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Die Groß-Industrie Oesterreichs : Festgabe zum glorreichen fünfzigjährigen Regierungs-Jubiläum seiner Majestät des Kaisers Franz Josef I. dargebracht von den Industriellen Österreichs 1898 ; Zweiter Band
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WALZWERK, DRAHTZUG, NÄGELFABRIK UND ZIEHEISENHAMMER

FRANZ WERNDLS NACHFOLGER

UNTERHIMMEL UND STEYR.

as heutige Eisenwerk «Unterhimmel» bestand schon lange vor den Fiinfzigerjahren als «Feuer­gewehr-Fabriksetablissement» und war Eigenthum des k. k. Aerars. Im Jahre 1850 erwarb dasselbe die Firma Pommer & Schlichting, welche es zur Erzeugung von Commerzeisen umge­staltete, zu welchem Zwecke sie zwei Zerrennfeuer und -Hämmer, sowie eine Walzenstrasse er­richtete.

Franz Werndl kaufte im Jahre i863 dieses Etablissement von obgenannter Firma, erweiterte dasselbe und richtete Drahtzüge ein. Das Werk beschäftigte damals ca. 3o Personen. Die stetig zunehmende Ausdehnung des Geschäftes bedingte es, dass Franz Werndl im Jahre 1880 das ganze Werk nach den neuesten technischen Er­rungenschaften dieses Industriezweiges umgestaltete. Es ward die Eisenhütte bedeutend erweitert, und gleichzeitig wurden auch statt der vorhandenen Wasserräder zwei Turbinen eingebaut. Ausserdem wurden die alten Zerrenn­feuer durch Frischfeuerherde ersetzt, ein neuer Luppen- (Patsch-) Hammer, ein Luppenwalzwerk und eine neue Feinstrecke mit fünf Walzengestellen errichtet. Kurze Zeit darauf wurde der bestandene Schweissofen durch einen nach den jüngsten Erfahrungen construirten neuen Ofen ersetzt. Ferner erbaute Franz Werndl einen neuen Draht­zug, richtete denselben für grösseren Betrieb ein und stellte eine vollkommene Reparaturwerkstätte her. Um diese Zeit erwarb er auch eine Maschinnägelfabrik in Steyr (Vorstadt Aichet), welche er im Jahre 1889 ganz neu um­baute und durch Anschaffung von modernen Maschinen bedeutend vervollkommnete.

Es wurden Maschinennägel aus Walzeisen, sowie sämmtliche Nägelsorten für Schuhmacher (aus Draht) und Schuhmacherzwecke aus Stahl erzeugt. Im Jahre 1892 wurde noch die Erzeugung von Drahtzieheisen einge­richtet, um damit der deutschen Concurrenz, die bisher diesen Artikel allein beherrschte, entgegenzutreten.

Im Jahre 1894 trat Franz Werndl vom Geschäfte zurück und übergab dasselbe seinen grossjährigen Kindern, welche unter sich eine Commanditgesellschaft bildeten und Victor Werndl zum Director und Leiter des Etablissements bestellten.

Das Absatzgebiet für die hier erzeugten Artikel ist Oesterreich-Ungarn für Band- und Stabeisen, Draht aller Stärken von o - o850 mm, alle Gattungen Maschinnägel und Zieheisen, welch letztere jedoch auch bedeutend nach Russland exportirt werden, während feine Drähte nach Deutschland und einige Artikel auch nach dem Balkan ausgeführt werden.

Gegenwärtig werden in den beiden Werken der Firma ca. 150 Arbeiter beschäftigt, welche grösstentheils in von der Firma zur Verfügung gestellten Wohnungen untergebracht sind. Sämmtliche Arbeiter sind Mitglieder der allgemeinen Krankencasse in Steyr und der Unfallversicherung für Oberösterreich und Salzburg. Während die Firma für die Arbeiter in der Krankencasse 3o°/ 0 Zuschuss leistet, wird die Unfallsprämie von der Firma zur Gänze bestritten. Von der oben genannten Arbeiterzahl sind 11 Arbeiter mehr als 3o Jahre ununterbrochen in Verwendung.

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