D. SCHWARZ MANN & CO.

KLEID ER-FAB RI KEN WIENPROSSNITZ.

ngefähr um die Mitte des zur Neige gehenden Jahrhunderts war es, als in dem jetzigen Königreiche Rumänien Neigungen zum Anschlüsse an die westeuropäische Civilisation bemerkbar wurden. Diesen Culturbestrebungen wurde vor Allem dadurch Ausdruck gegeben, dass die Bevölkerung die bis dahin fast ausnahmslos übliche Nationaltracht abzulegen und moderne europäische Kleider zu tragen begann. Diese Sucht, den äusseren Menschen rasch zu civilisiren, konnte aber nicht die erwünschte prompte Er­füllung finden, weil das bezügliche Gewerbe im Lande ganz unvertreten war und der Bedarf erst durch Zusendungen aus dem Auslande gedeckt werden musste. Aber dabei hatte es auch seine Schwierigkeiten, denn im Auslande war die Erzeugung von Kleidern auf den handwerksmässigen Betrieb beschränkt, und die rumänischen Zwischenhändler, die nach Einkaufsquellen Suche hielten, fanden nirgends leistungsfähige Erzeuger, die den vielbegehrten Artikel in grossen Quantitäten liefern konnten.

Um diese Zeit eröffnete David Schwarzmann in Gemeinschaft mit seinem seither verstorbenen Bruder in der rumänischen Donauhafenstadt Braila einen kleinen Laden mit fertigen Herrenkleidern. Aeusserst bescheiden war das in diesem Geschäfte investirte Capital. Es betrug, wie aus den Aufzeichnungen des aus dieser Zeit stammenden und noch im Besitze der Firma befindlichen Cassabuches zu ersehen ist, kaum einige hundert Ducaten. Das kleine Unternehmen entwickelte sich gut, der Verkauf gieng flott von Statten, doch verursachte die Ergänzung der gelichteten Waarenvorräthe nicht geringe Schwierigkeiten. Wohl befanden sich in dem benachbarten Oesterreich Firmen, welche die Kleidererzeugung in grösserem Maassstabe betrieben, doch waren deren Erzeugnisse nur für den heimischen Bedarf der bäuerlichen Bevölkerung berechnet und nicht geeignet, dem Geschmacke der rumänischen Käufer zu entsprechen. Diesem Uebel abzuhelfen, entschloss sich David Schwarzmann, die Erzeugung der Kleider selbst in die Hand zu nehmen. Nach einem in Pest fehlgeschlagenen Versuche übersiedelte er nach Wien, wo er in einem kleinen Local unter seiner Leitung und nach seinen Angaben die Tuchstoffe verschneiden und an Schneider zur Verfertigung austheilen liess. In dieser Weise legte er den Grundstein zu einer Industrie, die nachher zu einer der bedeutendsten Oesterreichs sich entwickeln sollte.

Sein Bruder und Compagnon verblieb in Braila, um für den Verkauf thätig zu sein, welcher durch den bald darauf erfolgten Ausbruch des orientalischen Krieges und die Occupation Rumäniens durch österreichische Truppen eine ungeahnte Ausdehnung annahm, so dass sich die junge Firma veranlasst sah, in allen bedeutenderen Städten Rumäniens Filialen zu errichten. Um diesen gesteigerten Ansprüchen nachkommen zu können, richtete David Schwarzmann sein Augenmerk auf Pressburg und Prossnitz, wo bereits die Anfänge einer Haus-Industrie in fertigen Kleidern vorhanden waren. Er errichtete in diesen Städten Factoreien, welche, namentlich in Prossnitz, bald fabriksmässigen Charakter annahmen. Die Massenerzeugung wurde weiter durch den Umstand begünstigt, dass seitens der Regierung die zollfreie Einfuhr ausländischer Stoffe gegen Wiederausfuhr fertiger Kleider gestattet wurde, wodurch die Möglichkeit gegeben war, die Rohwaaren aus England, Frankreich und Belgien zu bedeutend billigeren Preisen, als solche damals im Inlande zu beschaffen waren, einzuführen und zu verarbeiten.

Der Ruf der Firma verbreitete sich bald über den ganzen europäischen Orient, Kleinasien und Aegypten. Die Schwarzmannsche Marke galt und gilt noch heute in diesen Gegenden als die gesuchteste. Es stellten sich auch Käufer aus Russland ein und die Firma errichtete in Folge dessen Filialen in St. Petersburg, Moskau, Odessa und Nischnei-Nowgorod, so dass sie mit ihrem Fabrikate den russischen Markt beherrschte. Leider gieng dieses grosse Absatzgebiet durch die seitens Russlands zu Beginn der Achtzigerjahre ergriffenen Schutzzollmaassregeln ver­loren. Auch der alte Stammsitz des Hauses in Rumänien musste aus ähnlichen Gründen aufgegeben werden.

Um die Production nicht einschränken zu müssen, wendete das Haus auch dem inländischen Consum sein Augenmerk zu, unterliess es aber dabei nicht, für die Ausfuhr nach dem Auslande neue Absatzgebiete zu suchen. Theils durch directe Verbindung, theils durch Vermittlung von Wiener und auswärtigen Exporthäusern gelang es, die erzeugten Kleider in ferne, überseeische Länder einzuführen, in Brasilien, Chile und andere südamerikanische Republiken, welche Länder gegenwärtig ein nicht zu unterschätzendes Absatzgebiet bilden. Auf allen beschickten Ausstellungen erhielt die Firma die höchsten Auszeichnungen, so in Wien 1873 (Verdienstmedaille), Paris 1878, Sidney 1879, Melbourne 1881 und Triest 1882 (goldene Medaillen).

Die Kleider-Industrie Oesterreichs ist auf dem Weltmärkte tonangebend und geht aus dem Wettbewerbe mit der ausländischen Concurrenz überall als Siegerin hervor. Ein Ehrenantheil an der Herbeiführung dieses günstigen Ergebnisses gebührt mit Recht dem Hause Schwarzmann, welches für den Absatz österreichischer Kleider im Aus­lande allen anderen gleichsam als Pfadfinder vorangieng.

416