Im Ganzen muss Iserthai mit seinen imposanten Fabriksgebäuden, seinen mit wohlgepflegten Vorgärtchen versehenen Wohngebäuden der Angestellten, den vielen sauberen Arbeiterwohnhäusern auf jeden Besucher einen grossartigen, aber auch herzerfreuenden Eindruck machen. In kleinerem Maassstabe gilt das Gleiche von der Fabriks­anlage Ober-Iserthal.

Ungefähr in der Mitte zwischen beiden Fabrikscomplexen, näher zur Stadt Semil gelegen, befindet sich noch ein drittes der Firma gehöriges kleineres Fabriksgebäude, »Idamühl« benannt, das an Stelle einer alten, Eigenthum des bekannten tschechischen Politikers, Franz Ladislaus Rieger, gewesenen Mahlmühle aufgeführt worden ist. In »Idamühl* wurde früher Abfallspinnerei betrieben; neuestens ist, wie oben erwähnt, eine Weberei baumwollener Waaren darin eingerichtet worden.

Nicht unerwähnt kann noch ein grosses, sehr kostspieliges Werk bleiben, das in den Jahren 187g83 von der Firma vollbracht wurde, die Regulirung des Iserflussbettes. Der frühere Zustand der Iser war nämlich derart, dass ein Theil des Gefälles nicht ausgenützt werden konnte und ausserdem die Gefahr bestand, durch Ueberschwemmungen grossen Schaden in der Fabrik zu erleiden. Um den Fluss zu reguliren, musste eine Felsenschlucht derart erweitert werden, dass die dreifache Wassermenge rasch abfliessen kann. Das Flussbett wurde ausserdem vertieft und mit steinernen Schutzmauern versehen. Dass diese Flussregulirung die hohe Summe von 120.000 fl. erfordert hat, wird Jeder, der von Wasserbauten Etwas versteht, gern glauben. Bis jetzt hat sich das Werk bestens bewährt, und die jüngste Hochwasserkatastrophe, welche in der Nacht vom 29. auf den 30. Juli 1897 in einem grossen Theile der Monarchie unsägliche Verheerungen anrichtete und übrigens auch in Iserthai, besonders in der Druckfabrik, sehr

Hand-Druckerei in Semil.

4P*- 'rme#*?.

ÄäSS

K*2

r*.y

r&Sss*:

-.y

bedeutenden Schaden verursachte, hätte ohne die Flussregulirung vielleicht verhängnisvoll für die ganze Colonie sein können.

Wir nehmen nun Abschied von Iserthai und kehren zurück nach dem Stammsitze der Firma, Böhmisch- Aicha. Hier wurden die beiden Fabricationszweige lange Jahre in ziemlich unveränderter Weise fortbetrieben, wobei allerdings verschiedene Um- und Neubauten erforderlich waren. Das wichtigste Vorkommnis war die in den ersten Achtzigerjahren vor sich gegangene Uebertragung der Kraftweberei in das mittlerweile errichtete grosse Shedgebäude, wo in einem einzigen Colossalraume derzeit circa 700 mechanische Webstühle im Betriebe sind.

Von Motoren sind in Böhmisch-Aicha in der unteren Fabrik (Bleiche) in Verwendung: Eine Compound- Dampfmaschine mit 300 Pferdekräften, vor wenigen Jahren von der Prager Maschinenbau-Actiengesellschaft (vormals Ruston) bezogen; zwei kleinere Dampfmaschinen; zwei Elektromotoren, zu deren Betrieb der elektrische Strom von einer Wechselstrom-Dynamomaschine geliefert wird. Dampfkessel sind in der unteren Fabrik 17 in Ver­wendung, weitere zwei in der oberen Fabrik (Druckerei).

Je nach der Art des Gewebes sind die Manipulationen, welchen die Rohwaaren unterworfen werden, sehr ver­schieden, und es werden, da die Art der erzeugten Stoffe sehr mannigfaltig ist, und nachdem sich in dieser Beziehung im Laufe der Jahre ein grosser Umschwung vollzogen hat, in der unteren Fabrik unter Anderen verwendet: Krapp-, Wasch-, Brüh-, Walk-, Rauh-, Scheer-, Trocken-, Decatirmaschinen, Rouleaux-Druckmaschinen, hydraulische Pressen u. s. w. Die einstens eine so bedeutende Rolle spielenden Plalbwollwaaren (Orleans, Zanellas u. s. w.), die wesentlich einfachere Werkvorrichtungen erheischten, haben nach und nach ihre frühere Beliebtheit fast ganz eingebüsst und wurden durch verschiedenartige ganzwollene Kleiderstoffe verdrängt, woran nicht allein die Mode Ursache war, sondern namentlich auch der durch die ungeheuere Zunahme der Schafzucht in überseeischen Ländern, vor Allen Australien, hervorgebrachte Preisrückgang der Wolle. Natürlich musste sich die Fabrication diesem Wandel nolens volens anbequemen.

1S1