J. R. SOBITSCHKA

GL ACIiH AND SCHUH-ERZEUGUNG

PRAG UND WIESENTHAL.

nter den grösseren Unternehmungen in der Handschuh-Industrie nimmt die Firma J. R. Sobitschka in Prag und Böhmisch-Wiesenthal eine der ersten Stellen ein. Im Jahre 187g ins Leben gerufen, erschien die Firma, da der industriell fortschrittliche Unternehmer allsogleich für die Entwickelung und Consolidirung des directen Exports mit voller Thatkraft eintrat, schon in kürzester Zeit auf dem Weltmärkte und bestand den Wettkampf mit der mächtigen Concurrenz mit solchem Erfolge, dass sie bereits im Jahre 1880 zur Begründung eines Zweigetablissements in Böhmisch-Wiesenthal schreiten konnte. Da nämlich die Erzeugnisse der Firma immer grösseren Anklang fanden und das Exportgeschäft gar bald in voller Blüthe stand, zeigte sich die Nothwendigkeit einer Betriebserweiterung. Diesem Bedürfnisse konnte wohl durch Yergrösserung der Prager Fabrik entsprochen werden. Der weitschauende Blick des Firmainhabers aber, sein klares Verständnis für die P'orderungen der Zeit und insbesondere sein humaner Sinn liessen ihn dagegen erkennen, dass sich seine Thätigkeit auf einem anderen Boden reicher entfalten könne. Diesen fruchtbaren Boden bot ihm die kleine Erzgebirgsgemeinde Böhmisch-Wiesenthal, deren ärmere Bevölkerung durch die Einführung der Handschuh- Industrie daselbst eine dauernde Arbeit und damit eine gesicherte Existenz erlangt hat, während sie bis dahin bei der geringen Ergiebigkeit des Bodens in der precärsten Lage sich befand.

Es war keine leichte Aufgabe, mit den neuen hier in Verwendung gekommenen Arbeitskräften die Fabrication auf der einmal erreichten Stufe hoher Meisterschaft zu erhalten. Dass dies der Firma thatsächlich in hervorragender Weise gelungen ist, beweist das Resultat, welches die Beschickung der im Jahre 1883 in Amsterdam abgehaltenen internationalen Ausstellung ergab. Die dort von der Wiesenthaler Fabrik ausgestellten Handschuhe wurden von der Jury mit einer Preismedaille ausgezeichnet, eine Anerkennung, deren Bedeutung mit Rücksicht auf den Umstand, dass die altfranzösische und belgische Handschuh-Industrie glänzend vertreten war, nicht genug hoch angeschlagen werden kann. Ebenso wurde die Firma auf der im Jahre 1884 in Teplitz stattgefundenen Gewerbe- und Industrie­ausstellung mit dem höchsten Preise der goldenen Medaille ausgezeichnet. Die von Anbeginn benützten P'abriksräume des Wiesenthaler Etablissements erwiesen sich bei der stetigen Ausdehnung des Exportgeschäftes, trotzdem der Betrieb mehrere Male vergrössert worden war, immer mehr als ungenügend, und da in der Fabrication wesentliche Neuerungen vorgenommen werden sollten, wurde im Jahre 1889 die Stätte abermals durch einen Anbau erweitert, wodurch geräumige, lichte, allen Anforderungen der Hygiene entsprechende Arbeitssäle geschaffen wurden. Gleichzeitig wurde in den Fabrikslocalitäten elektrische Beleuchtung und Dampfheizung eingeführt, so dass die Anlage nunmehr nach ihren räumlichen und sanitären Verhältnissen als eine mustergiltige bezeichnet werden muss.

Der Absatz der P'abrikate richtete sich anfangs nach Deutschland, Belgien und Holland und seit 1881 auch nach England und Amerika, welch letztere Staaten allmählich das Hauptabsatzgebiet wurden. Unter solchen Umständen konnte sich der Betrieb der beiden Fabriken in solchem Maasse entwickeln, dass bereits im Jahre 1885 die Gesammt- erzeugung 20.000 Dutzend im Exportwerth von 220.000 fl. betrug. Im Jahre 1886 wurden die Werkstätten der Prager Fabrik in geräumige Localitäten des neu angekauften Hauses Nr. 912/II (Bredauergasse) verlegt, und seit dieser Zeit hielt die Entfaltung der Leistungsfähigkeit der Prager Fabrik gleichen Schritt mit dem Wiesenthaler Etablissement.

Die Gesammtproduction beider Fabriken beträgt in den letzten Jahren 60.000 bis 75.000 Dutzend Handschuhe pro Jahr im Exportwerthe von 600.000 bis 750.000 fl.

Die Fabrication umfasst ausschliesslich Lamm-Glacehandschuhe, gefüttert und ungefüttert, für Damen, Herren und Kinder, in einfacher, sowie in Stepp- und Laschnaht, versehen mit den neuesten Aufnähten und Verschlüssen.

Das hier entworfene Bild des Entwickelungsganges der Firma J. R. Sobitschka möge noch die Hervorhebung eines wichtigen Momentes in der Thätigkeit des Besitzers vervollständigen, welches in erster Linie das überraschend schnelle Wachsthum seines Hauses herbeiführte. Es ist dies das verständnisvolle Streben, die Production in tech­nischer Hinsicht zu heben und die Maschinenkraft auch dieser industriellen Arbeit möglichst weit dienstbar zu machen. So wurde im Jahre 1890 die maschinelle Einrichtung hergestellt, welche alle im Betriebe stehenden Näh­maschinen mittelst Dampfkraft in Bewegung setzt. Die Vortheile dieser Neuerung, die bisher keine österreichische

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