JOHANN FALTIS ERBEN.
TR AUTENAU.
ie Entwickelung der Firma Johann Faltis Erben ist so eng verknüpft mit dem Werdegang unserer heimischen Leinen-Industrie, dass die wichtigsten Daten über die Firma sich bereits in dem Fach- aufsatze erwähnt finden. Wir tragen nur noch einige charakteristische Details an dieser Stelle nach.
Johann Faltis wurde am 4. Juni 1796 als Sohn eines Kaufmannes und Wirthschaftsbesitzers in Wolsdorf bei Königinhof geboren. Nachdem er in Prag und Wien kaufmännische Erfahrungen gesammelt hatte, kehrte er im Jahre 1820 nach Schurz bei Königinhof zurück und begründete dort mit seinem Vater ein selbständiges Leinengeschäft. Im Jahre 1823 errichtete er in Trautenau eine Leinenmanufactur und Cottonweberei und übernahm im Jahre 1832 auch die Direction der gräfl. Harrach’schen Leinenmanufactur in Starkenbach.
Ein Bericht, welchen er selbst der Regierung über deren Aufforderung am 1. November 1841 überreichte, liegt uns noch vor, und wird wohl am besten von allen den Werdegang und die Beweggründe der ganzen Gründungsentwickelung schildern. Wir möchten diesen Bericht als eine Art historischen Documentes hier anschliessen :
»In Folge der an mich ergangenen Aufforderung gereicht es mir zur Ehre, die nachstehenden Notizen über meine mechanische Flachsspinnerei in Jungbuch schon heute überreichen zu können. Die Idee, eine solche zu errichten, entstand wohl schon vor zwanzig Jahren bei mir, vorzüglich angeregt durch die in Frankreich versprochene grosse Belohnung auf die Entdeckung der besten Flachsspinnmaschine, und in späterer Folge durch die sichtbare grosse Prosperität, unter der die benachbarten zwei Flachsspinnereien in Preussisch-Schlesien (Alberti in Waldenburg und Seehandlung in Erdmannsdorf) fortfuhren zu spinnen; als ich aber im Jahre 1832 den Ruf nach Wien von Herrn Grafen Fr. von Harrach erhielt, um daselbst die Direction seiner Leinenmanufacturen, in Mähren und Böhmen verbreitet, und die gesammte coramer- zielle Geschäftsführung derselben zu übernehmen, so überzeugte ich mich auf diesem Posten nach einigen Jahren, dass man in der Fabrication der Leinen und Tafelzeuge einige Foitschritte gemacht habe, die nach meinen Beobachtungen und Erfahrungen nur allein von der theilweisen Einführung des englischen und schlesischen Maschinen-Flachsgarnes herrührten. Aufmerksame Männer vom Fach, die dies, gleich mir, auch beobachteten, liessen von nun an von dem in jedem Anbetracht sehr mangelhaften und in guter Qualität für den Bedarf nicht hinreichend zu erhaltenden Handgespinnste ab und griffen zu den weit vollkommeneren Maschinen-Flachsgarnen, wodurch man eine weit bessere Leinwand erhielt, die in der Zeit bei den Consumenten ein grosses Zutrauen und Begehr erhielt, so dass man immer mehr und mehr, schon des eigenen Interesses wegen, genöthigt war, ausländisches Maschinengarn zu importiren, um daraus eine, dem Bedarf und den Wünschen des Publicums entsprechende bessere Leinwand fabriciren zu können. — Diese grosse Importation fremden Maschinen-Flachsgarnes regte neuerdings die schlummernde Idee auf Errichtung einer mechanischen Flachsspinnerei bei mir auf, in deren Realis ; rung unendliche Vortheile lagen; denn nicht nur, dass seit Jahrhunderten Leinengarne von der Hand gesponnen, stets einen grossen Verbrauch hatten, musste ich auch erwarten, dass die durch Maschinen weit gleicher und fester gesponnenen Garne noch einen grösseren