die Augen der Beschauer zu täuschen weiss. Diese falschen Edelsteine werden durch den mehr oder minder regelmässig ausgeführten Schliff und auch durch ihre Politur, bei welcher man eine Feuer-, Holz- und Zinnpolitur, welch letztere die kostspieligste, aber auch die beste ist, unterscheidet, in ihrer Güte bestimmt. Hinsichtlich der Erzeugung dieser Imitations-Edelsteine hat Gablonz nur mit Frankreich zu concurriren, wo besonders im Jura grosse Quantitäten derselben hergestellt werden.

Grosse Consumenten der hiesigen Imitations-Edelsteine sind die Gablonzer und Kukaner Gürtler, welche diese Steine zu allen Arten von Bijouterien, Broches, Medaillons, Knöpfen, Manchettengarnituren etc. verwenden. Der Export der genannten Steine erstreckt sich zumeist auf Deutschland, Frankreich und Nordamerika, wo sehr bedeutende Quantitäten derselben in Bijouteriefabriken zur Verwendung gelangen.

Die Glasmalerei, ein früher ausserordentlich lebhafter Zweig der Glas-Industrie, welcher jedoch im letzten Jahrzehnt sehr zurückgegangen ist, dürfte zu Anfang des 17. Jahrhunderts in Gablonz eingeführt worden sein. Wenigstens berichtet die Chronik, dass 1618 die erste Glasmalerei in Gablonz er­richtet wurde.

Die Glasdruckerei, welche anfangs des 19. Jahrhunderts zuerst durch Endler in Gablonz in der Waldgasse ausgeübt wurde, wird in vielen im Gebirge zerstreut liegenden Druckhütten betrieben und befasst sich mit der Erzeugung von Knöpfen, Perlen, Besatz- und Compositionssteinen, von Lusterbestand- theilen, wie Wachteln, Leistein, Birnel, Tropfen, Sterne, Koppen, ferner elektrotechnischen Gegenständen, Glasrollen etc. Man bedient sich zum Drücken der einzelnen Gegenstände eiserner Zangen, an deren äussersten Enden auf dem einen Theil das sogenannte Kappel, in welchem das Dessin (Muster) vertieft gravirt ist, während auf dem andern Theil der Boden der Form angeschraubt wird. Die Kappel (Formen) werden durch eine grosse Zahl von Graveuren, die in Gablonz, Wiesenthal, Morchenstern etc. ihre Wohnstätten haben, hergestellt. Die Zangen sind Arbeit der Schlosser, beziehungsweise Zeug­schmiede.

Der Druck der genannten Gegenstände in eisernen Zangen vollzieht sich bei offenem Holz- oder Kohlenfeuer. Die Firma Gebrüder Mahla in Gablonz, welche im Jahre 1885 eine Fabrik für Glasknöpfe, elektrotechnische Artikel und schwarze Bijouterie in Morchenstern errichtete, führte im Jahre 1891 daselbst ^lie Glasdruckerei bei Wasserstoffgas ein. Diese neue Art der Fabrication bewirkte eine weitaus voll­kommenere Herstellungsweise, da das Glas durch die intensive Hitze des Wasserstoffgases rascher weiss­glühend wird und um so schärfer im Drucke hervortritt. Es wird hierdurch eine Druckwaare erzeugt, die der Schliffwaare so nahe kommt, dass Laien sie kaum von derselben zu unterscheiden vermögen. Diese vervollkommnete Fabrication hat zur Hebung des ganzen Artikels wesentlich beigetragen.

Glasknöpfe, welche den Plauptartikel der hiesigen Industrie bilden, wurden einer aus dem Archiv des Hauses Jos. Riedel entnommenen Aufzeichnung zufolge im Jahre 1829 zuerst erzeugt, und zwar war es ein einfacher Glasdrucker, der in jenem Jahre den ersten Versuch machte, Knöpfe aus Glas her­zustellen. Es gelang ihm dieser Versuch, und kann man wohl diesen Mann als den Vater der Glasknopf- Industrie betrachten. Es scheint zwar, dass dieser Versuch Jahrzehnte lang geruht hat, denn erst in den Fünfzigerjahren wurde der Artikel in den Handel gebracht und beschränkte sich bis anfangs der Sechzigerjahre auf fünf Muster. Die Waare wurde zu jener Zeit noch nicht, auf elegante Karten und in Cartons verpackt, sondern 12 Dutzend auf Pappendeckel aufgesteckt, ein Gros = 144 Stück in Papier eingeschlagen und jedes dieser Päckchen mit einem Vorknopf versehen. Heutzutage würde diese Ver­packungsweise das Staunen der Käufer erregen, nachdem auf Eleganz der Verpackung der grösste Werth gelegt wird. Erst im Jahre 1864 gelangte der Artikel zur Weltherrschaft, und heute gibt es wohl kein civilisirtes Land, wo der Glasknopf nicht an Frauenkleidern zur Anwendung gelangt. Unzählig sind die Muster, welche hierin auf den Markt gebracht werden, und wenn die Mode dem Artikel günstig ist, was hervorragend in den Jahren 18651867, 18701874, 18781886, 18941895 der Fall war, so werden die nach vielen Tausenden zählenden Arbeiter durch diesen Zweig der Glasindustrie allein lohnend beschäftigt. Leider sind die Zeiten der Stagnation, hervorgerufen durch die Ungunst der Mode, diesem Artikel stets sehr gefahrdrohend, und es wurde besonders in den Jahren 1875 1 877, 18871893 und in den letzten zwei Jahren schwer empfunden, dass der Consum des Artikels so bedeutend herabsank, wodurch die Arbeiter, welche sich sonst ausschliesslich durch die Erzeugung desselben ernährten, grössten-

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Die Gross-Industrie. II.

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