durch kaiserliche Gewalt bestätigt. Es scheint die Compagnie eine Art Genossenschaft gewesen zu sein, deren Antheile die zünftigen Meister erwerben konnten, wie sich auch mehrere für die Erwerbung eines Antheils vereinigen durften. Die Compagnie übernahm den Ankauf der Rohproducte und den Absatz der Erzeugnisse und verpflichtete jene, die sich ihr anschlossen, ausschliesslich durch ihre Vermittlung Wolle zu kaufen und Waare abzugeben.

Thatsächlich gelang es auch der Compagnie alsbald, einen ungeahnten Aufschwung des Gewerbes herbeizuführen. Doch dauerte der erfreuliche Zustand nicht lange, da die zünftigen Tuchmacher sich gegen die Compagnie, welche ihre Bedingungen strenge einhielt, auflehnten, sich über Auswucherung beklagten und beim Rathe und der Gemeinde Beschwerde führten. Schliesslich verlor die Compagnie ihre Bedeutung, um schliesslich im Jahre 1620 einer Zusammenrottung zu erliegen, deren unmittelbare Veranlassung war, dass die Compagnie sich nicht mehr auf den Verkauf einheimischer Waaren beschränkte, sondern auch fremde Fabrikate veräusserte.

Das 16. Jahrhundert bringt uns auch über die Entwickelung des Tuchmachergewerbes in Reichen­berg und Bielitz bestimmte Nachrichten. InBielitz hatten die Tuchmacher im Jahre 1548 die Privilegien ihrer Zeche durch den schlesischen Herzog Wenzel erlangt und eine Erneuerung durch Friedrich Casimir am 1. September 1565 durchgesetzt. In Bielitz hatte der Umstand, dass es ein Durchzugsort der ungarischen, insbesondere der für Breslau bestimmten Wolle war, das Tuchmachergewerbe begünstigt. Auch der Tuchhandel gedieh, so dass das Wollengewerbe zu Beginn des 17. Jahrhunderts nicht zum mindesten auch durch die Förderung des Herrschaftsbesitzers Johann Freiherrn v. Sunneg einen Aufschwung nahm. Die Zeche hielt Zucht und Ordnung und hatte eine grosse Bedeutung im Gemeinwesen erlangt.

In Böhmen hatten die Kaiser Ferdinand I. und Maximilian II., in deren Regierungszeit die Erfindung und Aufnahme des Jtirgenschen Spinnrades fällt, dem Wollengewerbe ihr volles Augenmerk zugewendet. Die Tuchmacher erhielten 1545 das Recht einzukaufen und zu verkaufen im ganzen Lande, darniederliegende Zünfte wurden aufgerichtet (Friedland 1532) und die Lage des Gewerbes, dessen Mittelpunkt im Lande die Prager Zunft war, 1574 commissarisch erhoben.

In Reichenberg erscheint die Zunft im Jahre 1599 durch den Grundherrn Melchior Freiherrn v. Rädern mit einem umfassenden, ins Einzelne gehenden Privilegium ausgestattet, nachdem bereits seit dem Jahre 1579 durch die von den Grundherren geförderte Einwanderung von Tuchmachern das Gewerbe eine rasche Entwickelung gewonnen hatte (Urban Hofmann aus Seidenberg in der Lausitz).

Der blühende Zustand des Tuchmachergewerbes in den Sudetenländern erfuhr aber bald einen heftigen Rückschlag, von dem es sich erst nach einem Zeiträume von nahezu 150 Jahren wiederum erholen sollte, durch den Religionskrieg, der mehr als 30 Jahre hindurch über das Land hinwegstürmte und seine verderblichen Verheerungen verbreitete. So wurde Iglau in der härtesten Weise betroffen. Während es vor dem Kriege gegen 800 Tuchmachermeister zählte, belief sich die Zahl der Gesammtbevölkerung im Jahre 1659 nur auf 218 Bürger, 131 Eheleute und 32 Witwen. Nur mühselig gelang es dem Gewerbe, wieder zu Bedeutung zu kommen.

Die Erfolge, welche Colbert in Frankreich insbesondere durch seine Förderung des Manufactur- wesens erreicht hatte, führten dazu, dass auch in Oesterreich zunächst daran gedacht wurde, die Wunden, welche der Religionskrieg, die Türkenkriege und die Aufstände der Magyaren geschlagen hatten, durch eine eindringliche culturelle Entwickelung vernarben zu machen. Von nachhaltiger Einwirkung war die Thätigkeit des Dr. Johann Joachim Becher, welcher in einer Kaiser Leopold I. gewidmeten Abhandlung nachwies, dass Industrie und Handel in den österreichischen Erbstaaten gehoben werden könnten. Seiner Anregung folgte die Errichtung eines Commerzcollegiums, dessen Leitung er neben dem Hofkammer- rathe Selb führte.

Wenn auch praktische Erfolge zunächst durch diese Amtsstelle nicht gezeitigt wurden, so war es doch Bechers Verdienst, die Aufmerksamkeit der Regierung auf die Förderung des Gewerbes gelenkt zu haben, welche insbesondere auch durch die in der Folgezeit immer wieder gelesene und viel beachtete Schrift Johanns v. Hornegk »Oesterreich über Alles, wenn es will!« wachgehalten wurde. Die Einführung eines Schutzsystems und die Förderung von Fabriken und Manufacturen war die merkantilistische Doctrin dieser Anregungen, welche fruchtbaren Boden fanden. Hornegk wies insbesondere auch auf die Pflege der Tuchmacherei hin, deren alte Pflanzstätten in den österreichischen Erblanden er wohl kannte, und als deren sichere Grundlage er das glückliche Vorhandensein einer der Veredlung fähigen Wollproduction voranstellte.

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