von Schafwollwaaren, welche seit 1882 entschieden immer geringer geworden sind. Diese Zölle haben also ihren Zweck, die Abwehrung der ausländischen Waaren, als Schutzzölle erreicht und die Einfuhr fremder Waare beschränkt.

Das Ideal des Schutzzolles ist für uns der Ausgleichszoll, d. h. ein Zoll von solcher Höhe, dass die Concurrenz der inländischen Industrie gerade auf das Niveau derjenigen des Auslandes gestellt wird, durch welchen also die in den einheimischen Productionsverhältnissen liegende Mehrbelastung möglichst ausgeglichen wird.

Unsere heimische Wollmanufactur ist leider nach wie vor auf das heimische Absatzgebiet ange­wiesen, wir können nur mit wenigen Artikeln mit den grossen seefahrenden Nationen im Exportverkehr concurriren, da wir in Folge der steten Valutacalamität, durch unser theueres Capital, die theueren Maschinen, die hohen Frachtsätze, und nicht zum geringen Theil auch den völligen Mangel an eigenen Colonien mit schweren Hindernissen zu kämpfen haben. Hauptsächlich nur in gedruckten Tüchern, Shawls und leichten gedruckten *Wollwaaren auch mit Seide vermischt gelingt es den österreichischen Grossmanufacturen, bedeutendere Exportgeschäfte nach Italien, Spanien, dem Oriente und Amerika zu er­zielen. In den ganzen übrigen, so zahlreichen und mannigfaltigen Fabrikaten ist Oesterreich auf seinen eigenen Markt angewiesen.

In Folge dieses beschränkten Absatzes haben sich die böhmischen Grossmanufacturen ausser ihren alten Stapelartikeln in sehr bedeutendem Masse auch auf die Herren- und Damen-Modewaaren-Fabrication geworfen und leistet jeder hierin in seiner Art Vorzügliches. Zu Statten kam ihnen der Umstand, dass die Fabrication in feinen Tuchen für den inländischen Bedarf sehr zurückgegangen ist, die Mode den Gebrauch des Tuches verdrängt und durch Kammgarnmodestoffe ersetzt hat.

Zum Schlüsse darf auch der erfreuliche Fortschritt nicht unerwähnt bleiben, den Oesterreich gerade in den Mustern der Damen- und Herrenmodestoffe gemacht hat. Anfangs copirte man blos englische und französische Muster oder modificirte dieselben bei der Copirung. Diese Veränderungen am Originale führten bald zur selbstständigen Idee und es hat sich so eine eigene Geschmacksrichtung herausgebildet, die wohl französischen Charakter als Basis beibehalten hat, aber nur, um auf derselben sich frei und selbstständig zu bewegen. Dem Schwünge und der Lebhaftigkeit französischer Muster hat sich ein gewisser Ernst bei­gesellt, welcher eben jene eigene Richtung bedingt, ebenso wie für gewisse Stoffe der Grundcharakter auch der englischen Muster in der österreichischen Fabrication durch Aufnahme grösserer Leichtigkeit wesentlich modificirt und verbessert worden ist.

Dieses selbstständige Vorgehen unter Benützung des Impulses der Franzosen, zu dem sie vermöge ihrer nationalen Eigenthümlichkeiten vor allen Völkern der Erde befähigt sind, ist nun wohl eine allgemein herrschende Richtung der österreichischen Wollwaaren-Grossmanufactur und leistet ihr Erfindungsgeist be­sonders darin Grossartiges, dass er die theueren französischen und englischen Waaren in billiger und ebenso geschmackvoller Ausführung unserem Markte entsprechend in den Handel bringt.

Hand in Hand mit der Entwickelung der Weberei gieng erfreulicherweise auch die Entwickelung der Spinnereien vor sich und ist die österreichische Industrie nur mehr in wenigen Specialitäten auf den Bezug aus dem Auslande angewiesen.

Heute steht die Spinnerei vollkommen ebenbürtig sowohl in rohen als in färbigen Melangen und Effectgarnen dem Auslande gegenüber und kann man sagen, dass Oesterreich in der Wollwaaren-Gross- Industrie auf dem Weltmärkte in jeder Richtung concurrenzfähig ist.

86