GOTTLIEB SCHNABEL

MECHANISCHE WEBEREI

NEUPAKA.

VVjfsI ieses Etablissement beschäftigt sich mit der Erzeugung von Baumwollwaaren für alle Zwecke und bringt solche sowohl als Halbfabricate als auch in veredeltem nadelfertigen Zustande in den Handel.

Hauptsächlich befasst sich dasselbe mit der Herstellung von Stoffen für Männerkleider aus Baumwolle, in zweiter Linie werden Baumwollstoffe für Druck- und Färbzwecke und für den Bedarf der Wäsche­erzeugung hergestellt.

Das directe Absatzgebiet für die Erzeugnisse dieses Unternehmens beschränkt sich auf die Oesterreichisch- ungarische Monarchie, doch werden die Fabricate in veredeltem Zustande theilweise von dritter Seite in die Balkan­staaten exportirt.

Die Fabrik ist vom jetzigen Inhaber, Gottlieb Schnabel, gegründet und zu der hohen Bedeutung, welche dieselbe heute einnimmt, gebracht worden. Im Jahre 1854 in Bidschow in Böhmen als vierter Sohn eines angesehenen Kaufmannes und Landwirthes geboren, widmete sich Gottlieb Schnabel nach absolvirten Real-und Handelsschul­studien der kaufmännischen Laufbahn, conditionirte in grossen Handels- und Fabrikshäusern in Deutschland und später in Oesterreich; sein offener Blick erschloss ihm die Ressorts seiner verschiedenen Stellungen derart gründlich, dass er binnen wenigen Jahren neben theoretischen Kenntnissen eine reiche Erfahrung sein Eigen nennen konnte.

Geleitet von dem Gedanken, sich als Fabrikant eine Existenz zu gründen, trachtete er, sein Wissen auch auf technischem Gebiete zu erweitern, und durch fleissiges Selbststudium und spätere praktische Thätigkeit in einem Textilbetriebe erreichte er auf diesem Felde jene Routine, welche unter den gegebenen Verhältnissen unbedingt nöthig war, um mit Aussicht auf Erfolg an die Gründung einer eigenen Erzeugungsstätte herantreten zu können.

Im Jahre 1882 bot sich die Gelegenheit, in dem kleinen böhmischen Orte Neupaka ein kleines Object, welches seit nahezu 25 Jahren bestand, den verschiedensten Industriezwecken gedient hatte, nun aber seit Jahren unbenützt war und zu verfallen drohte, pachtweisezu erwerben und hier begann nun Gottlieb Schnabel, nachdem in ihm der Gedanke, ein Textilunternehmen zu gründen, festen Fuss gefasst hatte, eine mechanische Baumwollwaaren- weberei einzurichten.

Die Arbeitskräfte des kleinen Ortes waren an Zahl gering, auch dem Fabrikserwerbe wenig geneigt, und so war für einen Anfang der Boden nicht besonders geeignet.

Nach Monaten mühevoller Arbeit bewegte endlich im Juli des Jahres 1883 eine kleine Maschine 50 Web­stühle. Im Wege einer allmählichen Entwickelung wuchs die Ausdehnung des Unternehmens, und schon im Jahre 1884' wurden 180 Stühle betrieben und ausserdem für die bedeutende Handweberei in der Umgegend der Bedarf an Ketten­garnen geliefert.

Nun war aber auch der vorhandene Raum erschöpft und dem weiteren Wachsthum des Etablissements dadurch eine Grenze gesetzt.

Im Jahre 1887 erwarb der Inhaber die bisher gepachtete Fabrik käuflich, und die Weberei wurde jetzt durch einen Zubau, in welchem weitere 120 Stühle untergebracht werden konnten, erweitert. In den folgenden Jahren wurden grössere Lagerräume geschaffen und sonstige Zubauten ausgeführt.

Indessen blieb auch die andere Webe-Industrie nicht unthätig, es wuchsen gleichzeitig grosse Concurrenz- etablissements heran, und dem Drange nach Verbilligung'der grossen Regiekosten folgend, entschloss sich Gottlieb Schnabel im Jahre 1892 zur Erbauung eines neuen Shedgebäudes, in welchem bessere Artikel erzeugt werden sollten, da die ältere Bauart des Hochbaues dem hinderlich war.

Der neue Fabrikstheil wurde sodann auch den Anforderungen der Neuzeit entsprechend in allen Einzelheiten praktisch und aufs Bequemste eingerichtet. Der 4000 Quadratmeter grosse Websaal mit seinen 600 Stühlen macht sowohl durch die Fülle des einfallenden Tageslichtes, als auch bei elektrischer Beleuchtung einen recht imponirenden Eindruck.

Diese Erweiterung brachte ferner die Anschaffung von neuen Betriebsmaschinen und einer Kesselanlage mit sich, welche entsprechend gross gewählt wurde, um für die im Jahre 1894 erfolgte Erweiterung der Shedanlage auf 600 Stühle auszureichen.

Die Gross-Industrie. IV.

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