liehen Schlag- auf dieselbe ausübte. Der Hussitenkrieg im Beginne des 15. Jahrhunderts machte den Anfang mit seinem Zerstörungswerke im böhmischen Gebiete, so dass die erst im Jahre 1595 begründete erste Trautenauer Weberzunft den Leinenhandel noch immer in vollständiger Abhängigkeit von Schlesien fand. Der dreissigjährige Krieg vernichtete im Anfang des 17. Jahrhunderts die Centren des schlesischen Leinen­handels Jauer und Greiffenberg, und der Zollkrieg Christians IV. von Dänemark (1628), der die Elbe­durchfahrt mit einem hohen Zolle belegte, bedrohte die Leinenausfuhr aufs Ernstlichste. Im Jahre 1651 soll in Mähren kein Leinwandhändler mehr gewesen sein.

Schon Kaiser Ferdinand III. hatte 1638 einen Ausfuhrzoll auf Leinwand und Flachs geschaffen. Mit der grössten Dankbarkeit kann aber die österreichische Leinen-Industrie auf die Obsorge Kaiser Leopolds I. und seiner nächsten Nachfolger für ihre Entwickelung zurückblicken. In deren Regierungszeit fällt die Begründung der Hirschberger Corporation, einer Vereinigung der bedeutendsten Kaufleute und Schleierhändler, die erste Verordnung über die reelle Herstellung von Leinwand und deren Controle durch die Magistrate (1660), die Einsetzung des Commerz-Collegiums unter der Präsidentschaft des Grafen Sinzendorf zur Förderung des Exportes der Leinwand (1666), die Absendung eines Experten (Flade) zum Studium der Leinen-Industrie und des Flachsbaues in Holland. Die spätere Begründung des Mercantil- Collegs (1705), der orientalischen Compagnie (1719) unter Kaiser Karl VI., die Ostender Handelsgesell­schaft (seit 1722), die Einführung des Breslauer Maasses und Gewichtes (1705), die kaiserlichen Patente, welche zum Schutze gegen Betrug die Weifenrevisionen einführten, die zollämtliche Controle der zur Aus­fuhr gemeldeten Garne und endlich die berühmte Leinwand- und Schleierordnung für Ober- und Nieder­schlesien (1724) beförderten in ausserordentlicher Weise einerseits den Aussenhandel, andererseits die Reellität des inländischen Verkaufes. Die schlesische Leinwand beherrschte bereits in einem solchen Maasse den englischen Markt, dass diese industrielle Entwickelung den Neid der englischen Regierung erregte, so dass das englische Parlament (1698) grosse Summen zur Förderung des englischen Leinengewerbes bewilligte.

Mit den schlesischen Kriegen und dem Verluste Schlesiens beginnt nun zu gleicher Zeit der Nieder­gang der dominirenden Stellung der österreichischen Leinen-Industrie, der ohne die edle, hilfreiche Für­sorge der grossen Kaiserin Maria Theresia und ihres unvergesslichen Sohnes Kaiser Josefs II. noch weit empfindlicher geworden wäre. Aus einem Arbeitsgenossen begann das verlorene schlesische Gebiet nun­mehr ein arger Rivale zu werden. Mit grossem Eifer warf man sich auf die Begründung selbständiger grösserer Leinenexport-Industrien und deren Vereinigungen in Böhmen und Mähren, und die Kaiserin

suchte durch neue gesetzliche Maassregeln Fabrication und Handel im Leinengewerbe in wirksamster Weise zu schützen. So entstanden 1750 das Leinwandpatent für Böhmen, 1755 das Patent über die Garnmärkte, 1765 das Spinnpatent, 1773 wurden die Garnsammlungs-Licenzscheine aufgehoben, die Leinenweberei für ein freies Gewerbe erklärt.

Andererseits schuf 1750 Graf Harrach in Hrabacov seine grosse Leinenmanufactur, und 1752 Adolf Wagner in Trautenau die Gebirgs-Handlungssocietät, die den Leinenexport nach Russland, Griechenland und der Türkei pflegen sollte, nach deren baldiger Auflösung Ignaz Falge 1771 die neue Gebirgs-

Handlungssocietät in Trautenau ins Leben rief, und Graf Harrach seine Flachsspinnerei in Starkenbach und die bekannte Handelscompagnie in Neuschloss bei Arnau zum Zwecke der Hebung des Leinen­exportes begründete. Um diese Zeit, wo kurz nach dem Ende der schlesischen Kriege alle Hebel in

Bewegung gesetzt wurden, um dem darniederliegenden Leinenhandel wieder aufzuhelfen, war es auch, wo Trautenau den denkwürdigen Tag des Besuches des geliebten Kaisers Josef II. am 13. October 1771 durchlebte. Aber auch die völlige Aufhebung der Weberzunft (1784) durch kaiserliches Patent und das Mauthpatent gegen die Einfuhr fremder Leinen (1788) konnten den Verfall des Leinenhandels, der von da an immer weiter fortschritt und dessen Export noch durch den Ausbruch des amerikanischen Freiheitskrieges 1780 den letzten Stoss empfieng, nicht mehr aufhalten, bis endlich das anbrechende neue Jahrhundert die Leinen-Industrie zwang, auf ganz anderen Grundlagen ein neues Leben zu versuchen.

Diesen Zwang führten theils die neuerlichen gewaltigen Kriege und politischen Umgestaltungen, theils die beginnende Herrschaft der Dampfmaschine herbei, an welche sich Schlag auf Schlag die Erfindungen neuer mechanischer Vorrichtungen knüpften, die es endlich erlaubten, alle, bis zu den kleinsten Proceduren des Spinn- und Webeprocesses mechanisch vollziehen zu lassen. Schliesslich aber trat, speciell gegenüber der Leinen-Industrie, ihr grösster und mächtigster Feind auf den Schauplatz, die Baumwolle.

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