alljährlich folgenden Ausstellungen des Wiener Kunstgewerbe-Vereines, die Jubiläums-Gewerbe-Aus­stellung des Jahres 1888, sowie die vielen internationalen Ausstellungen Hessen dann die weiteren Fort­schritte der österreichischen Glas-Kunstindustrie erkennen.

Zu den alten schon bewährten Kämpen traten noch neue auf den Plan. So überraschte die Firma J o h. L ö t z W w e. in Klostermühl (Max Ritter von Spaun) durch ihre immer originellen und technisch vollendeten Farbenglas-Novitäten, die in der Prachtleistung der Kaiser Franz Josef-Vasen ihren Höhe­punkt erreichten. Dieselben, von Storck entworfen und aus mehreren Stücken Jaspisglas zusammengesetzt, haben eine Höhe von 135 m, einen Durchmesser von i"]om und sind, wenn auch vom ästhetischen Standpunkte nicht ganz einwandfrei, doch Zeugnisse technischer Meisterschaft. Ebenso brachte die alt­bekannte Firma Jos. Riedel in Polaun in Farbenglas sehr Anerkennenswerthes; es ist nur zu bedauern, dass die schönen Fabricate dieser Firma, die stets das Interesse der B'achkreise erregen, nicht häufiger auf öffentlichen Ausstellungen zu sehen sind. Als rührig ist noch die Glashandlungsfirma L. Bakalowits zu nennen, die originelle Formen bringt und sich durch Anpassen an den Modegeschmack auszeichnet. Viele ihrer Novitäten fanden vollen Beifall, so die Schliessmannschen Figuren in transparentem Email und Anderes. Auch die Wiener Glasschleifereifirma Wannizek überraschte wiederholt durch schöne und geschmackvolle Schliffobjecte. Zu erwähnen ist noch die Firma Jos. Inwald in Prag, die in Krystall- glas Bemerkenswerthes leistet, Zahn in Blumenbach, ferner eine Anzahl böhmischer Glas-Industrieller, wie z. B. CI emens Rasch & Sohn, dann Gebr. Feix mit ihren originellen, galvanoplastisch verzierten Gläsern u. A. m. Auf dem Gebiete der figuralen Malerei steht Josef Ahne in Steinschönau wohl in erster Reihe. Unter den in Böhmen so zahlreich vertretenen Raffineuren wollen wir nur die Firmen Julius Mühlhaus, Oppitz, Tschernich, Heckert, Hille, Bk Valentin, C. Goldberg erwähnen, denen sich noch eine grosse Reihe von anderen anschliessen Hesse. Recht erspriesslich für die Förderung des Glas-Kunst­gewerbes wirken auch die Fachschulen zu Haida (gegründet 1870) und Steinschönau (gegründet 1856).

In der Glas-Industrie gibt es keinen Stillstand; die unzähligen Variationen in der Glasfärbung und Decoration, die bereits zu Tage gefördert wurden, haben das Thema noch immer nicht erschöpft; alljährlich werden dem Glase durch die strebsame Industrie neue Effecte abgewonnen. Gegenwärtig ist jedoch die Vorherrschaft Oesterreichs nicht mehr ganz unbestritten. Auf dem Gebiete des Krystallglases sind die englische Industrie, die in dem Krystallkönig Webb, die französische, welche in Baccarat, die belgische, die in Val. St. Lambert ihre ersten Vertreter haben, wohl zu beachtende Nebenbuhler, und neuerdings zeigt sich eine Bevorzugung des künstlich getrübten Glases, die als Zeichen der Zeit bemerkenswerth ist.

Die ganze Richtung knüpft an den Namen Emil Galle in Nancy an, dessen eigenartiger Künstlerindividualität hier einige Bemerkungen gewidmet seien. Galles Technik besteht in dem kunst­vollen Durchschliff mehrerer aufeinander gelegter Glasschichten, des sogenannten Ueberfangglases. Diese Technik, bereits im Alterthum von den Römern und besonders von den Chinesen geübt, findet bei ihm insoferne eine Vervollkommnung, als er die Glasschichtenzahl vermehrt und in ihrem Durchschliff, sowie durch Ciselirung der Ränder rein künstlerische Wirkungen erzielt. Seine Farben sind meistens zart und sinnig gewählt und verffiessen leise ineinander; der äusserst kunstvolle, in seiner Art kaum zu über­treffende Schliff lässt das Ornament zur vollen Geltung kommen, und durch die verschiedene Färbung des Ueberfangglases entsteht ein wahres Glasfarben-Kunststück. So sehen wir bei Galle beispielsweise Glas- gefässe aus übereistem weissen Glase, von welchen sich prächtig ausgeführte rosafarbene Blumen mit blassgrünen Blättern abheben, matte violette Lilien auf blaugrünem Grunde, braungelbe Orchideen, die sich über die hellgelbe, ins Weisse übergehende Oberfläche des Glases schmiegen. Den poetischen Reiz erhöht Galld noch durch Verse, die er seinen Gebilden beifügt; dieselben sind meistens der modernen französischen Dichtung entnommen, die ja mehr ahnen lassen will als sie gestaltet. Jedenfalls erscheint diese poetische Zugabe nicht als eine äusserliche, aufgeschliffene Etiquette, sondern als ein die Stimmung des Ganzen verstärkendes Moment, das diese, man könnte sagen schwermiithigen Gläser noch mit dem Duft der Poesie verschönt. Wenn ein etwas gewagter Vergleich gestattet ist, so möchten wir Galle eine Art Glas-Lenau nennen, der in seinen Farben und Blumen, die sich auf verschiedenen Ge­lassen fast nie wiederholen, seiner inneren Schwermuth Gestalt gibt, wenn er auch wiederum in anderen Schöpfungen der Freude am Dasein sich nicht verschliesst. Gleich einsame Pfade wandelt in Deutschland

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