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Die Groß-Industrie Oesterreichs : Festgabe zum glorreichen fünfzigjährigen Regierungs-Jubiläum seiner Majestät des Kaisers Franz Josef I. dargebracht von den Industriellen Österreichs 1898 ; Vierter Band
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der Kinder und Frauen ihrer Arbeitnehmer. Auch der Invaliden ist gedacht, indem schon seit vielen Jahren eine Pensionscasse besteht, durch welche jeder Arbeiter, der zehn Jahre in der Fabrik beschäftigt war und arbeitsunfähig wird, eine lebenslängliche Pension von mindestens fl. 2 bis fl. 2^50 in der Woche erhält. Diese Pension findet eine Ergänzung durch eine Alfred Ginzkey-Stiftung, nach welcher einem Pensionisten eine nach der Anzahl der in der Fabrik verbrachten Jahre progressiv steigende Zulage von fl. 1 bis fl. 3 in der Woche gewährt wird.

Um die Arbeiter an eine gute, rationelle Ernährung zu gewöhnen, wurde vor fünf Jahren ein Speisesaal für 400 Personen nebst einer Dampfküche errichtet, in welcher täglich ein vollkommenes Mittagessen für 13 Kreuzer verab­reicht wird. In dem Speisesaale liegen gegen 40 Tages- und Wochenblätter auf. Den Arbeitern steht ausserdem eine Bibliothek von etwa 3000 Bänden zur freien Benützung zur Verfügung. In den Wintermonaten werden von Pro­fessoren und Wanderlehrern für die Arbeiter regelmässig populär-wissenschaftliche Vorträge gehalten.

Nicht unerwähnt bleibe ein durch Anregung und Unterstützung der Firma ins Leben gerufener Consumverein, welcher heute den bedeutenden Umsatz von fl. 140.000 erzielt und in den letzten Jahren eine Dividende von 12 Procent an die Arbeiter zahlte. Als nächste Wohlfahrtseinrichtung für die Arbeiter ist ein Volksbad geplant. Sämmtliche Wohlfahrtseinrichtungen werden von Arbeiter-Ausschüssen mitverwaltet, wodurch die Arbeiter nicht nur zu ruhiger wirthschaftlicher Arbeit herangezogen werden, sondern auch das Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer mehr und mehr den vielfach beobachteten Charakter des Gegensatzes verliert und zu einem thatsächlichen Ein­vernehmen führt, bei welchem beide Theile ihre Befriedigung finden. So ist denn nicht zu viel gesagt, wenn man die Teppichfabrik von I. Ginzkey sowohl hinsichtlich ihrer industriellen Production, wie hinsichtlich ihrer socialen Fürsorge als eine Musteranstalt bezeichnet.

(Verfasst von Albert Hofmann.)

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