Es wurde abgelöst durch das für die galizische Petroleum-Industrie so verhängnisvolle kaukasische Falsificat oder Kunstöl, d. i. ein Gemisch von fertigem Destillat, welches zur Täuschung der Zollbehörde mit 515% Theer gefärbt wird, um als Naturöl in Oesterreich eingeführt werden zu können. Die Einfuhr dieses fraudulösen Productes entwickelte sich rapid und ist erst in den letzten Jahren durch die Zunahme der galizischen Production eingedämmt worden. Die Einfuhr betrug im Jahre:

00

00

OJ

5000 Metercentner

1891 ....

-^r

b

0

0

Metercentner

1884

28.000 »

1892 ....

1,081.000

»

1885 .

. 250.000 .»

1893 ....

1,235.000

»

1886 .

. 585.000 »

1894 ....

1,028.000

»

1887 .

. 639.000 »

1895 ....

987.000

»

1888 .

. 814.000 »

1896 ....

520.000

»

1889

1890

. 937.000 »

. 902.000 »

1897 ....

480.000

»

Durch das Beispiel der leichten und gewinnbringenden Verarbeitung dieses Künstöles in Fiume und in Wien angeeifert, entstanden in rascher Folge Raffinerien sowohl in der ungarischen als in der österreichischen Reichshälfte, die zum Theile nur auf überseeischen Bezug, wie die Triester Fabrik, zum Theile auch auf den Bezug von galizischem Rohöl eingerichtet werden konnten, wie die Raffinerien in Budapest, in Mähren, Schlesien und Böhmen. Die grösste Einfuhr erfolgte im Jahre 1893 mit nahezu 1,250.000 Metercentnern, während dieselbe im abgelaufenen Jahre bereits unter 500.000 Metercentnern betrug, weil selbst die an der See gelegenen Fabriken Fiume und Triest bedeutende Quantitäten von galizischem Rohöl bezogen, während die Fabriken im Inneren des Fandes ihren Bedarf, vom rumänischen Rohöl abgesehen, beinahe vollständig in Galizien deckten.

Gegen dieses kaukasische Falsificat führten die galizischen Petroleum-Industriellen seit Jahren einen verzweifelten und bis jetzt noch nicht zum Austrag gebrachten Kampf, welcher für dieselben umso ge­fährlicher schien, als bedeutende Capitalien in eine volkswirthschaftlich widersinnige Industrie engagirt wurden, nämlich in eine Industrie, die lediglich absichtlich verfärbtes Destillat behufs Einheimsung einer Zollprämie wieder entfärbt. Eine weitere Gefahr bestand darin, dass es im Interesse des ungarischen Staats­schatzes schien, der grossen, mit Staatshilfe errichteten Fiumaner Raffinerie beizustehen, deren Petroleum zum grossen Theile nach Oesterreich exportirt wird, jedoch in Ungarn die Verzehrungssteuer entrichtet. In den neuen Ausgleichsvorschlägen wird dieser Interressengegensatz beseitigt, indem die Verzehrungssteuern nicht mehr jenem Staatsschätze zufallen, in dessen Bereich sie erhoben werden, sondern nach dem factischen Consum der beiden Reichshälften zwischen Oesterreich und Ungarn getheilt werden.

Der Schwerpunkt der Frage liegt jedoch in der Zollfrage. Zum Zoll von 1 fl. 10 kr. pro 100 Kilo­gramm, wie er im Jahre 1882 normirt wurde, oder zum Zoll von 2 fl. Gold, wie er im Jahre 1887 bestimmt wurde, kann wirkliches kaukasisches Rohöl überhaupt nicht importirt werden, in Folge seiner schlechten Qualität könnte es sogar zollfrei noch keine Rechnung bieten. Aber die Frage ändert sich, wenn anstatt des kaukasischen Naturöles, welches nur 2730% Leuchtöl liefert, ein Kunstöl importirt wird, das bereits bis zu 95% fertiges Leuchtöl beigemischt enthält. Die gegenwärtig in Berathung befindlichen Vorschläge zum Zoll- und Handelsbündnis zwischen Oesterreich und Ungarn erhöhen den Zoll für das Kunstöl auf 3 fl. 50 kr. Gold, wodurch die einheimische Rohölproduction einen wirksamen Schutz gegen das Kunstproduct erlangen würde, ohne dass dadurch der Preis der fertigen Waare beeinflusst wäre, da derselbe lediglich von dem Zoll von 10 fl. Gold = 12 fl. ö. W. für fertige ausländische Waare abhängt. Ja, bei ungenügender Quantität inländischen Rohmateriales wäre eine Verarbeitung des Kunstöles noch immer denkbar, da ein 95°/ 0 ig es Product pro 100 Kilogramm 3 fl. 50 kr. Gold = 4 fl. 20 kr. ö. W. bezahlt und dazu noch eine inländische Consumabgabe von 6 fl. 50 kr. entrichtet, was zusammen pro Metercentner 10 fl. 70 kr. für 95 °/ 0 , a ^ so 11 fl- kr. fl* r 100 Kilogramm fertiger Waare bezahlt. Dies ist noch immer unter den 12 fl. Zoll der ausländischen Waare, wobei überdies auch der billigere Bezug des Kunstöles und die bessere Qualität der doppelt destillirten Waare in Anschlag zu bringen ist.

Erst zu allerletzt gelangt das inländische Rohöl aus Galizien in den Vordergrund, welches bei einer naturgemässen Entwickelung der Ausgangspunkt der ganzen Industrie hätte sein sollen.

5