Ferner ist noch zu erwähnen die Firma J. Jerabek, die wohl eine der ersten gewesen ist, welche die Fachmaschine in Oesterreich, besonders in Wien eingeführt hat und schon Anfangs der Sechzigerjahre darauf arbeitete und zu jener Zeit einen viel begehrten guten Hut für Wien und die österreichischen Provinzen erzeugte. Diese Firma hat in den Siebzigerjahren liquidirt.
Hervorzuheben ist auch noch die Firma Egidius Klenz in Wien, welche ihre anerkannt guten Fabrikate in alle österreichischen Provinzen und nach Deutschland und Frankreich versendet.
Ausser den bereits angeführten sind noch besonders zu nennen die Firmen Josef Mauerer, Ed. Zeisel, Adolf Blaas, Maximilian v. Sales und Karl Ceschka, welche en gros und en detail sehr hübsche und gute Waaren erzeugen.
Nicht unerwähnt darf die Firma Carl Berger, Wien, bleiben. Sie erzeugt, beinahe ausschliesslich für ihre Detailgeschäfte in Wien, sowohl Filz- als auch Seidenhüte und ist durch ihre ausserordentlich soliden und gediegenen Erzeugnisse zu den besten des Wiener Platzes zu zählen.
III. Seidenhutfabrication.
Unter der Seidenhutfabrication versteht man die Erzeugung von Cylinderhüten. Es wird eine Galletform hergestellt, welche dann mit Seidenplüsch überzogen wird. Diese Art Cylinderhüte und deren Einführung fällt beiläufig in die Zeit Anfangs 1800. Cylinder- oder ähnliche Formen wurden schon viel früher erzeugt und getragen; es waren aber zumeist Filzhüte oder langhaarige Bürstelhüte. Der auf Gallets gearbeitete Seidenhut-Cylinder wurde zuerst in der Congresszeit in Wien angefertigt. Damals kannte man das Leinwandgallet noch nicht, und die Seidenhüte wurden zu jener Zeit nicht mit dem heute bekannten, ganz kurzhaarigen Felbel (Plüsch), sondern mit dem langhaarigen Plüsch, unter dem Namen Tissü bekannt, überzogen. Das Gestell selbst war aus Binsen oder ein Filz-Gallet. Erst in den Jahren 1820 bis 1830 wurden die Gallets aus Leinwand angefertigt, welche heute noch in Anwendung gebracht werden.
Die Seidenhutfabrication war immer nur Handarbeit und ist es auch bis zur Gegenwart geblieben. Da diese Hüte bei ausserordentlicher Aufmerksamkeit und nur mit sehr geübter und geschickter Hand erzeugt werden müssen, konnten bis heute Maschinen nicht mit Erfolg angewendet werden. Deshalb ist bei diesem Industriezweige ein ähnlich grosser Fortschritt wie bei der Filzhutfabrication nicht zu verzeichnen. Es herrscht noch immer der Handbetrieb und kein maschineller. Wenn auch die Ausführung im Allgemeinen in Form und in der Eleganz einen Fortschritt aufweist, so kann derselbe im Vergleich zu jenem in der Filzhutfabrication nicht als ebenbürtig anerkannt werden.
Wie aus der vorstehenden Darstellung zu ersehen ist, hat die österreichische respective Wiener Hut-Industrie in den letzten 50 Jahren sich nicht nur von der bescheidenen Klein-Industrie zu einem Gross-Industriezweige emporgearbeitet und besitzt heute eine grössere Anzahl von Etablissements, die zur Gross-Industrie zu zählen sind, sondern weist auch, besonders in den letzten 20 Jahren, einen bedeutenden Export im Durchschnitte von 2 '/2 Millionen Gulden auf. Derselbe vertheilt sich auf Deutschland, Belgien, die Schweiz, Dänemark, Schweden, Frankreich, Russland, die Balkanstaaten, Süd- und Nordamerika.
Der im Verhältnis dazu bedeutende Import besteht ausser aus Hüten von Deutschland und Italien, die der ausserordentlichen Billigkeit ihre Einfuhr verdanken, in englischen Modehüten, die von den Herrenmode-Geschäften und in letzteren Jahren auch von den Wiener Huthändlern mit unverantwortlicher Sucht, fremde Erzeugnisse zu verkaufen, poussirt werden. Der Durchschnittswerth des Importes von Hüten in den letzten 10 Jahren ist 600.000 fl. pro Jahr.
Den Export verdankt die Hut-Industrie deren Vertretern, zu allererst ihrer streng soliden Fabricationsweise, ihrer Regsamkeit und Schaffenskraft, der Liebe zu ihrem Geschäfte, der zähen Ausdauer und ihrem unermüdlichen Fleisse. Einen wesentlichen Antheil an dem Erfolge der Ausfuhr haben auch der vornehme Wiener Geschmack und die Wiener Moden, welch letztere von dem österreichischen Hutmode-Verein, der bereits durch 3 7 Jahre besteht, durch seine zweimal im Jahre, Frühjahr und Herbst, herausgegebenen Hutmoden cultivirt werden. Diese werden nicht nur von dem grössten Theil der österreichischen Hutfabrikanten sowohl in Wien als auch noch mehr in der Provinz anerkannt und zur Verbreitung angenommen, sondern finden auch im Publicum selbst Beifall. Ebenso trägt die alljährlich zweimalige Ausstellung der gewählten Modehüte nebst den sämmtlichen zur Wahl eingesandten Hüten wesentlich zur Bildung des Geschmackes und zur fachlichen Bereicherung in fortschrittlicher Richtung bei.
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