einen höheren Comfort gewähren konnte, jede Industrie muss, wenn sie erfolgreich sein soll, die Richtung nach dem Weltmärkte suchen und den Kampf mit der grossen, unvermeidlich gewordenen Concurrenz aufnehmen, die zum Hauptfactor des Wirtschaftssystems geworden ist. Die beiden grossen bewegenden Mächte der Industrie sind Production und Consumtion, und mussten dieselben an Kraft in gleicher Weise zunehmen, als das Feld der wirtschaftlichen Thätigkeit ein immer weiteres wurde.

Die Grundbedingungen der Production sind Arbeit und Geld. Unbehindert in der Art und in dem Umfange der Verwendung, unterstützt durch alle Vorteile, welche die intensive Theilung der Arbeit und das Maschinenwesen gewährt, ausgestattet mit den Waffen der Concurrenz, vermag das Capital aus allen Chancen den meisten Gewinn zu ziehen. Unsere Production ist aber derart gestaltet, dass nur demjenigen sich dessen Gunst zuwendet, welcher dieselben mit allen ihren Anforderungen betreiben kann. Diese An­forderungen fassen sich in dem Begriffe der Gross-Fabrication zusammen. Nur mit dem Grossbetriebe können die Gestehungskosten verringert, die Absatzgrenzen erweitert, eine erfolgreiche Concurrenz aufge­nommen werden.

England ist das Heimatland der Gross-Industrie, unserer modernen Volkswirtschaft; hier ist das grosse Capital mit der demselben eigenen Rück­sichtslosigkeit vorgegangen und hat die überaus günstigen Handelsverhältnisse seines Landes mit allem Eifer benützt, um die dadurch mögliche Massenproduction ins Werk zu setzen. In unge­heuerer Schnelligkeit bedeckte sich der englische Boden mit Fabriksanlagen aller Art, welche, da die zahlreiche Bevölkerung in der Landwirtschaft keine genügende Verwendung finden konnte, einen bedeutenden Theil derselben an sich zogen.

Wie in allen Industrien trat nun auch in unserem Jahrhundert der Aufklärung in der Woll- manufactur ein vollständiger Umgestaltungsprocess ein. Die Concurrenz, der wirtschaftliche Wettkampf brachte in der Spinnerei und Weberei eine maschi­nelle Erfindung und Verbesserung nach der anderen hervor, ebenso in gleicher Weise zwang sie die Fabrication, sich immer mehr zu vervollkommnen, sich so viel wie möglich für die Massenproduction einzurichten und endlich die Gestehungskosten, das Fabrikat durch minderwertige Halbfabrikate, durch qualitative Verschlechterung der Producte zu ver­billigen. Die Entwickelung der Woll-Industrie kennzeichnet auch den Fortschritt in der Fabrication der Wollwaaren.

Die Vermischung mit Baumwoll- und Seidenfasern, sowie die verschiedene Art von Verwendung gab Gelegenheit zur Erzeugung von äusserst zahlreichen Varietäten von Bekleidungsstoffen, und wollen wir, um deren Mannigfaltigkeit zu constatiren, einige von ihnen mit ihrem englischen Namen nennen, weil letztere auch im Auslande grösstenteils eingebürgert worden sind:

a) Reine Kammgarnfabrikate: Sateen, Thibet, Damaste, Reps, Moreens, Serge, Paramatta, Cheviots u. s. w.

b) Mit Baumwolle gemischte Gewebe: Delaines, Lastings, Orleans, Mohair, Alpacca u. s. f.

Diese »Worstedgoods«, so genannt nach der kleinen Ortschaft Worsted, wo dieselben zuerst auf­kamen, sind die Lieblinge des englischen Modegeschmackes. Aus englischen und australischen Wollen verfertigt, sind sie die bedeutendste Specialität der englischen Wollwaaren-Industrie und haben ihren Haupt-Fabricationssitz in Bradford, Halifax, Leeds, Worcester und Norfolk.

Mit dem Beginne der Dreissigerjahre entwickelten sich in den einzelnen Städten mit Riesenschritten Centralen der englischen Gross-Industrie und allerorls im Lande wuchsen grossindustrielle Unter­nehmungen empor.

Wollkämmere 1898,

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Die Gross-Industrie. IV.

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