Eine grosse Weberei nach der anderen entsteht, oft verbindet ein und derselbe Besitzer, um den Wettkampf leichter zu bestehen, beide Fabricationszweige, Spinnerei und Weberei, miteinander. Das vor­trefflichste Ideal der englischen Wollen-Gross-Industrie Spinnerei und Weberei in grossartigstem Style mit­einander verbunden sehen wir in dem von Titus Salt gegründeten Saltaire bei Bradford.

Wenden wir uns der Wollen-Industrie in unserem Vaterlande wieder zu, so finden wir, dass die­selbe bis Maria Theresia und Kaiser Joseph II. noch sehr im Argen lag. Erst diese widmeten der gewerblichen Arbeit wieder die nöthige Beachtung und einen regen Eifer zu. Sie waren es, die die Leib­eigenschaft aufgehoben und mit der Befreiung des Geistes von den Fesseln des Zwanges die Lust und den Fleiss des einzelnen Menschen zum heimischen Gewerbe zur Thatkraft aufgerufen haben. Nach dem Beispiele Englands, Frankreichs und Preussens wurde auch in Oesterreich 1788 mit der Einführung der Prohibition eine vaterländische Industrie gegründet und derselben durch dieses mit drakonischer Strenge durchgeführte Absperrungssystem der Schutz gewährleistet für den eigenen heimischen Markt.

Aber trotz alledem gieng die Entwickelung des heimischen Gewerbes nicht in dem Masse von statten wie in England, Frankreich und den benachbarten Zollvereinsstaaten. Der Grund lag vorzugsweise in der

geringen auf die Communicationsmittel verwendeten Sorgfalt, in der Vernachlässigung derjenigen Einrichtungen rascherer Beförde­rung von Gütern und Mittheilungen jeder Art, welche zur Verein­fachung und Erleichterung des Geschäftsbetriebes beizutragen be­stimmt gewesen waren, endlich aber auch in den traurigen Folgen unglücklich geführter Kriege.

Messplätze, wohl zu unterscheiden von Jahrmärkten, die blos den Verkehr im Kleinen zwischen Kaufleuten und Landvolk vermitteln, während jene den Geschäftsvermittlungen zwischen Kaufleuten aus aller Herren Länder unter sich dienen, besass Oesterreich gleichfalls nicht, und die weltberühmten Messen Deutschlands zu besuchen, dazu war der österreichische Kaufmann noch nicht erzogen. Ausserdem waren auch die schwer begreif­lichen Verordnungen in Bezug auf das Grosshandlungs-Privilegium, die Fondsausweise bei Ertheilung von Handelsbefugnissen keines­wegs geeignet, auf die Belebung des Handels Oesterreichs zu wirken und den Gewerbefleiss zu heben.

Darauf wohl ist es zurückzuführen, dass bis zu den Zwanzigerjahren die Wollmanufactur nur in den Händen der Klein-Industrie und des Kleingewerbes lag. Die Weberei war durchgehends ländliche Beschäftigung, die Wollspinnerei war nur für grobe Gespinnste, noch dazu mit den primitivsten Einrichtungen versehen und repräsentirten unzu­verlässige Wassergetriebe, und bald erschöpfte thierische Kräfte in Ermangelung des allmächtigen Dampfes deren Motoren.

Die neue Strömung hochgesteigerter Arbeitsleistung machte sich aber auch in der Haus-Industrie und dem Kleingewerbe geltend.

Der zunehmende geschäftliche Verkehr der Länder untereinander brachte es mit sich, dass der kleine Mann nicht mehr direct Absatz für sein Product finden konnte, sondern sich an Unternehmer ver­dingen musste, die sie in den sogenannten Factoreien beschäftigten. Dieser Unternehmer oder Klein­industrielle war die Mittelperson zwischen Kaufmann und Producenten. Die sich schnell steigernden An­sprüche an die Industrie führten aber auch dazu, dass das ganze Sinnen und Trachten auf eine raschere und billigere Erzeugung gerichtet sein musste, und das war nur möglich, wenn man alle modernen Hilfs­mittel in Anspruch nahm, d. h. sich auf die maschinelle Erzeugung der Waaren warf, die Zeit und Arbeits­kraft sparte.

Vom Jahre 1830 datirt hauptsächlich der Anfang der österreichischen Fabriks-Industrie, die Anlage von grösseren und zweckmässiger eingerichteten Baumwollspinnereien und von fabriksmässig betriebenen Webereien. An diesen industriellen Gründungen nahm insbesondere Deutschböhmen den hervorragendsten Antheil, hier entstanden in einer kurzen Reihe von Jahren neben vielen anderen Unternehmungen in der

Webstuhl 1848.

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