Der Ursprung der Gablonzer Glas-Industrie dürfte wohl in den vor etwa 350 Jahren zuerst im Isergebirge entstandenen Glashütten zu suchen sein und g-ab den Anlass hierzu der damalige grosse Holzreichthum, der im Laufe der Jahrhunderte bedeutend zurückgegangen ist. Von diesen Glashütten ist die erste in Grünwald durch Paul Schürer von Waldheim um das Jahr 1547 entstanden. Ihr folgte etwa ein Jahrzehnt später die von Labau. Zu diesen beiden kamen im Laufe der Zeit die von Antoni- wald, die Zenknerhütte in Josefsthal, die Carlshütte und andere.

Eng verwachsen mit der Glas-Industrie in unserem Bezirke ist die Familie Riedel, und berichtet die Geschichte, dass Johann Leopold Riedel, geboren am 22. April 1726 zu Falkenau, im Jahre 1752 als Verwalter der sogenannten Zenknerhütte durch den Glasmeister Johann Josef Kittel aus Falkenau eingesetzt und ihm später der selbständige Betrieb der Hütte übertragen wurde.

Die Häuser Jos. Riedel in Polaun, Leopold Riedel in Reinowitz und Carl Riedel in Josefsthal, vor allem aber die erstgenannte Firma, beherrschen die Rohglaserzeugung bis zum heutigen Tage. Ausser denselben sei noch die im Jahre 1882 erbaute, 1888 bedeutend erweiterte Glashütte des Josef Priebsch in Grünwald erwähnt. Fast sämmtliche Glasöfen in den genannten Glashütten sind auf Braunkohlen­feuerung eingerichtet, ein geringer Theil auf Holzfeuerung.

Das durch das Zusammenschmelzen der bekannten, zur Erzeugung des Glases dienenden Ma­terialien gewonnene Glas wird entweder direct aus dem «Hafen» in die fertige Form gebracht so bei der Erzeugung von Prismen, Briefbeschwerern, Tintenfässern, Messerlegern, Salzfässern, Flacons, kurz allen grösseren Gegenständen der Krystallwaaren-Industrie oder in Stangen gezogen und dann durch die Glasdrucker und Lampenarbeiter verarbeitet. Ferner werden hohle Stengel erzeugt, welche durch die Perlenbläser oder Sprenger zur Verarbeitung gelangen.

Die Herstellung des sogenannten Tafelglases geschieht ebenfalls direct aus dem Hafen, und zwar werden grosse schwachwändige Kugeln geblasen, welche mittelst des Diamantes in kleinere Stücke zer- theilt und von den Kittern zur Weiterverarbeitung verwendet werden.

Die Compositionsbrennerei, welche im Jahre 1711 in Turnau von den Brüdern Fischer erfunden worden war, wurde erst anfangs der Zwanzigerjahre dieses Jahrhunderts durch den alten May in Gablonz eingeführt. Derselbe brannte Compositionen, welche die Farbe des Rubins und die der echten böhmischen Granaten hatten. Später dehnte sich dieser Industriezweig auf alle Arten von Farbenzusammenstellungen aus, und nahmen an der Vervollkommnung dieses Zweiges der Industrie die Brüder Anton und Josef Scheibler, welche im Jahre i83o eine Compositionsbrennerei in Gablonz errichteten, sich aber im Jahre i833 trennten, von wo ab jeder derselben eine eigene Brennerei betrieb, einen ausserordentlich regen Antheil. Besonders berühmt war die Türkis- und Saphirinfarbe des Josef Scheibler (1884). Noch heute wird die Erzeugung durch die Enkel desselben weiter betrieben, und zwar in fortschreitend verbesserter Weise.

Ausser den Genannten leisteten auf diesem Gebiete noch Hervorragendes Clemens Huyer und Andere.

Ein Hauptort für die Compositionsbrennerei war zu Anfang dieses Jahrhunderts Liebenau. Etwa 3o Jahre später machte die Firma Josef Pfeiffer & Co., Gablonz, in Brandl Schmelzversuche im vene­zianischen Stile mit Hilfe italienischer Arbeiter; ebenso in gleicherweise in den Fünfzigerjahren Cajetan Jäckel in Wiesenthal, der hauptsächlich venezianischen Goldfluss erzeugte, doch waren 'beide Unter­nehmungen wegen der vorgeschrittenen italienischen Concurrenz von keinem besonderen Erfolge begleitet und wurden deshalb wieder aufgelassen. Cölestin Wagner in Wiesenthal betrieb in den Sechzigerjahren die Erzeugung der venezianischen Mosaiksteine und Knöpfe, und dessen Sohn setzt, allerdings nur in geringem Umfange, die Erzeugung der Steine heute noch fort. Mit dem gleichen Artikel, nur feineren Genres, befasste sich der verstorbene Hübner in Kukan, dessen Erzeugungsweise genau so war, wie die der Venezianer.

Die aus Compositionsglas erzeugten Steine, welche hauptsächlich in Reichenau und Radi hergestellt werden, spielen bis zum heutigen Tage in der Gablonzer Glas-Industrie eine wichtige Rolle. Es werden aus diesem Compositionsglas die nachgemachten Edel- und Halbedelsteine, der Achat, Carneol, Topas, Rubin, Saphir, Amethyst, Crysolith etc., sowie last not least der Diamant in naturgetreuer Weise imitirt, und ist es besonders letzterer, der unter dem Namen Similistein, französisch «Pierre de Strass»,