JOH. NEP. PREISEN HAMMER

TUCHFABRIK

NEUTITSCHEIN (MÄHREN).

ls in der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts die grossartigen englischen Spinnmaschinen ihren Sieges­zug durch Europa nahmen, begann in der Geschichte der Textil-Industrie ein neues, glänzendes Capitel. Abgesehen davon, dass dort, wo Weberei betrieben wurde, die Einführung der neuen Maschinen dem Handbetriebe ein unaufhaltbares Ende bereiteten, erschlossen sich Länder, in denen bisher gar keine oder eine nur sehr geringe Textil-Industrie bestand, der neu aufblühenden Industrie. So geschah es auch in Mähren, wo die Verhältnisse für die Gründung von Unternehmungen besonders günstig lagen. Unter jenen Firmen, deren Anfang in jene Zeit fällt, gehört auch die Neutitscheiner Tuchfabrik Johann Nepomuk Preisenhammer, und wie bei den meisten Etablissements auf diesem Industriezweige, war auch ihr Betrieb und Umfang in den ersten Zeiten ein sehr bescheidener. Als der Gründer der Firma, Johann Nepomuk Preisenhammer, im Jahre 1848 seine Betriebsstätte eröffnete, beschränkte sich diese auf ein zwei Stock hohes, auf einer Baugrund­flache von 350 Meter errichtetes Fabriksgebäude, in welchem 25 Arbeiter Beschäftigung fanden.

Fleiss, Tüchtigkeit und streng reelles Gebahren des Gründers und seiner Nachfolger Hessen das Etablissement gedeihen und wachsen, und entsprechend der steigenden Production, geschahen successive Veränderungen und Neu­anschaffungen, durch die der Firmainhaber den Anforderungen seiner Zeit Rechnung trug und die andererseits die Production allmählich so erhöhten, dass das Etablissement heute zu den grossindustriellen Firmen zählt.

Inzwischen waren auch in der Leitung der Fabrik wichtige Veränderungen eingetreten. Im Jahre 1860 gieng das Unternehmen an die beiden Söhne des Gründers, an Johann und Moriz Preisenhammer, über; als diese bereits in den ersten Monaten des Jahres 1864 rasch nach einander mit dem Tode abgiengen, übernahm am 1. Juli 1864 der gegenwärtige Besitzer Max Preisenhammer, ein Cousin der Verstorbenen, in dem jugendlichen Alter von 23 Jahren das Etablissement.

Entsprechend den Veränderungen der inneren Einrichtung der Fabrik, vollzog sich auch die bauliche Umgestaltung und Erweiterung des Unternehmens langsam und stetig. Im Jahre 1868 wurde ein neuer, zwei Stock hoher Fabrikstract von 500 Quadratmeter Baugrundfläche aufgeführt, im Jahre 1888 ein ebenerdiges Fabriksgebäude von circa 300 Quadratmeter Baufläche, weiters ein Kesselhaus mit Schornstein. Im Jahre 1895 endlich wurde der Bau eines neuen Fabriksgebäudes unternommen, das, ein Rohbau von zwei Stockwerken, eine Baugrundfläche von 900 Quadratmeter bedeckt; überdies wurde eine neue 1 oopferdekräftige Compound-Dampfmaschine aufgestellt.

Das Etablissement in seinem gegenwärtigen Umfange, in dem drei Dampfmaschinen von 100, 40 und 3 Pferdekräften functioniren, setzt sich aus folgenden Abtheilungen zusammen: 1. Die Spinnerei mit 4 Assorti­ments, 48" Krempel; 2. die Weberei, enthaltend 47 mechanische Webstühle; 3. die Appretur; 4. die Färberei.

Die Fabrik ist elektrisch beleuchtet, die aufgestellte Dynamomaschine unterhält 500 Glühlämpchen.

Die Production umfasst Loden-, Melton-, Cheviot- und Kammgarnartikel. Exportirt wird nur in geringen Quanten nach Italien und den Balkanländern.

Die Fabrik beschäftigt 150 Arbeiter, von denen mehr als ein Drittel 1038 Jahre der Fabrik angehören, wodurch allein das gute Verhältnis, das zwischen Arbeitern und Eigenthümern herrscht, charakterisirt ist. Für 12 Arbeiterfamilien wurde im Jahre 1892 ein eigenes Wohnhaus mit Garten gebaut. Ausser den von den compe- tenten Behörden geforderten Vorkehrungen zum Schutze und zur Sicherheit des Lebens der Arbeiter hat die Firma auch in anderer Weise stets für ihre Arbeiterschaft gesorgt. So wurde schon im Jahre 1868 die Betriebs-Kranken- casse errichtet, an die von der Firma ein Beitrag in der Höhe der von den Arbeitern gemachten Einzahlungen er­folgt; der Beitrag für die Unfallversicherung wird von der Firma allein bestritten. Ausserdem stiftete die Firma 1894 einen Altersversorgungs-, Witwen- und Waisen-Unterstützungsfond in der Höhe von 20.000 Kronen und leistet an jährlichen Beiträgen 2 Procent von den ausbezahlten Arbeitslöhnen und 5 Procent von den ausbezahlten Gehältern. Die Beamten und Arbeiter selbst haben keine Beiträge zu leisten. Weiters wurde von der Firma 1886 eine Alters­versorgungs-Stiftung für einen Arbeiter in der Höhe von 4000 fl. österreichischer Silberrenten gemacht, deren Zinsen­ertrag einem alten, arbeitsunfähigen Arbeiter zukommt.

Die Firma, die in Wien eine Niederlage besitzt, wurde auf der Wiener Weltausstellung im Jahre 1873 prämiirt.

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