F. WERTHEIM & COMP.

K. K. PRIV. FABRIK FEUERFESTER CASSEN

WIEN.

ie Erzeugung von feuerfesten und einbruchsicheren Cassen ist in Oesterreich erst neueren Datums; dieselbe lag früher hauptsächlich in den Händen der Engländer, hat aber bei uns rasch Wurzel gefasst und eine Entwicklung genommen, die innig mit dem Namen Wertheim verknüpft ist. Franz Wertheim, welcher zur Zeit der Gründung des Unternehmens Werkzeugfabrikant war, erhielt durch einen bei ihm an einer Casse älteren Systems ausgeführten Einbruchsdiebstahl die erste Anregung, ein besseres Fabrikat herzustellen, und errichtete im Jahre 1852 die erste Fabrik wirklich feuerfester und einbruchsicherer Cassen in Oesterreich.

Die Regierung gewährte dem neuen Industriezweige durch weitgehende Begünstigungen, zollfreie Einfuhr der erforderlichen Hilfsmaschinen, Ertheilung der Einwanderungsbewilligung für im Auslande engagirte Arbeiter u. s. w. bereitwillig ihre Unterstützung. Auch von anderer Seite, technischen Instituten und Corporationen, so seitens des k. k. Polytechnicums und des Niederösterreichischen Gewerbevereines, sowie der an denselben thätigen Capacitäten wurde dem jungen Etablissement Förderung zutheil.

Bisher waren in Oesterreich zur Verwahrung von Werthgegenständen Truhen aus Eisenblech mit schweren Vorhängschlössern und plumpen Schlüsseln verwendet worden. Die Gepflogenheit, an dem Alten, Gewohnten festzuhalten, liess die Erkenntnis von der Wichtigkeit und Nützlichkeit des vollkommen neuen Artikels nur lang­sam Boden gewinnen. Um einen Beweis von der Güte seiner Fabrikate zu geben, wendete sich Wertheim an das Finanzministerium mit der Bitte um Anordnung einer öffentlichen, amtlichen Feuerprobe, die auch im Aufträge des damaligen Finanzministers Baron Baumgartner unter amtlicher Controle des k. k. polytechnischen Institutes, im Beisein der berühmten Fachmänner Baron Burg, Ritter v. Stummer und Professor Altmütter, sowie der Repräsentanten der k. k. Steuerämter, der k. k. priv. Nationalbank, anderer Geldinstitute und Tausender von Zu­sehern am 19. Februar 1853 auf der Landstrasse (Sandgestätte) in Wien stattfand. Der glänzende Erfolg dieser Probe verbreitete die Ueberzeugung von der Wichtigkeit und Nothwendigkeit des Artikels in weiten Kreisen; das Finanzministerium ordnete die Lieferung von Cassen für sämmtliche k. k. Steuerämter an. Die Creditinstitute und Bankhäuser folgten diesem Beispiele. Obgleich das Fabrikat nun rasch allgemeine Anerkennung fand, so machte sich doch bereits im Jahre 1856 eine Stockung im Absätze dieses Artikels bemerkbar, was hauptsächlich dem Umstande zuzuschreiben ist, dass der Bedarf in Oesterreich, welches im Vergleiche zu anderen Staaten ein noch unentwickeltes Geld- und Creditwesen besass, sehr beschränkt war, nachdem die wenigen Creditinstitute und grösseren Firmen ihren Bedarf bereits gedeckt hatten.

Wertheim, auf Erschliessung neuer Absatzgebiete bedacht, verfiel auf den Orient und veranstaltete, nach­dem er die sich ihm entgegenstellenden unsäglichen Schwierigkeiten und Hindernisse beseitigt hatte, am 10. Juli 1857 eine Feuerprobe in Constantinopel im Beisein des Sultans, sämmtlicher Minister und von ca. 100.000 Ein­wohnern. Diese Probe, welche ebenso glänzend ausfiel wie die vorhergegangene, musste in einem Lande, wo täglich mehrere Brände Vorkommen, für den Absatz der Wertheimschen p'abrikate ausschlaggebend sein. Seit jener Zeit wurden allein in der Stadt Constantinopel über 5000 Stück abgesetzt.

Die noch fernerhin veranstalteten Feuerproben im Jahre 1858 in Wien (im Emailbrennofen der k. k. Porzellanmanufactur), sowie im Jahre 1879 in Bukarest und 1881 in Mailand ergaben ebenfalls ein sehr gutes Resultat, welche Erfolge zu energischem Fortschreiten auf der betretenen Bahn ermuthigten. Der Export der Wert­heimschen Cassen erstreckte sich im Laufe der nächsten Jahre auf die Donaufürstenthümer, Südrussland, Syrien, ^ Egypten, Persien, Japan, sowie Italien. Um jederzeit dem Bedarfe entsprechen zu können, errichtete die Fabrik in allen grösseren Städten dieser Länder eigene Niederlagen, welche hinreichende Vorräthe halten. In den Donau- fürstenthümern allein wurden bis heute 10.000 Stück Cassen abgesetzt.

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