und dauerhafteren Begehr geniessen würden; überdies baut man beinahe in allen Theilen unserer Monarchie mehr oder weniger Flachs, dessen Anbau sich natürlich durch die mechanischen Flachsspinnereien, deren Bedarf sehr gross ist, unendlich vermehrt, ein Product, was ganz geeignet ist, es automatisch zu verspinnen. Während derselben Zeit vergrösserle sich der Verbrauch des Maschinengarnes von Jahr zu Jahr und ich liess mir, noch immer wohnend in Wien, dem Vereinigungsorte so vieler ausgezeichneter Männer, die mir in meinem Fache mit Rath und That an die Hand gegangen sind, aus England, Frankreich und Deutschland alle möglichen darauf einschlagenden Notizen kommen, führte einen jahrelangen Briefwechsel mit diesen Ländern, da bei uns im Lande selbst wenig über diesen Gegenstand zu hören war; die Unmöglichkeit unter meinem Dienstverhältnisse in Wien bei Perm Grafen Harrach voraussehend, in jene Länder reisen zu können, in welchen die mechanische Flachsspinnerei zu blühen begann, entschloss ich mich endlich zu Ende des Jahres 1835 aus diesen Ländern nach Maassgabe meiner damaligen pecuniären Kräfte Leute kommen zu lassen, gründete mittelst derselben in dem zwei Posten von Wien entlegenen, etwas wohlfeilen Pottendorf eine sehr kleine Werkstatt für mechanische Flachsspinnerei, in der ich bis zum Jahre 1836 auch so weit war, dass ich auf den eigens verfertigten Maschinen, durch Menschenhände in Bewegung gesetzt, Leinengarn spann, und zu gleicher Zeit eine Wassergelegenheit von 30 bis 40 Pferdekräften in Jungbuch ankaufte, wohin ich mit den Maschinen und der Werkstatt übersiedelte.
Mit diesen Maschinen ward ein Jahr lang gesponnen, und es zeigte sich an den importirten ausländischen Garnen in dieser Zeit (1837), dass die ausländischen Flachsspinner in der Maschinerie grosse Fortschritte gemacht hatten und mich vernichten würden, wenn ich mit ihren eingeführten Verbesserungen nicht gleichen Schritt hielte, was mich zwang, neuerdings taugliche Leute aus dem Auslande kommen zu lassen, die mir das bessere, aber sehr kostspielige neueste Spinnsystem arbeiten halfen. — Meine Geldauslagen zu jener Zeit betrugen fl. 20.000 C.-M., und mittelst eines aus neuen Leuten zusammengesetzten Comités und nach öfteren und längeren Berathschlagungen mit denselben zeigte es sich nun, dass mein Spinnsystem nicht das richtige und, wollte ich mit den Ausländern die Concurrenz aushalten, das verwerfliche war. So gross auch die Geldopfer waren, die ich schon gebracht, so musste ich mich doch zur Einführung des neuen verbesserten Systems ent- schliessen, die alten Maschinen ganz unthätig bei Seite stehen lassen und die darauf verwendete Summe von fl. 20.000 C.-M. leider als ganz verloren betrachten.
Es zeigte sich dagegen das neue System, woran ich von jener Zeit unverdrossen fleissig fortarbeitete, als ganz vortrefflich, so dass ich dermalen mein Garn ebenso gut, schön und gleich, wie jenes der Ausländer spinne, und zwar im alten Fabriksgebäude auf 14 Hechselmaschinen, die dermalen täglich 1200 Pfund Flachs verarbeiten, 22 Vorbereitungsmaschinen bilden die Vorgespinnst, dann sind 20 Feinspinnmaschinen in demselben alten Gebäude, je zu 100 Spindeln, also zusammen 2000 Feinspindeln, die wöchentlich 40 Schock Garne spinnen, eine Quantität, die jede Woche hinreicht, 160 bis 200 Stück mittlere und feine Leinen daraus zu erzeugen.
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