Für die fachliche Ausbildung, Entwickelung und Vervollkommnung der manuellen Fertigkeiten und zur Heranbildung tüchtiger Hutmachergehilfen ist der seit dem Jahre 1892 gegründete Club der öster­reichischen Hutfabrikanten in der regsten Weise thätig. Der Club wurde von dem heute noch functionirenden Präsidenten Commerzialrath Peter Habig angeregt und gegründet. Der Zweck ist, einerseits tüchtige, brave, fleissige Hutmachergehilfen, die durch 20 Jahre ununterbrochen in ein und derselben Fabrik thätig waren, in öffentlicher Anerkennung zu prämiiren, und zwar mit einer goldenen Ankeruhr nebst Diplom, andererseits strebsame fleissige Lehrjungen dazu anzuspornen, sich fachlich tüchtig auszubilden, ihre manuelle Fertigkeit zu vervollkommnen und selbe deshalb für ihre selbstständig angefertigte Arbeit, die von einer Fach-Jury beurtheilt wird, durch Prämien, bestehend in Sparcassebücheln und Diplomen, öffentlich zu belohnen. Diese Prämiirungen wurden von Seite des Unterrichts-Ministeriums und auch der niederösterreichischen Handels- und Gewerbekammer thatkräftig materiell unterstützt und haben ganz gute Erfolge aufzuweisen. Es muss noch erwähnt werden, dass auch die Wiener Hutmacher-Genossenschaft in sehr thatkräftiger Weise die Prämiirung der Lehrjungen unterstützte.

Wenn wir nun zum Schlüsse einige Worte über den Fortschritt in der Vervollkommnung, Fertig­stellung, Adjustirung sowohl in Form, Façon und Qualität, als auch der wechselnden Moden während der letzten 50 Jahre anführen, so glauben wir in gedrängten und kurzen Worten in dem zur Verfügung stehenden kurzen Raum ein kleines Bild der Hut-Industrie gegeben zu haben.

Der so vielfach erwähnte grosse Fortschritt, welcher durch die Einführung der Maschinen bei der Filzhut-Industrie entstanden ist, hat auch bei den Arbeitern selbst grosse Veränderungen hervorgebracht. Vor Anwendung der Maschinen bekam der Hutmachergehilfe das Haar für die anzufertigenden Hüte abgewogen. Er musste es sich durch den eingangs beschriebenen Fachbogen reinigen und dann seinen Hut fachen, walken, scharriren, auf Stumpen formen, zumeist auch steifen und zurichten. Heute herrscht durch die Maschine eine Arbeitstheilung bis in das kleinste Detail, so dass, wo seinerzeit der Hutmachergehilfe den fertigen Hut aus seiner Hand ablieferte, heute derselbe Hut durch zumindest zehn Hände geht, bis er abgeliefert wird. Durch diese Theilung der Arbeit hat der jüngere Hutmachergehilfe nicht mehr die vielseitige Fertigkeit, weil sich seine Thätigkeit zumeist nur auf einen, höchstens zwei Handgriffe ausdehnt, und weil der jüngere Arbeiter in den meisten Fabriken absolut nicht mehr, wie es früher war, die Gelegenheit hat, den Hut allein fertig zu machen. Durch die vielseitige Theilung der Arbeit werden auch viele nicht gelernte Hutmachergehilfen als Hilfsarbeiter mit Erfolg verwendet. Diese Arbeitstheilung hat ferner noch den grossen Vortheil, dass die Fabrication sowohl in Qualität als auch exacter Ausführung nicht hinter jener steht, die früher nur ausschliesslich von Hutmachergehilfen ausgeführt wurde. Diese Theilung bezieht sich grossentheils auf Filz- und Wollhiite. Bei Seidenhüten ist die Arbeitstheilung deshalb verschwindend, weil dieMaschine weniger Anwendung gefunden hat und hier demnach nochHandbetrieb vorwaltet.

Wenn wir noch Einiges über Moden, Formen und Farben bei Hüten während der letzten fünfzig Jahre 1848 bis 1898 berichten, so ist in dieser Hinsicht nur der einzige Hut vom Jahre 1848, der sogenannte Calabreser mit wallender Straussfeder charakteristisch und auch entschieden der malerischeste und kleid­samste. Dieser Calabreser wurde mit Vorliebe bis in die Mitte der Fünfzigerjahre getragen, und Schreiber dieses erinnert sich noch ganz genau der Strassenvorfälle in der zweiten Hälfte der Fünfzigerjahre, als dieser Hut von der Polizei beanständet wurde und nur nicht eingedrückt zu tragen erlaubt war.

Die vielen Formen, die ausser dem Calabreser während der Fünfzigerjahre getragen wurden, sind nicht charakteristisch und zumeist nach einer Saison durch die nachrückende Mode der nächsten Saison verdrängt worden. Ebenso verhält es sich auch mit den Farben. Steife und weiche Hüte wechselten ebenfalls wie Formen und Farben.

Man könnte am besten mit dem so bekannten Gellertschen Gedicht über den Hut schliessen :

»Was mit dem Hute sich noch ferner zugetragen,

Will ich noch sagen.

Der Erbe liess ihm nie die vorige Gestalt:

Das Aussenwerk ward neu, er selbst, der Hut, blieb alt;

Und, dass ichs kurz zusammenzieh,

Es gieng dem Hute fast wie der Philosophie.«

Die Gross-Industrie. IV.

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