ziffer der Gablonzer Glas-Industrie einen nach Millionen zählenden Artikel. Verwendet werden diese Perlen zumeist als Aufputz von Passementerien und bilden Annaberg, Offenbach, Paris, Le Puys, Lune- ville, Calais und andere Fabricationsplätze Frankreichs, sowie in Russland Moskau, hiefür grosse Ab­satzgebiete.

Nebst den Schmelzperlen gelangen auch die sogenannten Fa^onsteine, welche in Druck- und Lampenwaare in allen erdenklichen Formen und Farben hergestellt werden, von den Passementerie- Fabricanten zur Verwendung. Auch dieser Artikel hängt wie die Schmelzperlen viel von der Gunst der Mode ab.

Viele Gablonzer Häuser unterhielten und unterhalten auch heute noch Lager auf obgenannten Plätzen, um im Falle des Bedarfes rascher mit Waare dienen zu können und auch kleine Passementerie- Fabricanten, die directe Ordres nicht geben können, zu befriedigen. Diese Art, das Geschäft zu be­treiben, hat jedoch manchem Exporteur sein Vermögen gekostet, da in Zeiten der Ungunst der Mode der Artikel nicht nur im Preise bedeutend sank, sondern der grössere Theil desselben zu gar keinem Preise loszuschlagen war; Millionen von Gulden an Vermögen wurden auf diese Weise verloren.

Die Fabrication der Rocailleperle wurde lange nur in Venedig betrieben, jedoch im Jahre 1887 seitens der Firma Jos. Riedel in Polaun hier eingeführt und wird seither von derselben äusserst schwung­haft und mit dem in diesem Hause gewohnten Verständnis betrieben, so dass Venedig eine bedeutende Concurrenz hierdurch erwachsen ist. Jedenfalls ist es ein ausserordentlich kluger Gedanke gewesen, die Erzeugung der Rocailleperle hier einzuführen, da die Perlen-Industrie der hiesigen Gegend hiedurch an Ruf im Auslande entschieden noch gewonnen hat.

Die Krystallerie, unmontirt und montirt, ist ein wichtiger Zweig der Glas-Industrie. Zu ihr gehören zunächst die im Jahre 1824 von England hieher eingeführte Prismenfabrication, ein eminent wichtiger Artikel, ferner alle in das Lusterfach einschlagenden Bestandtheile: wie Wachteln, Leistein, Birnel, Tröpfel, Sterne, Koppen etc., Linsen für optische Zwecke, sowie auch für Fahrradlaternen, Flacons, Salzfässer, Messerleger, Glaslöffel, Stöpsel, Bureauartikel, wie Briefbeschwerer, Tintenfässer, Federschalen etc. und spielen besonders die genannten Haushaltungsartikel eine sehr bedeutende Rolle, da sie Consumartikel aller Culturländer bilden.

Auch die montirten Artikel der Krystallerie, Essig- und Oelmenagen, Dosen, Vaselin- und Puder­dosen, Cakestöpfe u. dgl., die mit einem versilberten Reifen oder sonstiger Metallgarnirung versehen werden, erfreuen sich der Gunst des kaufenden Publicums.

Die Hauptmärkte hiefür sind Amerika und England, jedoch werden die gleichen Waaren auch unmontirt nach diesen Ländern geliefert, um dort mit echtem Silber montirt zu werden.

Als einer der durch innere und äussere Verhältnisse am wenigsten beeinträchtigten Artikel der Krystallerie sind Flacons zu bezeichnen. Die Erzeugung derselben erfordert geschulte Arbeitskräfte; mindergeschulte können hier nicht so leicht eingreifen, wie dies bei allen anderen Artikeln der Krystallerie der hall ist. Als Absatzgebiet für die feineren Schlifflacons ist Amerika, ganz Europa, hier namentlich England zu bezeichnen, für die billigen Artikel Rosenölflacons der Orient und Indien. Unter den Bureauartikeln sind Tintenfässer als Stapelartikel zu bezeichnen, während der Briefbeschwerer sich insofern einen grossen Absatz errungen hat, als derselbe vielfach auf Badeplätzen, mit allen möglichen Inschriften versehen, in nicht unbedeutendem Maasse in den Handel gelangt.

Als Einsatzsteine für Fenster werden die unter dem Namen Rosetten, spitze oder Muggelrauten, Cabochons, Jewels, Butzen u. dgl. bekannten Steine, gepresst und geschliffen, auf den Markt gebracht, und sind Deutschland, Frankreich, England, Nordamerika letzteres mit Ausnahme der Pressartikel, die drüben erzeugt werden, Consumenten dieser Waaren.

Die Glasspinnerei war in den Jahren 18501870 in ihrer Glanzperiode. Heute wird der Artikel nur in sehr bescheidenem Maasstabe fabricirt und das Product einzig und allein für chemische Zwecke verwendet.

Die Glasschneidekunst oder Steinschneiderei wurde seinerzeit von Turnau nach Liebenau und von dort in die Gablonzer Gegend verpflanzt, und zwar berichtet die Chronik, dass dies vor 1734 geschah. In Gablonz befasst sich die Familie Benda mit diesem Zweige der Industrie. Als Hauptort derselben

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