man schon im 12., die Abschneidescheere im 16. Jahrhundert, das Bindeisen, Zwickeisen, die Auftreibscheere, das Walkholz erwähnt der als unser Zeuge öfters citirte Mathesius; die Bodenscheere scheint ein Kind des 18. Jahrhunderts zu sein. Die Rollscheere war schon in früheren Zeiten bekannt, ging dann wieder verloren, um im 19. Jahrhundert wieder zur Einführung zu gelangen. Die meisten der hier benannten

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