iSX-

»

r'

r

GETZNER, MUTTER & CO

UND

GETZNER & CO.

BLUDENZ, NENZING, FELDKIRCH UND WIEN.

m Schlüsse des vorigen und im Anfänge dieses Jahrhunderts entwickelte sich in der Ostschweiz all­gemach die Baumwoll-Industrie und blieb davon selbstverständlich auch Vorarlberg nicht unberührt, da zwischen dieser Provinz und der benachbarten Schweiz, ein reger Wechselverkehr stattfand. Im vor- arlbergischen Unterlande begann die Baumwoll-Industrie zuerst; dem Unterlande folgte bald das Ober­land mit Feldkirch und Bludenz.

Die Einwohner,- insbesondere die der ausgedehnten volkreichen Marktgemeinden Vorarlbergs, befassten sich bis­her neben der Viehzucht und dem Feidbaue lediglich mit der Herstellung- und der Ausfuhr hölzerner Häuser nach der Schweiz, welch localer Erwerbszweig lange fortblühte und nebst dem davon entfallenden Arbeitsverdienst eine bessere Verwerthung ihrer Waldproducte sicherte. Bei dem kargen Erträgnis von Grund und Boden hätte die immer mehr anwachsende Bevölkerung nur schwer ihr Fortkommen finden können, und so fiel es, wie dies auch anderwärts öfter der Fall ist, auch hier einzelnen rührigen Männern zu, sich um einen neuen, das materielle Wohl ihrer Mitbürger sichernden Erwerbszweig umzusehen. Die Verhältnisse der schweizerischen Industrie, insbesondere der Baumwoll-Industrie, bot denkenden Männern eine verlockende Gelegenheit, es damit in der Heimat zu versuchen. Als »Ferker« war so Mancher, der dann später der Gründer eines Hauses von Bedeutung und hohem Ansehen geworden, in den Schweizer Fabriken herumgekommen und hatte Gelegenheit, deren Einrichtungen, Betriebe und sonstige Verhältnisse zu studiren, denn seine Thätigkeit bestand darin, von Fabrikanten die Baumw'olle und Garne, deren Verarbeitung im eigenen Etablissement mangels genügender Kräfte unmöglich war, zu übernehmen, an der Grenze die zollämtliche Behandlung zu besorgen und sodann in Vorarlberg an Familien das Rohmaterial zum Verspinnen beziehungsweise Verweben abzugeben. War dies geschehen, zahlte er den Lohn und leitete die Waare nach abermaliger zollämtlicher Ausfuhrbehandlung an den Schweizer Fabrikanten zurück. Diese Ferker, meist Männer mit einsichtsvoller Denkungsart und einem die Sachlage klar erfassenden Blicke, halfen redlich mit bei der Einführung einer Industrie in ihr engeres Heimatland, die heute den grösseren Theil der Bevölkerung ernährt. Während aber die Handweberei im unteren (nördlichen) Theile Vorarlbergs gegen Ende des vorigen und bei Beginn des jetzigen Jahrhunderts schon eine beträchtliche Ausdehnung hatte in Dornbirn allein arbeiteten im Jahre 1796 an 600 Weber beschränkte sich die Bearbeitung von Baumwolle im Oberlande, insbesondere in Feldkirch und Bludenz, auf die Handspinnerei.

In letzterer Stadt waren es Christian Getzner, geboren im Jahre 1782 in Satteins, Andreas Gassner, ge­boren im Jahre 1776 in Nenzing, und Franz Xav. Mutter, geboren 1776 in Tobadill in Tirol, welche im Jahre 1818 unter der Firma »Getzner, Mutter & Co.« zum gemeinsamen Fortbetriebe ihrer bereits bestehenden Geschäfte: Specerei-, Färb-und Schnittwaarenhandlung sowie Wachszieherei, zusammentraten und ganz besonders die Vergrösserung der Baumwollfabrication und Spinnerei mit Handbetrieb in Angriff nahmen, nachdem Christian Getzner schon im Jahre 1813 mit der Baurmvollhandspinnerei begonnen und sich ihm im Jahre 1817 Andreas Gassner, welcher sich diesbezügliche Kenntnisse in der Schweiz erwarb, mit der Errichtung einer Färberei zugesellt hatte.

Die meistens in der Schweiz und auch in England angekaufte Baumwolle kam durch die »Ferker« in die umliegenden Thäler Montafon, Walserthal, Klosterthal, Brandnerthal und auf dem Damberg an die bäuerliche Bevölkerung zur Ausgabe und wurde im Hause versponnen; die fertigen Garne wurden durch die Ferker nach

236

I