Unschädlichkeit für die menschliche Gesundheit dargelegt hatte. Diese Bedenken wurden aber behoben als es zu Anfang der Sechzigerjahre infolge der Vervollkommnung in der Herstellung directer galvanischer Niederschläge von Feinsilber möglich wurde, die Pakfong- oder Alpaccawaaren mit einer beliebig starken Schichte von chemisch reinem Silber zu versehen, durch welche sie ein dem echten Silber voll­kommen gleiches Aussehen erhielten und im Gebrauche auch bewahrten. Diese auf galvanischem Wege versilberten Waaren, die speciell in Oesterreich mit der Bezeichnung Chinasilber belegt wurden, erfreuten sich eines immer grösseren Absatzes und verdrängten nach und nach auch die bis dahin aus silber- plattirtem Kupfer bestehenden Waaren, Tafelgeräthe, Luxusartikel, Kirchengeräthe etc., wie sie aus dieser, Argent plaqué benannten Metallverbindung insbesondere von der Firma A. Machts Nachfolger, später J. L. Herrmann, fabriksmässig erzeugt wurden. Heute gelangen unter der Bezeichnung Chinasilber alle möglichen versilberten Waaren in den Handel, welche aber nicht nur Pakfong, sondern auch Messing, Britanniametall, Zink etc. zur Unterlage haben.

Die grösste österreichische Fabrik für Chinasilberwaaren ist die von Alexander Schoeller ge­gründete Berndorfer Metallwaarenfabrik, welche aber erst durch ihren gegenwärtigen Besitzer Arthur Krupp zu ihrer vollen heutigen Ausgestaltung gebracht wurde und wohl als das grösste Unternehmen dieser Art auf dem europäischen Continente bezeichnet werden kann. Sie war schon zur Zeit der Welt­ausstellung 1873 in der Lage, täglich 15002000 Dutzend Essbestecke vollkommen fertigzustellen. Welch riesigen Umfang der Absatz von Essbestecken und anderen Geräthen aus Chinasilber angenommen hat, kann beurtheilt werden, wenn der vielen grossen Hotels, Restaurants und Cafés in Wien und in anderen Städten gedacht wird, welche wohl ausnahmslos mit solchen ausgestattet wurden; zu diesen sind noch die tausend und aber tausend Haushaltungen zu rechnen, in welchen Chinasilbergeräthe Eingang gefunden haben. Neben der Berndorfer Metallwaarenfabrik hat sich grosse Verdienste um die Entwicklung der Pakfong- und Chinasilber-Industrie in Oesterreich die bereits erwähnte Firma Conrätz & Ditler erworben, aus welcher jene von Conrätz & Reuter entstand, die später eine abermalige Umwandlung erfuhr; heute ist der Name Conrätz, welcher einst als der eines hervorragenden Pflegers dieser Industrie galt, halb vergessen. Dagegen blühen die Fabriksfirmen H. Bachmann & Co., J. L. Herrmann, Moriz Hacker, Ockermüller & Co., A. Koehler & Co., Gustav Simon, Ed. Lackner, C. A. Münchmeyer & Co., welche alle Gebrauchs- und Luxusartikel aus Alpacca und Chinasilber, Essbestecke, Kaffee- und Theeservice, Bratenschüsseln, Präsentirtassen, Fruchtschalen, Becher, Kannen, Liqueurservice, Champagnerkübel, Bier­humpen, Pocale, Fruchtkörbe, Tafelaufsätze, Leuchter, Armleuchter und hundert kleinere Luxusartikel in stilvoller Ausführung und künstlerischer Vollendung erzeugen. Ausserhalb Wiens bestehen in den Landes­hauptstädten kleinere Fabricationen für den Localbedarf.

Bronze. Die unter diesem Namen bekannten Legirungen von Kupfer, Zink und Zinn finden eine ausserordentlich grosse Verwendung in der Metallwaarenfabrication. Bei derselben kommen in der Regel die zwei Hauptlegirungen Rothguss und Gelbguss zur Verarbeitung. Die am häufigsten gebrauchten Mischungen für Rothguss bestehen in ihren Theilen aus: 8c) - 5 Kupfer, 7-5 Zink, 3 Zinn 885 Kupfer, 9-5 Zink, 2 Zinn (Glockenmetall) 91 Kupfer, 9 Zinn (Kanonenmetall) für Gelbguss aus 63 Kupfer, 33 Zink, 3 Zinn, 1 Blei Ö45 Kupfer, 32 - 5 Zink, o'5 Zinn, 2-5 Blei 58 Kupfer, 25 Zink, 17 Zinn. Rothguss wird fast nur zu figuralem Guss, sowie zu Montirungen für Monumente, Grabmäler, Drucker, Gitter, Geländer, Thürklopfer, Beschläge etc. verwendet. Für Decorationszwecke und Commerzwaare wird der Rothguss patinirt, während die Montirungen für die anderen genannten Artikel meist matt in Naturfarbe gehalten oder polirt werden. Der Gelbguss gelangt für Uhren, Girandoles, Schreib- und Rauchgarnituren, Nippes und Montirartikel für Glas und Porzellan, sowie für Luster, Candelaber, Laternen, Lampen etc. zur Anwendung. Diese Artikel werden nach ihrer Bearbeitung entweder geglänzt und als «cuivre poli» in den Handel gebracht oder galvanisch vergoldet, versilbert, oxydirt und vernickelt. Für Objecte, die den Witterungseinflüssen ausgesetzt sind, wie Aufschriften an Monumenten (Mozart-Denkmal, Maria Theresia-Denkmal, die grosse Figur und das Porträt-Medaillon des Liebenberg-Denkmals), Thurm­kreuze (in letzter Zeit die grossen und kleineren Bronzekreuze auf der russischen Kirche), Wappen, aber auch für antike Uhren, Luster, Wandarme etc. wird die Feuervergoldung angewandt, bei welcher Gold­amalgam auf die Bronze aufgetragen und das Quecksilber über Holzkohlenfeuer abgeraucht wird. Zu

Die Gross-Industrie. II.

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