thalaufwärts der Rappenlochschlucht von den Industriellen Dornbirns gemeinsam eine grosse Stauwehranlage geplant und der Vollendung nahe gebracht, welche ein Reservoir für das bei Nacht und bei Regenwetter überschüssige Wasser der Dornbirner Ach bilden und allen Industriellen Dornbirns zu Gute kommen soll. Die Eigenart dieser neuen kühnen Anlage, sowie die Art und Weise, wie hier überhaupt die relativ kleine Wasserkraft der Dornbirner Ach für industrielle Zwecke ausgenützt wurde und noch weiter nutzbar gemacht werden soll, sind von allgemein wasser­bautechnischem Interesse.

Anfangs der Achtzigerjahre wurde die früher in Steinebach in kleinerem Umfange betriebene Türkisch- rothfärberei in das für diesen Industriezweig erworbene und erweiterte Etablissement »Fischbach« verlegt und fortan in ziemlich ausgedehntem Maasse als selbstständiges Unternehmen betrieben.

Mitte der Achtzigerjahre wurde das in der Gemeinde Sch war zach, eine Stunde von Dornbirn gelegene Webereianwesen des Josef Schwärzier erworben und erweitert. Die hauptsächlichste Veranlassung zur Erwerbung dieses Anwesens lag darin, dass eine nothwendig gewordene Erweiterung der Buntweberei in Dornbirn selbst wegen der immer unzureichender gewordenen Zahl einheimischer Arbeiter schwer durchführbar schien. Nahm ja doch die in stetem Aufschwünge begriffene Stickerei als Haus-Industrie bereits einen grossen Theil der einheimischen Arbeiter­schaft in Anspruch, und war die Firma jederzeit wie auch in der Folge so viel als nur möglich bestrebt, mit der soliden, sesshaften Arbeiterschaft das Auskommen zu finden.

Neben dem Mangel an ausreichender, einheimischer Arbeiterschaft waren es auch die unzureichenden, nur durch sehr kostspielige Hochdruckleitungen ausnutzbaren Wasserkräfte, welche einer Ausdehnung des industriellen Unternehmens in Dornbirn hinderlich im Wege standen. Der hohen Fracht wegen sind Kohlen für die A r orarl- berger Industrie im Allgemeinen ein sehr theures Betriebsmaterial. Als daher der Firma von der Gemeinde Alten­stadt eine noch unausgenützte grosse Wasserkraft (die 111 unterhalb Feldkirch) Ende der Achtzigerjahre zum Kaufe angeboten wurde, schien ihr die Erwerbung derselben zur Verwerthung für eine neue Baumwollspinnerei sehr er­wünscht, denn die Garnproduction der Spinnereien Gütle war schon einige Zeit nicht mehr ausreichend für den Bedarf der eigenen Webereien, Garnfärbereien und Zwirnereien. Mit Rücksicht auf gefährdet erscheinende Interessen der angrenzenden Wasserrechtsbesitzer zogen sich die Verhandlungen zur Erreichung der Baubewilligung einige Jahre hinaus, so dass erst 1892 mit dem Baue der Canal-und Fabriksanlage begonnen werden konnte. Dem Betriebe konnte die »Spinnerei Gisingen« 1894 übergeben werden. Wegen deren nach dem neuesten Stande der Technik erfolgten Einrichtungen und der interessanten Wasser- und Turbinenanlage, wurde das Etablissement, besonders in den ersten Jahren seines Bestandes, von hervorragenden Fachmännern des In- und Auslandes besucht und wiederholt öffentlich als Musteranlage hingestellt.

In Dornbirn selbst erwarb die Firma im Jahre 1896 noch die ehemalige Spinnerei »Saegen«, welche ent­sprechend adaptirt und für eine Buntweberei eingerichtet wurde. Im selben Jahre kaufte die Firma noch das Anwesen der liquidirten Ramie-Industrie-Actiengesellschaft »Mererau« bei Bregenz, da in Folge des auch für Färb- und Bleichzwecke immer unzureichender werdenden Wasserquantums in Steinebach die Erwerbung einer mit schönem, reichlichem Wasser versehenen Anlage als Reserve geboten erschien.

Während sich so die Zahl der auseinander liegenden kleineren und grösseren Etablissements der Firma im Laufe der Zeit vermehrte, vergrösserte sich die Centralanlage Steinebach ununterbrochen und bildet heute in dem engen Gebirgsthale in der Anordnung der einzelnen Gebäude ein kleines Städtchen.

Ausser vier Gebäuden mit Buntwebereien befinden sich in Steinebach die Vorbereitungsbetriebe und Lager­räume für sämmtliche Buntwebereien der Firma: Die Garnfärberei, Bleicherei, Zwirnerei und Druckerei, die Strangen- und Kettenschlichterei, Weifereien, ferner die Einrichtungen für die Veredlung der fertigen rohen und bunten Baum- wollgewebe aller Arten: die Sengerei, Rauherei, Stückbleicherei, Färberei und Druckerei, sowie die Appreturanlagen. Zur Versorgung aller Etablissements mit der nöthigen motorischen Kraft (Wasser und Dampf) für elektrische Kraft­übertragung und Beleuchtung befinden sich in den einzelnen Fabriksanlagen vertheilt 9 Dampfmaschinen mit 17 Dampfkessel, 9 Hochdruck- und 5 Niederdruck-Turbinen und 14 Dynamos, welche Motoren zusammen mehr als 3000 Pferdekräfte liefern beziehungsweise übertragen. Die erste Dampfmaschine in Steinebach kam 1857 in Betrieb.

Entsprechend der Vielseitigkeit in den Betrieben ist auch die Vielseitigkeit der Production des Unternehmens. Ausser den einfachsten rohen, gebleichten oder gefärbten Vorarlberger Cottonen und Futterstoffen, wie solche von dort seit mehr als hundert Jahren in den Handel kommen, erzeugt die Firma in den eigenen Fabriken bunte Schaft- und Jacquard-Gewebe verschiedenster Ausführung.

In früheren Jahren cultivirte die Firma vorwiegend jenen Schlag solider Baumwollwaaren, welcher von der conservativen Landbevölkerung, besonders der Alpenländer, mit Vorliebe gekauft wird. Sie erzeugt auch heute noch auf diesem Gebiete viele Artikel, welche in Bezug auf Gediegenheit ausser Concurrenz stehen. Neben der Pflege ihrer Stammartikel hat sich die Firma, dem Zuge der Zeit folgend, besonders in den letzten Jahren in gleichem Maasse auch der Cultivirung feiner, von der Mode geforderter, sogenannter Stadt- und Phantasie-Artikel mit Erfolg zugewandt.

Die Webereien der Firma erzeugen derzeit während eines grossen Theiles des Jahres fast ausschliesslich mehrfarbige Baumwollstoffe. Ein Theil des Bedarfes an rohen und glatten Geweben wird zumeist aus eigenen Ge- spinnsten nach eigenen Typen auswärts gewoben und hierauf fast ausschliesslich in den Bleicherei-, Färberei- und Appreturanstalten der Firma veredelt und für den Markt fertiggestellt.

Das Absatzgebiet der Erzeugnisse der Firma bildet zunächst wohl die österreichisch-ungarische Monarchie in allen ihren Theilen; es werden aber sowohl Buntwaaren als auch gefärbte Garne seit Jahren exportirt.

Wenn auch während des gewaltigen Umschwunges der letzten zwei Jahrzehnte auf dem Gebiete der mechanischen Weberei ein gewisser, zum Theil durch die örtlichen Verhältnisse bedingt gewesener Conservatismus

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