Es seien hier auch die Kunstgraveure genannt, die dem spröden Glasstoffe mit der mühseligen und äusserst schwierigen Radtechnik diese figuralen Compositionen abringen; es sind dies P. Eyssert in Haida, Pietsch in Steinschönau und bei den neueren Schalen Ullmann.

Doch nicht blos diese kunstvollen Gläser verkünden Lobmeyrs Ruhm; praktisch noch wichtiger war es, dass er auch auf dem Gebiete des übrigen kunstgewerblichen Glases reformirend auftrat. Die besprochenen Krystallschalen und Schüsseln sind zunächst Prunkstücke für Museen und reiche Privat­liebhaber, Lobmeyrs künstlerische Reform erstreckt sich aber auch auf jenes weite Gebiet der Glas­industrie, das mehr für die Bedürfnisse des täglichen Lebens bestimmt ist und kein förmliches Mäcenaten- thum erfordert. Er veredelte die Formen des Trinkgeschirres für den vornehmen bürgerlichen Tisch, und seine Entwürfe, die zumeist von der Glasfabrik Meyers Neffen in Adolf bei Winterberg ausgeführt wurden, waren so recht geeignet, um dem Motto der «Kunst im Hause» auch auf dem Gebiete des Glases zum Durchbruche zu verhelfen.

Die kunstindustrielle Bewegung hatte, vom österreichischen Museum ausgehend, fast alle Zweige des Kunstgewerbes erfasst; auf allen Gebieten regten sich frische Kräfte, welche die gesammte Woh­nungsausschmückung von künstlerischen Gesichtspunkten aus anordneten. Das kunstvolle Glas war dem­nach nicht mehr ein Kind aus der Fremde, sondern fügte sich in den Rahmen der Wohnungseinrich­tung harmonisch ein. Die Ansprüche an die Tafelgeräthe hatten sich, dem Geschmacke der Zeit folgend, gleichfalls wesentlich gesteigert, und so war es ein glücklicher Zufall, dass gerade auf diesem Gebiete in Oesterreich eine Firma sich fand, welche den höchsten Anforderungen genügen und durch die vielen Aufträge, die ihr allseits aus dem Auslande zugingen, den Ruf der österreichischen Glas-Industrie aufs Neue glänzend bewähren konnte. Unter den vielen Servicen, die von Lobmeyr herrühren, wollen wir neben dem schon genannten Kaiser-Service nur das für Baron Rothschild bestimmte, im Stile Louis XV., hervorheben. Nicht minder hervorragend sind Lobmeyrs Leistungen auf dem Gebiete des Farben­glases. Die Leuchtkraft seiner transparenten Farbengläser, die Schönheit der Ornamentik zur Verzierung derselben Hessen ihn auch hierin Leistungen ersten Ranges hervorbringen. Von den ungezählten Lob- meyrschen Gläsern, die wir zu betrachten Gelegenheit hatten, verstiess auch nicht eines in der Form gegen den guten Geschmack, man konnte im Gegentheil sagen, dass sich dieser Geschmack an der LobmeyrschenForm bildete. Die Motive, die Lobmeyr zur Anwendung brachte, umfassen wohl das ganze Gebiet des Ornaments. Ob er dieselben nun aus der Bauernmajolica, rhodischen oder persischen Fayencen, arabischen Moschee-Ampeln oder aus indischen Thongefässen schöpft, ob er sie den Plafond - stuccaturen des Belvedere entlehnt, oder ob er Bilderhandschriften und Miniaturen für die Glasdecoration heranzieht, ob er in seinen in Schwarzloth aufgemalten Figürchen sich Johann Schaper oder Jost Amann zum Muster nimmt, immer bewahrt er seine volle Selbstständigkeit, die das Motiv in glücklichster Weise ver­wertet und nicht gedankenlos nachahmt; Decoration und Farbe ist stets in innigster Harmonie, und wie durchdacht seine Farbengebung ist, zeigen am besten die den opaken orientalischen Fayencen entlehnten, auf transparentes Farbenglas übertragenen Muster. Ebenso sein bläulich opalescirendes Glas mit den reichen eingeschliffenen Goldornamenten, seine mit zarten Rococodarstellungen, mit Spitzenmustern aus weissem Email, mit metallisch glänzendem Ueberfang, mit Gold-, Silber- und Alluminiumfäden gezierten Gläser, deren zarte Linienführung mit kleinen Turquisen oder bunten Steinchen in der reizvollsten Weise geschmückt ist.

Neben Lobmeyr ist als hervorragende Kunstglashütte die bereits wiederholt erwähnte gräflich Harrachsche Fabrik Neuwelt zu nennen, die in der Glastechnik ebenso bemerkenswerthe als bedeutende Leistungen aufzuweisen hat und sowohl auf dem Gebiete des Krystallglases wie auf dem des Farben­glases sich in hervorragender Weise auszeichnete.

Nachdem bereits auf der Pariser Weltausstellung des Jahres 1867 die österreichische Glas-Industrie eine höchst ehrenvolle Stellung eingenommen hatte, begründete sie ihren Weltruf durch die imposante Heerschau, die sie auf der Wiener Weltausstellung des Jahres 1873 bot. Neben Lobmeyr und Harrach brachten die Firmen J. Schreiber & Neffen, die in Schliff- und Farbenglas Hervorragendes leisten, S. Reich & Co., C. Stölzles Söhne gross angelegte Collectionen, welchen sich I. E. Schmidt in Annathal durch seine besonders schönen Krystallglas-Objecte, ferner "die Firmen Hegenbarth in Haida, Moser in Karlsbad, Pallme-König in Steinschönau, H. Ullrich in Wien anschlossen. Die später

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