erzeugen begonnen hatte, die ihren Absatz am besten in Wien fanden. Es wurden davon Lager bei Wiener Com­missionären gehalten, bis am i. Jänner 1860 Hämmerle seine eigene Niederlage in Wien errichtete. Im Jahre 1876 wurde diese Niederlage in das vom Gründer der Firma erworbene Geschäftshaus am Franz Josefs-Quai Nr. 39 verlegt.

Die zur Zeit der Errichtung der Niederlage in Wien am meisten beliebten Artikel waren gedruckte und ge­webte Hosenstoffe, Calmuk, Matratzen und Möbelgradl, Biber, Lamas, sowie Pelzbarchent.

Seit Anfang 1850 war in Folge der Errichtung mechanischer Webereien die Handweberei immer mehr in Ab­nahme gekommen, bis sie im Laufe der Sechzigerjahre ganz aufhörte und die Firma schon damals fast nur mehr auf mechanischen Stühlen erzeugte Waaren zum Verkaufe brachte.

Franz Martin Hämmerle legte in seiner Fabrication von anfang an das Schwergewicht auf die Erzeugung buntgewebter Waaren, widmete später aber auch der Druckerei grosse Aufmerksamkeit und verstand diese als Neben­zweig rationell auszunützen. Neben buntgewebten und bedruckten Baumwollwaaren wurden auch schon frühzeitig vom Gründer der Firma gebleichte und stückgefärbte, ungerauhte und gerauhte Waaren in den eigenen Fabriken fertig erzeugt und als Nebenzweig der Buntweberei und Couleurfärberei die Erzeugung von ein- und mehrfärbig gezwirnten

Strickgarnen mit grösstem Erfolge betrieben.

Als Franz Martin Hämmerle 1864 seine erste Baumwollspinnerei in Gütle bei Dornbirn erbaut hatte, war er mit seinen verhältnismässig noch nicht sehr ausgedehnten Etablissements so vielseitig und leistungsfähig einge­richtet, dass er, vom Spinnen der rohen Baumwolle angefangen, alle Manipulationen zur Herstellung fertiger, d. h. marktfähiger Baumwoll­waaren der verschiedensten Gattungen (buntgewobte, bedruckte, gebleichte, gefärbte, gerauhte etc.) in den eigenen Fabriken vornehmen konnte.

Diese Vielseitigkeit, die der Strebsamkeit und der Freude des Gründers an seinem stetig wachsenden und blühenden Geschäfte ent­sprungen, nahm die Schaffenskraft des Franz Martin Hämmerle zwar ungewöhnlich in Anspruch, sie bot aber auch dem Geschäfte eine ge­wisse Sicherheit für die Continuität des Betriebes und des Erfolges. That- sächlich kam der Gründer der Firma während seiner mehr als vierzig­jährigen Thätigkeit kein einzigesmal in die Lage, seine reguläre Production einschränken oder wegen Mangel an Absatz Arbeiter entlassen zu müssen. Ebensowenig wie er und seine Nachfolger je zu Lohnreductionen veran­lasst waren, brauchte seitens der Arbeiterschaft eine Lohnregulirung durch gemeinsames Vorgehen derselben je erwirkt zu worden.

Trotz mancher für die Baumwollwaarenproduction im Allgemeinen ungünstigen Zeiten und einiger, namentlich während der ersten Jahre er­littener, schwer empfundener Schicksalsschläge entwickelte sich das Unter­nehmen nicht sprunghaft, aber ununterbrochen.

Franz Martin Hämmerle w 7 ar in der Wahl der von ihm auf- // }

genommenen Geschäftszweige ebenso vorsichtig, als er glücklich in der Wahl seiner Mitarbeiter war, deren treue Hingebung und tüchtige Leistungen er bis zu seinem Tode stets wärmstens anerkannte.

Am 14. Februar 1878 starb Franz Martin Hämmerle nach längerem schweren Leiden, tief betrauert von seiner zahlreichen Familie und seinen Arbeitern. Während seiner Krankheit bot ihm Arbeit noch lange Freude und Erholung. Das von ihm allein mit kleinsten Mitteln gegründete und zu grosser Blüthe gebrachte Unternehmen ver­machte er testamentarisch seinen Söhnen Otto, Victor, Theodor und Guntram Hämmerle, welche noch heute die Besitzer der Firma und Leiter des Unternehmens sind.

Das Hauptetablissement der Firma, in wolchem alle Zweige des vielseitigen Fabriksgeschäftes, mit Ausnahme der Spinnerei, vertreten sind, und welches gewissermaassen die industrielle Centrale des ganzen Unternehmens bildet, befindet sich in Steinebach, einem schönen, engen Thale südöstlich von Dornbirn. Hier befinden sich noch die äusser- lich zwar vielfach veränderten ersten, vom Gründer der Firma erbauten und eingerichteten Fabriksgebäude. Zu Lebzeiten des Franz Martin Hämmerle war das Etablissement Steinebach bereits aus einer respectablen Zahl grösserer und kleinerer Fabriksgebäude gebildet.

Das Etablissement Weppach besteht aus zwei Gebäuden mit Buntwobereien. Das eine wurde schon im Jahre 1855 von Franz Martin Hämmerle erworben und sofort als mechanische Buntweberei eingerichtet, während das zweite von seinen Söhnen 1889 gebaut und in Betrieb gesetzt wurde.

In den Jahren 1862 und 1863 entstand die erste Baumwollspinnerei der Firma in »Gütle«. Franz Martin Hämmerle hatte die Baustelle, nahezu eine Stunde vom Markte Dornbirn entlegen, für die Errichtung einer Spinnerei gewählt, weil er hier durch eine Thalsperre zur Anschwellung der wilden Dornbirner Ach eine günstige Wasserkraft zu gewännen in der Lage war.

Im Jahre 1868 wurde in Gütle eine zweite Spinnerei erbaut. Die besonders zu gewissen Jahreszeiten für die beiden Spinnereien unzureichende Wasserkraft war Veranlassung, dass die Firma in späteren Jahren wiederholt das Gefälle für die Turbinenanlagen durch neue Thalsperren erhöhte. Diese Thalsperren sind in enge, romantische Fels­schluchten, durch welche sich die Ach einst ihren Lauf bahnte, eingebaut und bilden mit ihrer Umgebung einen be­ständigen Anziehungspunkt für einheimische Ausflügler und Vorarlberg besuchende Fremde.

Erst durch die Wasseranlagen der Firma ist die »Rappenlochschlucht« recht bekannt und der allgemeinen Besichtigung zugänglich gemacht worden. Auf die Initiative der Firma wurde in neuerer Zeit circa 1 Kilometer

Die Gross-Industrie. IV.

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