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DIE OESTERREICHISCHE EEIN EN- 1 NDUSTRIE.

an könnte wohl keine zweite Industrie und keinen zweiten Theil der Eandwirthschaft unseres österreichischen Vaterlandes nennen, welcher mehr Anknüpfungen theils an die geschicht­liche Entwickelung Oesterreichs, theils an die fürsorglichen Regierungsmaassnahmen unseres glorreichen Erzhauses für den Gewerbefleiss seiner Unterthanen böte, als die Leinen-Industrie. Der Sieg Kaiser Rudolfs über Ottokar II. und der kurz darauf erfolgende Erwerb Böhmens machte unser Kaiserhaus zum Herrscher über die ersten gewerbefleissigen deutschen Ansiedler, welche noch jener böhmische König um das Jahr 1264 von den Nordufern Deutschlands nach Böhmen berief, um die heimische Leinen-Industrie zu begründen, deren ureigene Domäne noch heute das böhmische Riesengebirge und die nordmährischen und schlesischen Gebirgslandschaften sind.

Die Niederlande, das industriereiche Brabant, dessen Flachsculturen und dessen Leinengespinnste für immer unübertroffen dastehen, konnten sich rühmen, die zweite Heimat eines der grössten Fürsten aus dem Hause Habsburg zu sein, Kaiser Karls V., und bis an der Schwelle unseres Jahrhunderts unter habsburgischem Scepter zu stehen, flines Leinenwebers Tochter, die schöne Philippine Welser, konnte sich der unerhörten Ehre rühmen, die Gemahlin eines unserer erlauchten Prinzen zu werden, und auch ein Augsburger Leinenweber, Fugger, war es, der dem mächtigen Kaiser Karl V. die Mittel zu dem Seekriege gegen die Barbareskenstaaten des Mittelmeeres zur Verfügung stellen durfte. Die Leinenweberei Deutschlands und Oesterreichs blieb, so lange das Deutsche Reich unter habsburgischem Scepter stand, die Fürstin unter den Industrien, die weder ehemals vom Glanze Venedigs, noch auch später bis in den Anfang unseres Jahrhunderts von Englands wachsender Industriemacht von ihrem Throne verdrängt werden konnte.

Aber nicht allein mit den Zeiten ihrer höchsten Bliithe, auch mit den unglücklichen Stunden Oester­reichs war gerade der Glanz der Leinen-Industrie auf das Innigste verknüpft. Seit dem Jahre 1350, wo Kaiser Karl IV. Schlesien, Nordböhmen und Mähren mit flämischen und niederländischen Webern bevölkerte, den Fürstenthümern Jauer und Schweidnitz insbesondere zur Aufhilfe der dortigen neu erblühenden Leinen­bleicherei seine Sorgfalt zuwandte, kam wenig ausländische Leinwand mehr in die österreichischen Lande. Nordböhmen, _Jdähren und Schlesien begründeten von da an den Ruhm der österreichischen Leinen- Industrie, welche Europa und die überseeischen Länder unumstritten mit ihren Producten beherrschte. Da brach jene Reihe von verheerenden Kriegen aus, die zu ihrem Schauplatze zum überwiegendsten Theile eerade die Gebiete der österreichischen Leinen-Industrie sich erwählten und deren jeder einen fast töd-

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